Teeblätter und Taschendiebe
Onkel Ihnen den >Broken Zippen überschrieben hat?«
»Das will ich gar nicht abstreiten. Kann sein, daß er das wirklich getan hat. Woher soll ich das wissen? 1976 war Onkel Fred schon so durchgedreht, daß er alles nur Vorstellbare getan haben könnte. Ich sage lediglich, daß ich diese Papiere hier noch nie gesehen habe. Ich weiß nichts davon. Redfern weiß nichts davon. Cousin Percy auch nicht. Haben Sie was davon gewußt, Osmond?«
Loveday warf sich in die Brust wie ein pikierter Pinguin. »Woher sollte ich? Sie wissen doch genau, daß ich lediglich für die Vereinskonten und nicht für die persönlichen Angelegenheiten Ihres Onkels zuständig war.«
»Und Sie haben ein Riesenchaos damit angestellt«, knurrte Dolph.
»Aber die Unterschrift von Frederick Kelling und die seines Neffen sind Ihnen doch sicher vertraut, Mr. Loveday«, setzte ihm der Captain weiter zu.
»Selbstverständlich. Wie sollte es auch anders sein, wenn man bedenkt, für wie viele Briefe ich den beiden im Laufe der letzten siebenunddreißig Jahre ihre Unterschrift abgerungen habe. Tut mir leid, Dolph, alter Knabe, aber ich muß nun mal nach bestem Wissen und Gewissen aussagen, und sowohl Ihre Unterschrift als auch die Ihres Onkels sind absolut authentisch.«
»Und sehen alle absolut identisch aus«, sagte Max. »Dolph, wie lange ist es her, daß Loveday Stempel mit deiner Unterschrift und der deines Onkels anfertigen ließ, damit du nicht länger all die tausend Briefe selbst zu unterzeichnen brauchtest?«
»Mein Gott, jetzt fällt es mir wieder ein, Max. Er hat tatsächlich Stempel anfertigen lassen. Ich glaube, das ist etwa dreißig Jahre her. Kurze Zeit später hat Onkel Frederick diesen Schreibautomaten gekauft, der unsere Unterschrift in verschiedenen Farben schreiben konnte, so daß wir die Stempel fast nie benutzt haben. Ich hatte sie total vergessen. Aber Loveday natürlich nicht, der Mistkerl!«
»Stempel?« Der Captain nahm die Lupe, die Max ihm reichte und sah sich die Unterschriften genauer an. »Das ist ja wohl die Höhe!«
»Das können Sie mir nicht in die Schuhe schieben«, rief Loveday. »Einen Stempel kann sich schließlich jeder machen lassen.«
»Aber wer, außer Ihnen, würde schon auf so eine Idee kommen?« brauste Dolph auf. »Und wer sonst kann so gut mit den Dingern umgehen, daß es jedesmal absolut perfekt aussieht? Sie haben Ihr ganzes Leben lang alles abgestempelt, was Ihnen in die Finger gefallen ist.«
»Da fällt mir gerade etwas ein«, sagte Max. »Wir könnten dazu eine Zeugin befragen. Befindet sich Perdita Follow immer noch in Polizeigewahrsam, Captain?«
»Die Frau mit dem Poncho? Ja, die ist noch hier.«
»Hat sie schon etwas gesagt?«
»Keinen Ton.«
»Können Sie sie holen lassen?« »Kein Problem.«
»Das ist doch absurd«, stotterte Osmond Loveday.
»Finden Sie?« sagte der Captain. »Sie dürfen gern Ihren Anwalt anrufen, wenn Ihnen danach ist.«
»Vielen Dank für die Erlaubnis, genau das werde ich auf der Stelle tun.«
Diesmal hatte Osmond Loveday Glück. Sein Anwalt war tatsächlich zu Hause. Er wohnte nicht weit entfernt auf der Flußseite der Berkeley Street und sagte, er könne in zehn Minuten da sein. Er traf sogar früher ein als Tigger, die man aus der Zelle geholt hatte, in der sie die Nacht verbracht hatte, allerdings nicht sehr viel früher. Tigger, die immer noch ihren Poncho und die schweren Stiefel trug, stapfte wütend in den Raum, starrte gereizt unter ihrem Haarschopf hervor und hielt die Lippen fest zusammengepreßt. Erst als sie Osmond Loveday sah, lösten sich ihre Lippen.
»Loverboy!«
»Loverboy?« rief Dolph, verständlicherweise mehr als überrascht. »Meint die etwa Sie, Osmond?«
»Ich habe keine Ahnung, wen diese Person meint«, erwiderte Loveday, der plötzlich Artikulationsschwierigkeiten zu haben schien.
»Ach ja?« jammerte Tigger. »War ich denn nichts als ein Spielzeug für dich, mit dem du dir die Langeweile vertrieben hast? Nur ein Spiegel, der die Strahlen deiner Leidenschaft zurückgeworfen hat und dann achtlos beiseite geschleudert wurde? Ozzielein, bitte sag, daß das nicht wahr ist!«
»Heiliger Strohsack!« Dolphs Augen quollen aus ihren Höhlen, wie sie es noch nie zuvor getan hatten. »Sagen Sie bloß, Sie haben sich an dieser Frau hier vergriffen, Osmond?«
»Ich - ich konnte nicht anders«, stammelte Loveday. »Siebenunddreißig Jahre lang waren es immer nur Nerzmäntel, die die Frauen an meinen Bettpfosten aufhängten, und dann
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