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Teller, Janne

Teller, Janne

Titel: Teller, Janne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nichts
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Flagge, dann richtete
er den Blick auf Frederik.
    »Das Vaterland !« , höhnte er. »Hast du das
Vaterland wirklich für schnöden Mammon verkauft, Frederik ?« Er schüttelte den Kopf. »Was bin ich froh, dass ich nicht mit dir als General
in den Krieg ziehen muss .« Frederik hatte Tränen in
den Augen.
    »Und der
Gebetsteppich, Hussein? Glaubst du nicht mehr an Allah ?« Pierre Anthon starrte Hussein an, der mit gesenktem
Kopf dastand. »Was war der Preis für deinen Glauben ?« Pierre Anthon machte immer weiter, nannte die Teile
des Bergs aus Bedeutung eines nach dem anderen beim Namen, und einer nach dem
anderen wurden wir immer kleiner. »Und du, Jan-Johan, warum lässt du nicht
gleich die ganze Hand sausen, wenn du schon deinen Zeigefinger ins Rennen
geworfen und zum Höchstgebot verkauft hast? Und du Sofie, was ist dir
geblieben, wenn du dich selbst verkauft hast?« Wir antworteten ihm nicht.
    Standen nur da und scharrten in den Sägespänen und wagten nicht, Pierre Anthon anzusehen oder uns. »Wenn das da wirklich
etwas bedeutet hat, dann hättet ihr das doch wohl nicht verkauft ?« , beendete Pierre Anthon seine Tirade und deutete auf den Berg aus Bedeutung.
     
    Pierre Anthon hatte gewonnen.
    Aber dann machte er einen Fehler.
    Er wandte uns den Rücken zu.
     
    24
     
    Sofie
sprang als Erste, und wären wir anderen stehen geblieben, hätte Pierre Anthon sie leicht abschütteln können. Aber das taten wir
nicht. Zuerst folgte Jan-Johan, dann Hussein, dann Frederik, dann Elise und
dann Gerda, Anna-Li , der fromme Kai, Ole und der
große Hans, und dann gab es fast keinen Platz mehr für noch mehr, die alle auf
einmal Pierre Anthon schlagen und treten wollten.
     
    Ich weiß nicht, ob es schlimm war oder nicht. Wenn ich jetzt darauf
zurückblicke, muss es sehr schlimm gewesen sein. Aber so habe ich es nicht in
Erinnerung. Mehr, dass es chaotisch war. Und gut. Es war sinnvoll, Pierre Anthon zu schlagen. Sinnvoll, ihn zu treten. Das hatte
Bedeutung, selbst als er am Boden lag und sich nicht mehr wehren konnte und es
irgendwann auch nicht mehr versuchte. Er hatte uns den Berg aus Bedeutung
weggenommen, genau wie er uns schon einmal die Bedeutung weggenommen hatte. Er
war an allem schuld. Daran, dass Jan-Johan seinen rechten Zeigefinger verloren
hatte, dass Aschenputtel tot war, dass Kai seinen Jesus geschändet hatte, dass
Sofie die Unschuld verloren hatte, dass Hussein der Glauben abhandengekommen war ... Er war schuld, dass wir die Lust am Leben und an der Zukunft verloren
hatten und nicht aus noch ein wussten.
     
    Wir
wussten nur, dass es Pierre Anthons Schuld war. Und
dass er dafür bezahlen musste.
     
    Ich weiß
nicht, wie es Pierre Anthon ging, als wir das
Sägewerk verließen.
    Ich weiß,
wie er aussah, auch wenn ich das der Polizei nicht sagte.
    Er lag
merkwürdig verdreht da, der Hals nach hinten gebogen, das Gesicht war blau und
geschwollen. Blut lief ihm aus Mund und Nase und hatte auch den Rücken der Hand
verfärbt, mit der er sich hatte schützen wollen. Seine Augen waren geschlossen,
aber das linke war ausgebeult und komisch schief unter der klaffenden
Augenbraue zu sehen. Sein rechtes Bein lag vollkommen unnatürlich abgeknickt,
und sein rechter Ellbogen bog sich in die verkehrte Richtung.
     
    Es war
still, als wir gingen, und wir verabschiedeten uns nicht. Weder voneinander
noch von Pierre Anthon .
     
    In
derselben Nacht brannte das stillgelegte Sägewerk bis auf die Grundmauern ab.
     
    25
     
    Das stillgelegte Sägewerk brannte die ganze Nacht und ein bisschen auch
noch am nächsten Morgen.
    Dann war es vorbei.
     
    Ich kam am späten Vormittag an. Die meisten der anderen waren schon
da. Wir begrüßten uns, aber wir redeten nicht miteinander.
    Ich betrachtete, was übrig war: eine rauchende Brandstelle. Man konnte
nicht sehen, was Sägewerk gewesen war und was Berg aus Bedeutung gewesen war.
Bis auf die verkohlten Mauerreste war alles andere Asche.
    Nach und
nach tauchten die Letzten auf, und schließlich war die ganze Klasse versammelt.
Keiner sagte etwas. Auch nicht zu den Eltern, zur Polizei, zur Zeitung oder zu
den Leuten vom Museum in New York. Von der Weltpresse tauchte niemand auf; aber
falls die gekommen wären, weiß ich, dass wir auch denen nichts gesagt hätten.
    Wir fragten
nicht nach Pierre Anthon , und es verging einige Zeit,
bis sein Verschwinden am Tag zuvor mit dem Brand im Sägewerk in Verbindung
gebracht wurde. Das geschah erst, als man gegen Abend seine

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