Tee und Toast
Ward rutschte von ihr weg.
»Geht es Ihnen besser, Gloria?« fragte Larry scheinheilig. »Sie haben nicht viel versäumt. Die Männer haben drei Fische gefangen. Gott sei Dank! Das hat ihre Stimmung ein wenig gehoben. Nun, wie wär’s mit Baden? Ich werde Rex anbinden, dann kann er niemanden ertränken. Auf, Vivian, heute darf sich niemand drücken.«
Niemand konnte behaupten, daß heute kein perfekter Tag zum Schwimmen war. Es war Flut, und das Wasser reichte bis zum Sand. Schon nach wenigen Metern hatte man keinen Grund mehr unter den Füßen. Selbst Paul vergaß, sich vor Kälte zu schütteln und zu prusten, nahm beide Kinder auf den Rücken, schwamm mit ihnen hinaus und spielte »Delphin«. Christopher und Christina kreischten vor Vergnügen.
Wir waren ziemlich erstaunt, als wir feststellen mußten, daß Vivian Ward bei weitem besser schwamm als alle drei anderen Männer zusammen. Er sah ohne seine dandyhaften, betont sportlichen Kleider viel besser aus, ein starker, muskulöser junger Mann, und Gloria konnte kaum ihre Augen von ihm abwenden. Ich brauchte mich heute nicht um sie zu kümmern, denn sie vertraute sich seiner Obhut an, ließ sich ziemlich weit mit hinausnehmen und lag mit ekstatisch begeistertem Gesicht auf dem Wasser, während er sie in die Höhe hielt. Zum ersten Male mußte ich vor mir selbst zugeben, daß sie auf ihre Weise ein recht attraktives Paar waren, selbst wenn sie auch nicht ganz — wie Larry sagte — von »unserem Schlag« waren. Warum sollten sie es auch sein? Plötzlich fand ich, daß wir eine ziemlich engstirnige und voreingenommene Gesellschaft waren, die jeden ablehnte, der nicht so war wie wir, und die alles kritisierte, was nicht unserer Lebensart glich.
Als wir kurz darauf im Sand lagen und uns von der Sonne trocknen ließen, machte ich Larry darauf aufmerksam. Zuerst schaute sie mich sehr vorwurfsvoll an. »Dir scheint das Salzwasser nicht zu bekommen, Susan«, sagte sie. »Was ist denn Gloria anderes als ein kleines Luder? Sie will Onkel Richards Geld, aber sehnt sich nach Vivians Jugend und Männlichkeit — in Anführungszeichen, möchte ich betonen. Dann soll sie sich doch in Gottes Namen entscheiden und uns in Ruhe lassen.«
»Larry, du gibst dich nur so. In Wirklichkeit bist du gar nicht so hart.«
»Aber ich habe wenigstens den Schneid, das Kind beim Namen zu nennen. Ich hasse berechnende Frauen.«
»Du hast leicht reden, denn du bist nie so arm und verlassen gewesen wie Gloria.«
Larry lag einen Augenblick nur nachdenklich schweigend da. »Das stimmt«, gab sie schließlich zu. »Ich habe zwar meine Eltern verloren, aber ich hatte Onkel Richard und eine sehr fröhliche Jugend. Dann lernte ich Sam kennen. Ja, ich muß dir recht geben. Bei uns waren die Voraussetzungen völlig anders. Vielleicht ist das Mädchen tatsächlich in einer blöden Situation, und ich wünsche ihr nur, daß sie möglichst bald herauskommt. Schau dir Onkel Richard an, wie mutig er gegen die Wellen ankämpft. Ach Gott, der arme, alte Goldschatz! Es ist eine Schande!«
Ich wußte, was sie meinte. Richard O’Neill war weder fett noch schlaff, aber er sah eben nicht wie Vivian Ward aus — sondern wie ein älterer Geschäftsmann, der hier nicht ganz in seinem Element und sich dessen auch bewußt war.
Lydia mußte das gleiche gedacht haben wie ich, denn sie ging nochmals ins Wasser, gesellte sich zu Onkel Richard, lächelte ihm freundlich zu, und kurz darauf sahen wir sie beide Seite an Seite ins Tiefe hinausschwimmen. Larry stand auf und schüttelte den Sand von ihrem Badeanzug. »Komm, auf in die Fluten, sonst kommen wir noch ins Philosophieren«, und kurz darauf plätscherten wir wieder alle ausgelassen im Wasser herum.
Der Rest des Tages ging friedlich vorbei. Larry bereitete aus den Schollen ein ausgezeichnetes Gericht und wurde von allen gebührend bewundert und gelobt. Am Abend machten wir wieder unseren Spaziergang am Strand entlang, um den Sonnenuntergang mitzuerleben, und Larry überredete die Männer, das kleine Grammophon mitzunehmen. Es wurde hinter den Felsen aufgestellt, und wir tanzten zu seiner ziemlich piepsigen Musik.
Und wieder schlug Vivian Ward alle anderen aus dem Feld. Er gehörte zu den Männern, die nur dann etwas tun, wenn sie es auch perfekt beherrschen. Gegen ihn und Gloria sahen Larry und Sam wie Anfänger aus. Wenn Gloria auch sonst nicht so gebildet sein mochte, tanzen konnte sie wirklich, das mußte man ihr lassen.
Und sie war heute abend viel besserer
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