Taylor Jackson 05 - Symbole des Bösen
verschmolz so gut mit seiner Umgebung, dass niemand ihn für fehl am Platz hielt. Seine Normalität war seine Gabe. Sie ermöglichte es ihm, zu beobachten, zu entführen, zu töten und die Leichen zu entsorgen, ohne dabei aufzufallen.
Baldwin hatte schon oft die Erfahrung gemacht, je normaler ein Täter äußerlich wirkte, desto schlimmer war seine Krankheit. Der Uhrwerk-Mörder schien genau so ein Mann zu sein.
Und sie waren überzeugt, dass es sich um das Werk eines Mannes handelte. Der Schlüssel war die Gewalt, die den Leichen angetan worden war. Es gab keine körperliche Vergewaltigung, aber der Stich des Messers durch die Brust war ein klarer Ersatz für eine echte Penet ration.
Das Team hatte den ganzen Tag in den Straßen verbracht, die unzähligen Möglichkeiten untersucht, die ihre Kollegen von der Mordkommission in Fairfax County aufgetan hatten. Sie hatten mit den üblichen Verdächtigen gesprochen, deren Liste von den örtlichen Sexualstraftätern angeführt wurde. Es wurden Alibis überprüft, Bewährungshelfer interviewt, Nachbarn informiert und befragt. Es war im Laufe des Tages immer wärmer und die Stimmung immer schlechter geworden. Sie hatte in dem Moment ihren Tiefpunkt erreicht, als Baldwin und Charlotteam Haus des unheimlichsten Mannes ankamen, den Baldwin je getroffen hatte.
Der Mann hieß Harold Arlen.
Sogar jetzt noch, vier Stunden später und in einem perfekt eingerichteten und klimatisierten Raum, brach Baldwin beim Gedanken an Arlen der Schweiß aus.
Der Uhrwerk-Mörder mochte die Fähigkeit besitzen, sich nahtlos seiner Umgebung anzupassen, aber Baldwin besaß das einzigartige Talent, die Wahrheit aufzuspüren. Er war kein Hellseher – ganz im Gegenteil. Er konnte nur hinter die Worte, die gesprochen wurden, in die Seele der Person schauen, die er befragte. Er sah, wenn etwas nicht zusammenpasste. Sein Boss nannte ihn den menschlichen Lügendetektor. Baldwin wusste nicht, ob das stimmte, aber als er nun die Akte noch einmal durchging, konnte er sich des Gefühls nicht erwehren, dass mit Harold Arlen irgendetwas nicht stimmte. Er war ein Serientäter, ja, aber da war noch mehr. Irgendetwas an ihm passte nicht.
Baldwin hatte die Befragung selber durchgeführt. Sie war … glatt verlaufen. Arlen hatte sich vollkommen unter Kontrolle gehabt. Höfliches Desinteresse. Er lieferte die richtigen Antworten, wusste, was er zu den fraglichen Zeiten gemacht hatte. Seine Alibis waren perfekt. Aber Arlens Blick hatte sich ein wenig verengt, als er einen Blick auf die Fotos der Mädchen warf. Die Augen zogen sich zusammen, die Lippen wurden dünne Striche, die Mundwinkel hoben sich kaum merklich. Baldwin hatte diesen kalten Schauder verspürt, das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte, das einem Anruf vorausging, der schlechte Neuigkeiten brachte.
Baldwin blätterte die Akte des Mannes noch einmal durch, machte sich mit den Einzelheiten vertraut.
Während der vergangenen zehn Jahre war Harold Arlen immer wieder der exhibitionistischen Handlungen gegenüber Minderjährigen beschuldigt worden. Er war, wenn nicht noch mehr, auf jeden Fall ein Exhibitionist. Es machte ihn an, sich vor kleinen Mädchen zu entblößen. Er hielt mit dem Auto an Schulbushaltestellen, ließ das Fenster herunter und fragte die Mädchen, ob sie seinen kleinen Hund sehen wollten. Wenn sie sich dem Fenster näherten, zog er blank.
Das letzte Mal war er 1998 festgenommen worden, nachdem man ihn mit einem kleinen Mädchen erwischt hatte, das auf dem Beifahrersitz saß und seinen Penis in der Hand hielt. Der Richter war gnadenlos;da Arlen zum fünften Mal wegen unzüchtigen Verhaltens angeklagt war und dieses Mal sexueller Missbrauch dazukam, wurde er zu drei Jahren Gefängnis und einer chemischen Kastration verurteilt. Er war ein Vorzeigegefangener und war als neuer Mann aus dem Gefängnis entlassen worden. Er hatte sich in der Datenbank für Sexualstraftäter registrieren lassen, war immer rechtzeitig zu den Auffrischungsterminen für seine Depo-Provera-Injektionen erschienen und hatte ohne sich zu beschweren akzeptiert, dass seine Nachbarn sein Haus manchmal mit Eiern bewarfen. An Halloween schaltete er alle Lichter aus und reagierte nicht auf das Klingeln an der Tür. Kurz, er tat alles, was von ihm erwartet wurde.
Harold Arlen. Er passte perfekt ins Profil – ein Verdächtiger, der so sehr darauf stand, sich kleinen Mädchen zu zeigen, hörte damit normalerweise nicht einfach auf, selbst, wenn er dank der Spritzen
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