Tee und Toast
Wir lebten nun schon sieben Jahre auf dem Hochland und hatten die
Tatsache, daß unsere Männer während des Krieges gute Freunde gewesen waren und
jetzt im Frieden ihre Farmen auf dem gleichen Block der » Rehab «
haben, nur zu gut überstanden. » Rehab « heißt
Rehabilitation und ist eine Einrichtung der Regierung, die ehemaligen Soldaten
den Erwerb von eigenem Grund und Boden ermöglichte. Wir waren praktisch zu
einer Familie geworden.
Es gab noch einen Dritten im
Bunde. Im Krieg wurden Paul, Sam und Tim »Die drei Musketiere« genannt, und
ihre Freundschaft war während der schwierigen Nachkriegsjahre ungetrübt
geblieben. Zu unserer Freude hatte Tim ein Mädchen geheiratet, das wir alle
sehr gern mochten. Anne war die Tochter des Feudalherrn unseres Bezirkes, des
einzigen Mannes, der eine Menge Geld besaß. Anfangs hatte es zähen Widerstand
gegeben, als sein einziges Kind darauf bestanden hatte, einen Soldatenfarmer zu
heiraten, aber mit der Zeit hat er seine Einstellung geändert, und als Anne
taktvoll und schlau Zwillinge zur Welt brachte, war alles wieder in Butter. Die
Zwillinge waren jetzt drei Jahre alt, und Anne, die viel jünger als Larry und
ich war, mußte sich daher noch nicht mit dem Problem der Schulausbildung
auseinandersetzen.
Als wir allein waren, nahm
Larry den Brief ihres Onkels wieder zur Hand und sagte: »Susan, ich bin nicht
im geringsten glücklich über die Geschichte mit dem armen alten Onkel Richard.
Irgendwie habe ich den Eindruck, daß man einen Narren aus ihm macht. Dieses
Luder von einem Mädchen mit ihrem wasserstoffblonden Haar. Bitte, du brauchst
dir nur das Postskriptum anzuhören. Ich wollte es den Männern nicht zeigen,
aber bei dir ist es etwas anderes. >Du mußt mir bitte helfen, meine kleine
Larry. Gloria ist ein wundervolles Mädchen und wird von einer Menge jüngerer
Männer verehrt. Sie ist noch nicht lange aus England weg, und Du weißt ja, wie
diese Engländer sind. Sie verstehen unsere legere Art nicht. Mick hat das arme
Mädchen schon so schockiert. Neulich nannte er sie sogar ein Miststück. Mitten
ins Gesicht. Gloria hat eine harte Zeit hinter sich — keine Freunde oder
Verwandte hier in Neuseeland — aber sie kann eben gewöhnliche Menschen nicht
vertragen. Deswegen muß etwas mit Mick geschehen !< «
Ich wußte wirklich nicht, was
ich sagen sollte, und deshalb herrschte erst einmal Schweigen. Dann zerknüllte
Larry den Brief und warf ihn in den Kamin. »Diese Männer... Manchmal benehmen
sie sich wie Kinder. Keine Freunde, keine Verwandte — das klingt mir alles
schon recht verdächtig. Gerade aus England gekommen und sofort bereit, sich den
ersten reichen Mann zu angeln, der ihr über den Weg läuft .«
»Aber Larry, vielleicht siehst
du sie völlig falsch. Du kannst doch nicht einfach alles nach diesem Brief
beurteilen. Und wie steht’s mit dem alten Mick. Werdet ihr ihn aufnehmen ?«
»Aber natürlich. Mit der
größten Begeisterung. Er ist wahnsinnig lustig, Susan, und wird unser Leben
hier oben etwas aufhellen .«
Das klang schlecht. Ich fragte
mich, was Paul wohl gesagt haben würde, wenn er das gehört hätte.
»Und er wird sich um unsere
Kinder kümmern. Ich glaube, daß er sehr glücklich sein wird, wenn er erst
einmal darüber hinweggekommen ist, daß Onkel Richard ihn so schnöde abgeschoben
hat. Ich kann überhaupt nicht verstehen, wie er das tun kann, und verabscheue
das Mädchen, daß es ihn dazu gebracht hat. Wahrhaftig, ein wundervolles
Mädchen! Aber was kann man von jemandem, der Gloria heißt, anderes erwarten ?«
»Aber sie kann doch nun
wirklich nichts dafür, daß man sie so getauft hat«, sagte ich besänftigend.
»Irgendwie...«
»Oh, sei doch nicht so
christlich, Susan. Du weißt, wie gern ich dich mag. Aber wenn du anfängst, das
Beste in jedem Menschen sehen zu wollen, gehst du mir auf die Nerven. Mick
hatte vollkommen recht , als er Gloria ein Miststück
nannte. Großer Gott, wie dumm doch ein Mann sein kann!«
»Willst du nicht vielleicht
hinfahren und dir alles einmal von der Nähe betrachten? Ich werde die Kinder
nehmen, und du kannst Mick dann gleich mitbringen .«
»Wie rührend von dir, Susan.
Damit wäre mir ein Stein vom Herzen genommen. Glaubst du nicht, daß es dir zuviel wird ?«
»Komm, nun stell dich nicht an,
Larry«, sagte ich leicht gereizt. Sie hatte auch keine andere Antwort verdient,
denn es war Unsinn von »zu viel« zu reden. Die Kinder waren wie Geschwister,
und wenn man schon auf zwei aufpassen
Weitere Kostenlose Bücher