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Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)

Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)

Titel: Tempel der Träume - Der Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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Herztransplantationen. Einen Abschleppdienst konnte sie sich momentan nicht leisten, in einem Automobilclub war sie kein Mitglied. Sie konnte den Wagen nur stehenlassen und den Rest zu Fuß zurücklegen.
    Innerlich erschöpft machte sie sich auf den Weg durch die Straßen Berlins, zu müde, um noch weiter zu weinen und mit dem Schicksal zu hadern. Es hatte doch alles keinen Sinn. Sie setzte nur einen Fuß vor den anderen und versuchte, die Gedanken auszublenden, auch damit sie nicht wie eine heulende Furie durch die Straßen lief. Doch sie kam nicht weit. Sie hatte sich gerade etwas beruhigt, als ihr Handy klingelte. Es war die Nummer ihres Chefs vom „Pour Elles“. Das bedeutete bestimmt nichts Gutes.
    „Ragewitz“, meldete sie sich und bemühte sich, ruhig und gefasst zu klingen.
    „Haben Sie am Samstag einer Kundin eine Ayurveda-Behandlung empfohlen?“, fragte Aaron Logan, ohne sie vorher begrüßt zu haben.
    Myrtel dachte einen Moment nach. Am Samstag, dem Tag nach dem Modelwettbewerb, hatte sie am Nachmittag gearbeitet und tatsächlich einer Kundin Ayurveda empfohlen. Die Frau litt an Stress und unbestimmten Stimmungsschwankungen, da schien ihr die Behandlung am besten geeignet.
    „Ja, sie hat sich gleich einen Termin geben lassen“, erwiderte sie.
    „Ich weiß, sie war heute hier. Leider ist sie auf bestimmte Öle allergisch, die Empfehlung hat ihr also nicht gut getan.“
    „Das tut mir leid, das konnte ich nicht wissen.“
    Aaron Logan knurrte etwas, was sie nicht verstehen konnte, dann fügte er hinzu: „Sie müssen sie danach fragen. Sie hat sich beschwert, das ist nicht gut für das Geschäft.“
    „Das tut mir leid“, wiederholte sie. Ihre Hände begannen erneut zu zittern. Was wollte der Mann von ihr?
    „Ja,ja“, sagte Aaron unwillig. „Das nächste Mal wissen Sie Bescheid. Aber noch etwas anderes: Sie haben die Behandlung unter der Abteilung ‚Health‘ eingetragen, aber die Kundin hatte nur ‚Beauty‘ gebucht. Sie hätte eine Zusatzbehandlung bezahlen müssen, Sie haben es falsch abgerechnet. Das schadet dem Club, nachträgliche Forderungen wirken kleinlich und negativ, und wenn wir für unsere Anwendungen nicht ordnungsgemäß bezahlt werden, geht der Club irgendwann pleite. Sie wollen doch auch Geld für das bekommen, was Sie leisten. Oder?“
    „Natürlich“, antwortete sie. „Das tut mir leid. Mir war wirklich nicht aufgefallen, dass sie nur ‚Beauty‘ gebucht hatte.“
    „Bitte achten Sie das nächste Mal besser darauf. Das ‚Pour Elles‘ kann es sich auf Dauer nicht leisten, unkorrekt arbeitendes Personal zu beschäftigen.“
    „Das verstehe ich. Es wird nie wieder vorkommen.“
    „Gut. Auf Wiederhören.“
    „Auf Wiederhören.“
    Sie legte auf und steckte mit zitternden Händen das Telefon wieder in ihre Tasche. Konnte es noch schlimmer kommen? Wenn sie nicht aufpasste, war sie bald ihren Job los. Das durfte auf keinen Fall passieren!
    Angstvoll lief sie weiter. Wenn sie morgen wieder zur Arbeit ging, würde sie besonders darauf achten, keinen Fehler zu machen. Und am nächsten Tag auch, und am übernächsten ebenfalls, und bis in alle Ewigkeit.
    Plötzlich drang der Duft von gebrannten Mandeln in ihre Nase, dann der von Zuckerwatte und kandierten Äpfeln. Hinter den Häusern entdeckte sie ein Riesenrad. Sie bog in eine Nebenstraße ein, die zu einem großen Platz führte, wo ein Jahrmarkt gastierte. Trotz allen Kummers konnte sie nicht widerstehen. Und zum ersten Mal huschte wieder ein Lächeln über ihr Gesicht. Als Kind hatte sie Jahrmärkte immer geliebt, ihr erster Freund hatte ihr einen Strauß künstlicher Rosen geschossen, der lange Zeit ihr Jugendzimmer schmückte und den sie bis zu ihrer Hochzeit aufbewahrt hatte. Und mit ihrer Freundin war sie die Achterbahn und Riesenkarussells wieder und wieder gefahren, bis das Taschengeld verbraucht war.
    Sie schlenderte durch die Gassen des Frühlings-Jahrmarkts, der gerade erst geöffnet hatte, betrachtete die Stände mit den Süßigkeiten, die Losbuden und Karussells. Auf solch ein Monstrum würde sie heute allerdings nicht mehr steigen, höchstens noch auf ein Kinderkarussell. Bei allen anderen hatte sie Angst, dass ihr Magen nicht mitspielte.
    „Sie sehen unglücklich aus“, wurde sie unerwartet von einer Frau angesprochen, die in ein kunterbuntes Kostüm gekleidet war, bestehend aus mehreren fließenden Tüchern, von denen jedes eine andere Farbe hatte.
    „Das ist sehr gut möglich“, erwiderte Myrtel und

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