Tee und Toast
etwas zu unternehmen. Dieses Mädchen wohnt nun seit einem Monat bei mir — es kommt mir vor wie sechs — , und ich habe in der ganzen Zeit nicht einen Moment meine Ruhe gehabt. Wie soll ich denn da nachdenken? Abgesehen davon, daß alles erschreckend schwierig ist. Ich bin der Meinung, daß sie sich einen Teufel um Onkel Richard schert, sondern eben nur geheiratet werden will. Und zwar von einem Mann mit Geld. Ihr ist jeder recht, wobei sie sicherlich einen jungen vorzieht. Wenn doch nur jemand auftauchte, der sich für sie interessiert! Julian, du könntest nicht vielleicht...?«
»Ganz sicherlich nicht«, antwortete Julian mit erstaunlicher Entschiedenheit. »Ich werde dir unter keinen Umständen erlauben, mich in deine Geschichte hineinzuziehen. Ich habe bereits mein Bestes getan — sie mit dem Wagen mitgenommen und mir ihr ganzes Gejammer angehört, wie falsch es gewesen sei, nach Neuseeland gekommen zu sein, und wie gern sie nach England zurückfahren würde, wenn sie das Geld dazu hätte, und wann ich eigentlich wieder nach Hause fliegen würde? Das war mir riskant genug, und ich habe es auch nur dir zuliebe getan, Larry. Aber mehr kannst du von mir nicht verlangen.«
»Schon gut, schon gut«, entgegnete Larry verschnupft. »Was regst du dich denn so auf? Ich habe ja schließlich nicht gesagt, daß du das Mädchen heiraten sollst.«
»Da bin ich dir aber dankbar«, erwiderte Julian ziemlich unfreundlich.
Ich hielt es für angebracht, mich dazwischenzuschalten. Julian hatte uns den ganzen Tag über verwöhnt, und es ging wirklich zu weit, von ihm zu verlangen, daß er sich aktiv daran beteiligte, Onkel Richard von Gloria zu befreien. »Ich glaube«, sagte ich deshalb, »daß Mr. O’Neill von seiner Blindheit geheilt sein wird, wenn er zurückkommt. Er hat inzwischen Zeit gehabt, über alles nachzudenken und wird von selbst gemerkt haben, daß es reiner Wahnsinn ist, ein Mädchen zu heiraten, das er kaum kennt und das nur halb so alt ist wie er.«
Larry machte ein zweifelndes Gesicht. »Er scheint mir aber gar nicht abzukühlen. Wenn man seine Telegramme liest, könnte einem schlecht werden. Übrigens, Vivian Ward ist sehr angetan von Gloria. Er kommt sehr häufig bei uns vorbei und würdigt mich keines Blickes mehr. Er hat sich sogar mehr oder weniger bei mir entschuldigt, Gloria so unvergleichlich viel attraktiver zu finden, und mir gleichzeitig das Kompliment gemacht, ich sei eben eine offenherzige, großzügige kleine Frau, die keine Eifersucht kennt. Ich hätte ihn fast geohrfeigt.«
Wir mußten alle herzlich lachen. Larrys Laune wurde wieder besser, und sie begann Pläne zu schmieden. »Wir müssen es lediglich so arrangieren, daß Onkel Richard einen ihrer Wutanfälle miterlebt. Er wird auf und davon rennen. Er haßt Szenen.«
»Was man verstehen kann, wenn man bedenkt, daß du deine Kindheit unter seinem Dach verbracht hast«, entgegnete Julian herausfordernd, aber Larry ließ sich in keine Streiterei ein. Sie arbeitete gerade an einer ihrer großen Ideen.
»Was können wir nur machen, um Gloria zu einem Wutanfall zu bringen?« dachte Larry laut vor sich hin. »Sie in eine Lage hineinmanövrieren, wo sie vergißt, daß sie eine Dame ist, und auf den nächstbesten, am liebsten Onkel Richard, losgeht. Sie ist unfähig, mit den kleinen Dingen des Alltags fertig zu werden. Wie zum Beispiel Wespen, Regentage und Hunde mit nassen Pfoten. Sie ist eben nicht für fünf Pfennig >goodsport<. Also, was könnten wir unternehmen, um sie ihrem Herrn Bräutigam von dieser Seite zu zeigen?«
»Jedenfalls nicht ein Dutzend Wespen fangen und sie in ihrem Schlafzimmer aussetzen«, sagte Julian sofort. »Ich tue zwar viel für dich, Larry, aber ich lehne es ab, mich mit Wespen einzulassen. Was die Regentage anbelangt, liegt das nicht in unserer Macht. Deine Hunde allerdings sind ja immer im Weg, sie könnten also vielleicht auf irgendeinen Trick trainiert werden.«
»Das ist nicht sicher genug«, antwortete Larry. »Sie können Gloria nicht ausstehen und wollen daher nichts mit ihr zu tun haben. Ich bin überzeugt, daß sie ihnen hinterhältige Fußtritte verabreicht hat. Wir müssen es fertigbringen, daß Gloria völlig idiotisch und unbrauchbar dasteht. Sie verträgt es nicht, wenn man über sie lacht. Sie hat überhaupt keinen Sinn für Humor.«
»Wie hat sie es dann einen Monat lang in deinem gastlichen Haus ausgehalten?« fragte Julian völlig zu Recht. So gern ich Larry mag, kann ich jeden nur bedauern,
Weitere Kostenlose Bücher