Taylor Jackson 03 - Judasmord
stattdessen für den Weg als Ehefrau entschieden. Nicht, dass daran etwas falsch wäre. Ich habe nur schon vor mir gesehen, wie sie mit ihrer Energie den Lauf der Menschheit verändern würde. Es war eine Schande, dass sie so häuslich geworden ist.“
„Weswegen das Lorazepam? Was war der Auslöser für Corinnes Panikattacken?“
Die Ärztin schaute aus dem Fenster. „Sie hat es mir nicht erzählt“, sagte sie sanft. „Sie hat mir nur die Symptome beschrieben und gesagt, dass sie es nicht mehr unter Kontrolle hatte. Sie fragte, ob es etwas gäbe, das ihr helfen könnte. Mehr wollte sie mir nicht verraten. Und jetzt werden wir es nie mehr erfahren. Verdammt.“ Die Ärztin nahm ihre Brille ab und wischte sich mit der Hand über die Augen.
„Vielleicht weiß ihre Therapeutin etwas?“
Sie setzte die Brille wieder auf und hob eine Augenbraue. „Sie können es gerne versuchen. Ich habe sie zu Dr. Ellen Ricard geschickt. Sie hat ihre Praxis Downtown auf der Broadway, gleich bei Arby’s. Es ist das Gebäude, in dem sich auch Dr. Wangs LASIK-Klinik befindet.“ Sie schrieb eine Telefonnummer auf die Rückseite ihrer Visitenkarte und reichte sie Taylor. „Hier. Rufen Sie am besten vorher an. Normalerweise ist Ellen die ganze Woche ausgebucht. Sie werden sich nach der Sprechstunde mit ihr treffen müssen. Sagen Sie ihr, dass ich Sie geschickt habe.“
„Danke sehr.“
Dr. Walberg wirkte jetzt etwas angespannt, als ob sie gerne zu ihren Patientinnen zurückkehren würde. Taylor schwieg einen Moment, dann fragte sie: „Doctor, Sie sagten, Corinne fing mit sechzehn an, zu Ihnen zu kommen. Nach diesem ersten Sexpartner, hat Sie sich Ihnen da auch mit anderen anvertraut?“
Die Ärztin starrte Taylor mit gerunzelter Stirn an, als wenn sie eine große Entscheidung zu treffen hätte. Taylor wartete. Hinter den Augen der Ärztin tobte eine Schlacht. Endlich lächelte sie, doch das Lächeln erreichte ihre Augen nicht.
„Lieutenant, so viel kann ich Ihnen sagen: Corinne mochte Sex. Das war noch ein Grund, warum es mich verwunderte, dass sie sichso jung schon niedergelassen hat. Nachdem sie ihr erstes Mal hinter sich hatte, gab es für sie kein Halten mehr. Während ihrer gesamten Highschool- und Collegezeit war sie sexuell hyperaktiv. Man merkte es ihr allerdings nicht an, sie praktizierte einfach nur eine sehr gesunde Form der seriellen Monogamie. Bevor sie Todd Wolff heiratete, hatte sie Dutzende von Sexualpartnern. Doch ihrer Aussage nach endete das in dem Moment, wo sie Todds Frau wurde. Sie betrog ihn nicht, das fand sie billig. Ich habe immer gehofft, dass das bedeutete, dass sie erwachsen geworden war.“
Taylor schüttelte Dr. Walberg zum Abschied die Hand, die sich kühl und trocken anfühlte. „Danke, Dr. Walberg. Sie waren mir eine große Hilfe. Ihr Verlust tut mir sehr leid.“
„Gern geschehen, Lieutenant. Wenn Sie noch etwas brauchen, wissen Sie ja, wo Sie mich finden.“
Taylor verließ das Zimmer und ließ eine gedankenverloren am Fenster stehende Ärztin zurück.
Sobald Taylor die Praxis von Dr. Walberg verlassen hatte, wählte sie die Nummer der Psychologin. Während es klingelte, drückte sie den Knopf für den Aufzug. Hoffentlich erreichte sie Corinnes Therapeutin, denn sie war nur zwei Minuten von ihrer Praxis entfernt. Nach dem vierten Klingeln schaltete sich der Anrufbeantworter ein und forderte sie auf, eine Nachricht zu hinterlassen. Taylor bat Ellen Ricard, sie so bald wie möglich zurückzurufen.
Sie betrat den Aufzug und schaute auf die Uhr. Wenn Dr. Walberg recht hatte, würde Ricard sich frühestens zwischen fünf und sechs bei ihr melden, nachdem ihr normaler Arbeitstag vollendet war. Jetzt war es vier. Ausreichend Zeit, um ins Büro zurückzukehren, sich ihre Notizen über Corinne Wolff anzuschauen, den neuesten Stand vom Tatort zu erfragen und einen Gerichtsbeschluss für die Akten von Dr. Ricard zu beantragen. Danach könnte sie sich dann die CDs anschauen, die sie aus dem Haus mitgenommen hatte.
Die Sonne zeigte sich wieder, die Sturmwolken hatten sich aufgelöst. Während sie bei Dr. Walberg gewesen war, hatte es geregnet – und zwar ziemlich heftig, wie es aussah. Die Luft war auch ein wenig beißend; durch den Sturm musste die Temperatur um mindestens fünf Grad gefallen sein. Taylor zitterte, als sie in den Impala stieg. Verrücktes Wetter.
Ihr Radio war auf JACK FM eingestellt. Gerade spielten sie einen ihrer Lieblingssongs: „Hungry Like The Wolf“ von Duran
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