Tempelhyänen
ganzen Körper zitterte. »Maya! Was zum Teufel machst du hier?«
»Ich hab auf dich gewartet. Dachte mir, daß du diesen Weg nehmen würdest.«
Entwickelte sich dieses kleine Miststück zur Gedankenleserin? »Du hast immer noch nicht gesagt, warum du hier bist.« Überflüssige Frage. Ich wußte genau, warum.
»Wir sind Partner, schon vergessen? Wir suchen jemanden. Und es gibt Orte, an die kein Mann kommt, ganz gleich, was er anstellt.«
»Du marschierst sofort wieder nach Hause. Ich gehe allein zum Pfuhl. Das ist kein Ort für …«
»Garrett. Halt die Klappe und sieh mich an. Bin ich neun Jahre alt und frisch aus einer Klosterschule abgehauen?«
Sie hatte recht. Aber trotzdem gefiel es mir nicht. Und ich wollte meine Meinung auch nicht ändern. Es ist schon seltsam, wie plötzlich sich väterliche Gefühle regen. Aber Maya war alles andere als ein kleines Mädchen. Ohne ihre schmierigen Klamotten und ihre Chuko-Kriegsbemalung war sie eine Frau. Und was für eine.
Wahrscheinlich machte das zwei Drittel meines Problems aus. »Einverstanden. Wenn du deinen Hals riskieren willst, komm mit.«
Sie folgte mir und entblößte bei ihrem selbstgefälligen Lächeln zwei Reihen wunderschöner weißer Zähne.
»Du hast dich richtig rangepirscht, weißt du? Du bist erwachsen geworden. Ich denke immer noch an die dreckige Göre von damals, die übel zugerichtet war, als ich sie gefunden habe.«
Sie grinste und schob ihren Arm durch meinen. »Ich hab mich nicht rangeschlichen, Garrett. Ich hab mir Zeit gelassen und es richtig gemacht. Ich wußte immer, daß du auf mich warten würdest.«
Eijeijei! Wer erzählte jetzt wem Mist?
Maya lachte. »Wenn wir die Sache wirklich durchziehen wollen, sollten wir gehen.«
37. Kapitel
Um den Pfuhl zu verstehen oder ihn sich auch nur vorzustellen, falls man noch nie dagewesen ist, muß man sich mit der widerlichsten Seite seiner selbst konfrontieren. Man fische sich eine Phantasie heraus, eine, die man niemandem erzählen mag. Eine, bei der man sich unwohl fühlt und die einem peinlich ist, wenn man nur daran denkt. Im Pfuhl findet man jemanden, der das mit einem tut oder es für einen tut, oder jemand, der einen zusehen läßt, wie er es mit einem anderen tut, wenn man das will.
Heizt euer Vorstellungsvermögen an. Ihr könnt euch nichts ausdenken, was nicht schon gedacht und getan worden wäre. Es hat sich sogar schon jemand etwas viel Ekligeres ausgedacht. Und hier kann man alles kaufen, im Wunder-Wunderland. Nicht nur Sex, obwohl man daran natürlich als erstes denkt.
Zu dieser Tageszeit, am späten Nachmittag, wachten die meisten im Pfuhl gerade erst auf. Im Viertel wurde rund um die Uhr gearbeitet, aber der größte Teil seiner Stammkunden war wie Insekten, die das Licht mieden. Erst nach Sonnenuntergang würde es hier richtig heiß hergehen.
»Warst du schon mal hier?« fragte ich Maya.
»Noch nie mit einem Edelmann.« Sie lachte.
Ich versuchte, sie finster anzusehen, aber ihre unverändert gute Laune war einfach ansteckend. Ich mußte lächeln.
»Natürlich war ich schon hier. Es war eines unserer Lieblingsspiele. Sich die Freaks anzusehen. Vielleicht auch einen Betrunkenen ausnehmen oder die Scheiße aus einem Zuhälter rausprügeln. Wir haben viel Zeug erbeutet. Die meisten, die hierherkamen, haben nicht gewagt, sich zu beschweren.«
»Weißt du, wie gefährlich das ist?« Die Leute vom Pfuhl sind sehr um das Wohl ihrer Kunden besorgt.
Sie warf mir einen Blick zu, mit dem Jungvolk alte Knacker bedenkt, wenn die Mist erzählen. »Was hatten wir zu verlieren?«
Nur ihr Leben. Aber Kinder sind unsterblich und unverwundbar. Fragt sie doch selbst!
Es war zwar noch nicht dunkel, aber schon im Außenbezirk hatten wir reichlich Gesellschaft. Hier sind die Angebote noch relativ zahm. Wohlsituierte Herren machten Schaufensterbummel, Marktschreier schrien, meine Schutzengel schlichen herum, und ein Dutzend Jungs versuchte, ein paar Kupfermünzen abzuzocken. Als ich einen verscheuchte, zwackte dieser Maya in den Hintern und raste davon. Ich brüllte wütend los, wie sich das gehörte, und machte ein paar Schritte hinter dem Balg her, doch dann mußte ich über die Komik der Situation lachen. »Du bist jetzt auf der anderen Seite, Süße. Du bist eine von den Großen.«
»Es tut verdammt weh, Garrett.«
Ich lachte.
»Du Mistkerl! Warum küßt du die Stelle nicht lieber?«
Tja. In den zahmeren Gefilden gibt es Häuser mit großen Schaufenstern, in denen
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