Taylor Jackson 03 - Judasmord
Duran. Aus voller Kehle mitsingend, bog sie rechts auf die Charlotte Avenue ein, fuhr unter der I-40 durch und nahm die Ausfahrt James Robertson Parkway. Die Straßen waren noch nass und rutschig. Vermutlich würden die Highways heute Abend von vielen Unfällen blockiert sein.
Fünf Minuten später bog sie auf den Parkplatz des CJC. Menschen strömten aus den Türen, die Tagesschicht war vorbei. So wäre es in ihrem Büro die nächste Stunde über schön ruhig. Vielleicht fände sie sogar die Zeit, kurz Baldwin anzurufen, um zu hören, wie sein Tag gewesen war. Sie könnte wetten, dass er einiges von dem, was ihr heute widerfahren war, noch nie erlebt hatte.
Mit einem Lächeln nahm sie die rückwärtige Treppe, zog ihre Schlüsselkarte durch den Schlitz und zog an der Tür, sobald sie das leise Klicken im Öffnungsmechanismus hörte. Am Getränkeautomat holte sie sich eine Cola light und ging dann die dreißig Stufen zu den Büros der Mordkommission hinauf.
Marcus und Lincoln saßen still an dem Tisch, die Köpfe konspirativ zusammengesteckt. Sie hörten nicht, dass Taylor das Büro betrat. Ihre Augen waren auf den Laptop geheftet, der auf Taylors Schreibtisch stand.
„Lucy … ich bin zu Hause!“ Beide Männer zuckten überrascht zusammen. Taylor lächelte sie an, doch sie erwiderten das Lächeln nicht. Taylor spürte, wie ihr Herz schneller schlug. Noch nie hatte sie die beiden so ernst gesehen. Oder so ausdruckslos.
„Was ist mit euch los? Lincoln, warum bist du hier? Ich dachte, ich hätte dir den Rest des Tages freigegeben.“
Marcus sah sie mit einem so verzerrten Gesichtsausdruck an, als hätte er Schmerzen. „Ich habe ihn angerufen, LT. Ich benötigte seine Hilfe. Es ist …“ Seine Stimme verebbte. Er biss sich auf die Unterlippe.
Lincoln atmete tief ein. „Sag’s ihr.“
„Sag mir was? Bin ich während meiner Abwesenheit gefeuert worden? Kommt schon, Jungs, ihr macht mir Angst.“
Marcus drehte den Laptop herum. Er flüsterte „Es tut mir leid“ und verließ das Büro.
Lincoln kam um den Schreibtisch herum und legte Taylor eine Hand auf die Schulter. „Das ist mein persönlicher Laptop von zu Hause. Drück einfach Play. Mach den Ton nicht an. Wir sind da,wenn du fertig bist.“ Er verließ das Büro ebenfalls und zog die Tür hinter sich zu.
Taylor schaute ihm einen Moment lang hinterher, dann ließ sie sich auf ihren Stuhl sinken. Sie zog den Laptop auf ihren Schoß. Das Bild war eingefroren, ein schwarzer Hintergrund. Ein weißes Kästchen mit einem kleinen schwarzen Pfeil darin war mittig zu sehen. Darunter stand „Play“. Sie klickte auf den Pfeil.
Das Video bufferte. Fünfzehn Prozent. Fünfundvierzig Prozent. Siebzig Prozent. Einhundert Prozent. Taylors Herz hämmerte in ihrer Brust. Was zum Teufel war das?
Der Bildschirm blieb noch einen Moment lang schwarz, dann sah sie … Menschen. Das Video war nicht besonders scharf. Dunkel, grobkörnig, schwarz und weiß. Aber sie konnte zwei Menschen erkennen. Eine Frau und einen Mann. Nackt. Offensichtlich hatten sie gerade Sex. Der Mann lag auf dem Rücken, die Frau saß auf ihm. Die Kamera filmte von einem leicht abfallenden Winkel, ungefähr zwanzig Grad oberhalb der Mitte. Eine dichte blonde Mähne verdeckt die Gesichter der beiden Teilnehmer. Sie bewegten sich im Takt, passten gut zusammen, keiner war zu wild, es war mehr ein verführerischer Tanz, so alt wie die Menschheit selbst. Dann gab es einen kleinen, kaum spürbaren Ruck, die Geschwindigkeit wurde schneller. Die Frau bog den Rücken durch und hörte dann auf, sich zu bewegen. Die Arme des Mannes schlangen sich um ihren Körper. Taylor sah am rechten Handgelenk des Mannes etwas, das wie ein Tattoo aussah. Unwillkürlich fuhr ihre Hand hoch zu ihrer Stirn, dann zu ihrem Mund. Sie kannte das Tattoo.
Die Frau bewegte sich ein wenig nach links. Das Profil des Mannes kam ins Bild. Taylor wurde bewusst, dass sie ihren alten Partner und Liebhaber vor sich hatte, David Martin. Was zum Teufel …
„Oh mein Gott“, flüsterte sie.
Die Frau, die von Dave Martin hinunterkletterte, war sie selbst.
18. KAPITEL
Taylor kämpfte gegen die Übelkeit an, die sich in ihr breitmachte. Ihre Gedanken wirbelten wild durcheinander, eine Zentrifuge des Leugnens. Auf gar keinen Fall konnte sie selbst die Frau auf dem Band sein. Aber natürlich war sie es. Als sie näher hinschaute, erkannte sie ihren Bettbezug, ihre Lampe und ihre Fensterbank. Das war das Schlafzimmer in ihrer Hütte. Und
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