Tee und Toast
der Busch noch unberührt ist und man ihn noch nicht nach Nutzholz ausschlägt. Ich hasse das.«
Lydia sprach selten von ihrem Mann, aber wenn sie irgend etwas erzählte, geschah es mit sehr viel Liebe. Sie war zehn Jahre verheiratet gewesen, aber während der letzten drei Jahre war Alec Forbes krank gewesen. Wir nahmen an, daß sie finanziell nicht sehr gut gestellt waren und Lydia gearbeitet und für sich und ihren Mann das Geld zum Leben verdient hatte.
»Sie hat es gern getan«, hatte uns Tantchen erzählt. »Alec Forbes war ein außergewöhnlicher Mensch — fröhlich und charmant und, wie ihr es vielleicht nennen würdet, aufregend. Als er noch gesund war, malte er die schönsten Bilder. Aber die letzten Jahre waren nicht einfach. Der arme Alec wurde immer despotischer — aber, wie ich schon sagte, Lydia hat es gern getan.«
Als Larry und ich uns anschließend darüber unterhielten, sagte Larry nochmals, sie fände es seltsam, daß Lydia nicht wieder geheiratet habe. »Aber ich nehme an, daß man mit dem Zweitbesten nicht mehr zufrieden sein kann, wenn man das Beste gehabt hat«, meinte sie.
Ich konnte ihr nicht ganz zustimmen. »Ich finde, daß sie jemanden heiraten sollte, der völlig anders ist, als ihr künstlerischer Mann es war. Einen soliden Menschen, auf den sie sich verlassen kann. Deiner Lieblingstheorie entsprechend begnügen sich ja die Leute, wenn sie älter werden, mit Toast. Sie wissen, daß sie den Kuchen ihrer Jugend nicht mehr erwarten können.«
Inzwischen hatte sich Lydia in Larrys ziemlich schwierigen Haushalt eingewöhnt. Sie kam sogar mit Gloria aus, und die Kinder liebten sie heiß.
6
Das Obst und Gemüse waren eingemacht, die Erziehung der Kinder in guten Händen, Lydia fühlte sich bei Larry glücklich und zufrieden und verbrachte ihre freie Zeit im Busch — es schien also alles wieder in ruhigen Bahnen zu laufen. Doch eines Morgens kam Mick mit einem Gesicht wie ein Luftballon zum Frühstück.
»Um Gottes willen, Mick, was ist denn mit Ihnen los? Ich denke, die Wespen lassen Sie in Ruhe?« Denn, wie Paul unschönerweise gesagt hatte, ziehen selbst Wespen irgendwo eine Grenze.
»Es war keine harmlose kleine Wespe, Missis, sondern das Zahnweh ist über mich gekommen, und ich habe doch nur noch sieben Zähne. Ich habe mich die ganze Nacht in meinem Bett gedreht und gewendet und kein Auge zugemacht.«
»Wie scheußlich! Nichts ist schlimmer als Zahnweh. Wir werden sofort mit Ihnen zum Zahnarzt fahren. Ich werde ihn gleich anrufen.«
»Oh, bitte nicht«, rief Mick entsetzt aus. »Ich war seit über zwanzig Jahren nicht mehr beim Zahnarzt und gehe auch heute nicht hin. Man weiß nie, was die Leute einem antun. Er reißt mir nur meine letzten Zähne aus. Ich kenne das.«
»Das werden wir nicht zulassen, Mick«, sagte ich besänftigend, obwohl ich fand, daß Mick an seinen sieben kostbaren Zähnen nicht viel zu verlieren hatte. »Er wird nur den behandeln, der weh tut.«
»Ein Zahnarzt kann mir nicht helfen, aber vielleicht ein kleiner Schluck Whisky, der mir heiß im Mund brennt.«
Aber ich blieb hart. Ich rief Larry an, und sie war meiner Meinung.
»Natürlich muß er zum Zahnarzt. Seine Zähne sind gräßlich. Abgesehen davon wird es ihm sowieso guttun, einmal in die Stadt zu kommen und einen kleinen Schnaps zu trinken. Ich weiß, daß Paul ein grundguter Mensch ist und ihm Bier zugesteht, aber nur eine ganz bestimmte Menge pro Tag, oder?«
»Ja, und das ist ein wenig hart für Mick, ich weiß. Würdest du bitte die Kinder nehmen, denn ich glaube, daß ich mit Mick allein genug zu tun haben werde.«
»Keine Angst, ich komme mit in die Stadt. Anne hat eben angerufen und unsere vier für den Tag zu sich eingeladen. Die Zwillinge haben Geburtstag.«
Es war natürlich viel lustiger, mit Larry zusammen in die Stadt zu fahren. Abgesehen davon, daß sie Mick vielleicht dazu überreden konnte, annehmbare Sachen anzuziehen und vor allem nicht mit den fürchterlichen Tennisschuhen aufzutreten, die er tagaus, tagein trug.
Larry versprach, innerhalb kurzer Zeit da zu sein, und ich rief den Zahnarzt an. Wie gewöhnlich hatte er sehr viel zu tun, aber Mr. Shaw ist ein gutherziger Mann, und wir kennen ihn sehr gut. Ich schilderte Micks Schmerzen in den buntesten Farben und bemerkte außerdem, wie schwierig es für uns sei, in die Stadt zu fahren, so daß er sich schließlich einverstanden erklärte, Mick noch am gleichen Morgen zu behandeln. Dann kam Larry an, und eine Reihe
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