Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)
Gruß, ließ sie jedoch sofort wieder sinken, weil sie sich bereits abgewandt hatte und zur Tür hinausgegangen war.
Sobald er sich allein in dem Schwesternzimmer befand, ließ er sich am Tisch nieder. Sein Herz klopfte schnell und laut und hektisch, er bekam es einfach nicht unter Kontrolle, wenn sie im Raum war. Aber Kiara war eine Nummer zu groß für ihn. Oder vielleicht doch nicht? Er dachte an den dicken Mann mit der Magenverkleinerung, der ihm gesagt hatte, man wisse es erst, wenn man es versucht habe. Er hatte es noch nie versucht. Vielleicht besaß er doch eine Chance bei ihr, wenigstens eine winzig kleine?
Er musste es versuchen. Er richtete sich am Tisch auf und holte tief Luft. Am Samstag, wenn er mit Kiara zu Samiras Abschiedsparty eingeladen war, würde er es ihr sagen. Das war die Gelegenheit. Vielleicht trank sie ein Gläschen Wein, er würde ganz sicher eine ganze Flasche kippen, um mehr Mut zu bekommen – und dann erhörte sie ihn vielleicht, so dass er wenigstens ein Date mit ihr herausschlug. Vielleicht wartete sie ja schon die ganze Zeit darauf, dass er sie fragte?
Er stand auf und steuerte auf die Tür zu, um seine Arbeit zu verrichten. Samstag würde der Tag der Tage sein.
***
Kiara hatte wieder einmal die ganze Nacht wachgelegen. Sie hatte auch im Kino nicht geschlafen, sondern ununterbrochen an das „Pour Elles“ gedacht. Außerdem hatte Lea so gekichert und mitgefiebert im Film, dass sie viel lieber ihre Tochter betrachtete, als sich dem Schlummer und unruhigen Träumen hinzugeben.
In manchen Momenten glaubte sie, Holger habe Recht, dass sie es nicht zugeben sollte, dass sie in dem Zimmer gewesen und ausgebrochen war. Was, wenn sie wirklich ins Gefängnis musste? Und vorher ihre ganze Geschichte ans Licht kam? Auf der anderen Seite hatte sie eigentlich nichts Unrechtes getan, und sie vertrat tatsächlich die Meinung, dass man zu seinen Taten stehen musste, egal wie schwer es fiel. Wenn sie einen Verbrecher, der ihr das angetan hatte, für seine Tat hasste, durfte sie nicht so handeln wie er und sich vor der Verantwortung drücken. Sie musste geradestehen für das, was sie angerichtet hatte.
Deshalb fuhr sie am nächsten Tag noch vor der Arbeit in das „Pour Elles“, um zu gestehen, dass es sich bei ihr um die angebliche Einbrecherin handelte.
Als sie den Wellnessclub betrat, wurde sie von einem livrierten Türsteher begrüßt, der sie nach ihrer Clubkarte fragte.
„Ich habe keine Clubkarte, ich bin hier, um einen Hinweis zur Aufklärung des Einbruchs am Wochenende zu geben“, entgegnete sie.
„Sie wollen also keine Anwendung nehmen? Nicht einmal ins Schwimmbad?“, fragte der junge Kerl nach.
„Nein, das möchte ich nicht.“
Er hob die Hand, die in weißen Handschuhen steckte, und deutete auf den rechten Teil des ersten Stocks. „Gehen Sie da entlang, bis Sie zum Zimmer des Managers oder des Geschäftsführers Aaron Logan kommen. Der Name steht an der Tür.“
„Danke.“
Sie wandte sich ab und lief die Treppe hinauf, wobei sie die Blicke des Türstehers in ihrem Rücken spüren konnte. Aus den Lautsprechern an der Decke des Foyers tönte klassische Musik, aus dem hinteren Bereich des Erdgeschosses drang das Plätschern von Wasser an ihr Ohr.
Sie sah nach unten, wo gerade ein durchtrainierter, von der Sonnenbank verwöhnter Endfünfziger die Räumlichkeiten des Fitnessbereichs verließ und die Schönheitsabteilung anstrebte. Er trug lediglich ein weißes Handtuch um seine Hüften.
Rasch wandte sie sich ab und wollte am Ende der Treppe nach rechts abbiegen. Doch leider hatte sie in dem Moment der Unaufmerksamkeit eine Person übersehen, so dass sie fast mit ihr zusammenstieß, als diese um die Ecke gebogen kam.
In letzter Sekunde konnte sie ausweichen.
„Entschuldigung“, sagte sie und wollte weitergehen, doch dann erkannte sie die Frau. Sie war diejenige, die ihretwegen von ihrem Chef gerügt worden war. Kiara blieb für einen Moment stehen, um sich nach ihr zu erkundigen. „Bitte entschuldigen Sie noch einmal, dass ich Ihnen Unannehmlichkeiten bereitet habe. Ich hoffe, es hatte keine schwerwiegenden Konsequenzen für Sie. Für meine Freundin ist letztlich alles gut ausgegangen.“
Myrtel Ragewitz erkannte Kiara nun auch. „Sie sind es“, erwiderte sie unwirsch und wenig begeistert. „Ich habe meinen Job behalten, gerade so. Aber was machen Sie heute hier? Wollen Sie sich jetzt auch mal beschweren? Irgendwie hat es derzeit jeder auf mich
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