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Tenebra 2 - Dunkle Reise

Tenebra 2 - Dunkle Reise

Titel: Tenebra 2 - Dunkle Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Luckett
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Sie schlug den Blick nieder.
    »In der Tat, Ser«, sagte Grames. »Gerade bemerkte ich zu meinem Mündel, welch ein geeigneter Zeitpunkt es sei, um noch ein wenig an die Luft zu gehen. Ah!«
    Das Gespann setzte sich wieder in Bewegung. Grames wankte ein wenig unter dem Ruck. Arienne und ich hatten ihn erwartet und gerieten nicht aus dem Gleichgewicht. Dabei lächelten wir einander in der Erinnerung an das letzte Mal zu. Dann fiel mir wieder ein, wie falsch ich war, und ich blickte weg und wieder zu ihr hin und sah eine leichte Falte zwischen ihren Brauen kommen und gehen.
    Grames reckte die Schultern – es fügte seiner bescheidenen Größe einen Fingerbreit hinzu – und holte tief Luft.
    »Ich schulde Ihnen Dank, Ser«, sagte er, und ich starrte ihn überrascht an. »Ser de Castro hat heute sehr viel mehr… Flexibilität gezeigt. Er sagte, er würde sorgfältig überdenken, was ich sagte, und ich glaube wirklich, dass er sich mit der Zeit meiner Auffassung anschließen wird. Sie müssen viel getan haben, um ihn zu überzeugen.«
    Ich schaute verlegen auf meine Füße. Das Furchtbare war, dass ich wirklich ein Verräter war, unabhängig davon, dass Grames mich für einen hielt. Ein Verräter und ein Feigling. Ich konnte ihr nicht ins Gesicht sehen.
    Der Laternenschein vom Treidelpfad lag geriffelt auf dem dunkelnden Wasser, und ein Reiher flog mit langsamen Flügelschlägen über den Fluss zu seinem Ruheplatz. Alle Farbe verlor sich aus dem Himmel; durch die feinen Federwolken blinzelten die ersten Sterne.
    »Und es ist wahrhaftig ein wunderschöner Abend«, sagte sie leise.
    Grames machte eine winzige Bewegung.
    »Ja, das ist wahr«, sagte ich wie ein Dummkopf, und dann: »Entschuldigen Sie mich, ich muss mich um Ser de Castro kümmern. Es geht ihm nicht sehr gut, fürchte ich. Gute Nacht.« Und ich machte eine marionettenhafte Verbeugung und ging fort.
    Silvus schlief nicht. Der Gardist blieb bei der Luke, die in Hörweite lag, und ich war klug genug, nicht zu flüstern.
    »Ich hoffe, du hast dich ein wenig erholt«, sagte ich zu Silvus, und er blickte zu dem Schatten auf, der den Niedergang herunterkam.
    Er seufzte. »Ich fürchte, es könnte sich um den Anfall eines alten Leidens handeln, Willan – würde mich nicht wundern, wenn wir eine unruhige Nacht vor uns hätten.« Er klopfte sich mit der flachen Hand auf den Magen.
    Ich nickte. »Ich hatte den Eindruck, dass du gut zu Abend gegessen hast«, bemerkte ich. »Du hattest immer eine Vorliebe für Kutteln.« Ich grinste ein wenig in der Dunkelheit, wo der Aufpasser es nicht sehen konnte.
    »Eine allzu große, fürchte ich. Reich mir den Eimer, Willan, für alle Fälle.«
    Silvus de Castro hatte zwanzig Jahre lang von Truppenverpflegung und Wasser aus dem Straßengraben gelebt. Er hatte die Verdauung eines Maultiers. Ich gab ihm den Eimer. Darin lag der glatte, faustgroße Kieselstein, den ich für ihn gesucht hatte, während ich mir am Ufer die Zeit vertrieben hatte. Er ließ ihn in seiner Decke verschwinden.
    »Vielleicht sollte ich mich auch niederlegen«, sagte ich. »Wenn ich die untere Hängematte nehme, kannst du mich nachts jederzeit wecken.«
    »Du bist sehr gut, Willan.«
    »Wie es sich für einen Knappen geziemt.« Ach, nichts geht über Ritterlichkeit und gute Umgangsformen. Eine so gute Schaustellung wie diese war mir selten gelungen. »Gute Nacht.«
    Natürlich legte ich mich in meinen Kleidern nieder und behielt sogar die Stiefel an. Natürlich für den Fall, dass ich in der Nacht würde aufstehen müssen. Und schließlich waren es nur die derben Uniformteile, die ich in Conflans bekommen hatte.
    Nach und nach zogen sich auch die anderen zurück. Ich merkte mir alle, die nacheinander herunterkamen. Barras, der grunzend in seine Hängematte kletterte; Grames, der es sich nicht nehmen ließ, den Vorhang für Arienne offen zu halten, bevor er mit einem warnenden Blick in meine Richtung die letzte Hängematte nahm. Die zwei Gardisten, die Freiwache hatten, schliefen auf Deck, was nicht gut war, aber auch nicht schlecht.
    Ich glaube, ich schlief ein wenig. Jedenfalls genug, um Barras zu überzeugen, dass auch er ins Traumland abgehen könne. Aber leider bestätigten sich Silvus' schlimmste Erwartungen. Er stöhnte in Abständen und warf sich ruhelos hin und her. Es muss um Mitternacht gewesen sein – nach meinem Gefühl war es Zeit für den Wachwechsel –, als er den Eimer aufhob, den Kopf hineinsteckte und würgte und spie.
    Natürlich war ich

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