Taylor Jackson 05 - Symbole des Bösen
meditierte über den korrekten Weg, bis die Flamme der Kerze schließlich im geschmolzenen Wachs erlosch.
Er kam wieder zu sich und wusste, was er zu tun hatte. Er öffnete sein Buch der Schatten und suchte nach dem richtigen Zauberspruch, um Embers Wut auszubalancieren, sie wieder in die Mitte des Covens zurückzubringen.
Er fand den Spruch, kehrte zu seinem Altar zurück und nahm die Puppe in die Hand, die er vorsichtshalber vor zwei Wochen schon gebastelt hatte. So ungern er es auch tat, er musste Ember bestrafen. Nachdem sie gelitten hatte, würde sie den Weg sehen. Er dachte nach, während er zu Werke ging, das Wachs in eine etwas femininere Form knetete.
Die Pentakel waren ein Geniestreich gewesen. Die Polizei würde falschen Spuren nachjagen, nach Verdächtigen suchen, die ihren dummen Profilen entsprachen, sich im Untergrund nach Satanisten und ähnlichem Pack umsehen. Satanisten. Was für ein Witz. Sie verfügten in dieser Welt über keinerlei Macht. Satan existierte nicht. Dunkle Engel, Boten des Bösen – ja, die gab es. Aber mit dem richtigen Zauber, der richtigen Menge an Kontrolle und Macht aus dem Elysium und der Unterwelt, konnten sie so eingeschüchtert werden, dass sie zur Zusammenarbeit bereit waren.
Er schickte einen kurzen mentalen Dank an Azræl und spürte, wie seine Haut heiß wurde, als der Gedanke mit ihm verschmolz. Azræl war jetzt bei ihm, war in ihm. Er hatte seine Seele dem dunklen Engel geöffnet, ihm erlaubt, in die tiefsten Tiefen seines Geistes vorzudringen. So wurde er mächtiger. Das Blut der Ungläubigen zu vergießen verlieh ihm größere Würde. Er fragte sich einen Moment lang,wie stark er noch werden würde, dann legte er die Puppe beiseite. Sie war fertig, und um Mitternacht würde er zum Friedhof gehen, die Worte sprechen, die Embers Unabhängigkeitsbestreben ein Ende setzen würden und sie an seine Seite zurückbrächten.
Raven zählte darauf, dass die Ignoranz der Unwissenden für genügend Verwirrung sorgen würde, um ihm ein wenig Zeit zu verschaffen. Er brauchte einfach noch ein paar Tage, um den Rest seines Plans in die Tat umzusetzen. Thorn war wie vom Erdboden verschwunden; er nahm an, Ember hatte Kontakt mit ihm aufgenommen und versuchte, sie auseinanderzubringen. Ember selbst hatte ihr Handy abgestellt und reagierte auf nichts mehr. Er spürte, wie sich Teile seines Lebens, seiner Welt auflösten, aber beschwichtigte sich mit dem Gedanken an das, was noch zu tun war. Er war allmächtig und er hatte Fane. Sie würde ihn niemals verlassen, ihn niemals verraten. Das wusste er.
Er fuhr den Computer hoch, routete sich selber über mehrere Server, bis er sicher war, dass die Ursprungsadresse nach Japan weisen würde, und rief dann YouTube auf. Das Video war verschwunden.
Wut rauschte durch seine Adern, die Wut des dunklen Engels. Er tippte wie wild auf die Tasten, suchte, fand es schließlich auf einer anderen Seite namens Vimeo wieder. Er warf einen Blick auf die Kommentare; sie reichten von Schock bis Bewunderung. Er stieß einen erleichterten Seufzer aus – der Plan hatte funktioniert. Das Video verbreitete sich viral, genau, wie er es gewollt hatte. Er überprüfte noch ein paar andere Seiten – einige zeigten es, andere hatten es runtergenommen. Das war in Ordnung. Die Leute würden es immer weiter und weiter posten, bis die ganze Welt sein Meisterstück gesehen hatte.
Er verzog die Mundwinkel zu einem Grinsen und fuhr sich mit der Zunge über die spröden Lippen. Trotz konstantem Peeling mit Fanes Philosophy Kiss-Me-Lippenpeeling schien der schwarze Lippenstift, den er am liebsten mochte, die oberste Hautschicht auf seinen Lippen anzugreifen und sie konstant rau und spröde zurückzulassen. Sein nervöses Lecken half auch nicht. Wenn er alleine war, schmierte er sich inzwischen seinen Mund immer mit einer dicken Schicht Vaseline ein. Es war eine Schande, denn er hasste es, in den Spiegel zu schauen, wenn er nicht zurechtgemacht war. Das Make-up verlieh ihm Stärke, half ihm, sich zu verstecken. Er schaltete die Schreibtischlampe hinter sich aus, sodass er sein Spiegelbild im Monitor des Laptops nicht sehen musste.
Er startete den Film, lehnte sich zurück und schaute zu.
Es hatte ihn und Fane viele Wochen gekostet, den Film zu drehen. So viel hatte dazugehört – der Kurs in Drehbuchschreiben, den sie am Watkins belegt hatte, der Lehrgang über Filmdrehs mit Digitalkameras, den er letzten Sommer am The Art Institute absolviert hatte. Die Ausgaben
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