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Tenebra 2 - Dunkle Reise

Tenebra 2 - Dunkle Reise

Titel: Tenebra 2 - Dunkle Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Luckett
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Will. Du hast einen tiefen Schlaf, weißt du?«
    Und er trat mich mit der Stiefelspitze genau über die Schläfe. Schmerz explodierte in Farben, von deren Möglichkeit ich nichts gewusst hatte, und ich wälzte mich stöhnend herum. Jemand packte mich unter den Achseln und richtete mich zu sitzender Haltung auf. Ich sackte vornüber, aber der Mann riss mich wieder hoch. Ich sah Silvus mit Blut im Gesicht. Wie in allen Alpträumen konnte ich weder sprechen noch mich bewegen. Ich wurde auf die Beine gezogen, und der freundlich lächelnde Barras versetzte mir einen weiteren Tritt, diesmal in den Bauch und mit seinem ganzen Gewicht dahinter. Ich krümmte mich um den Ball explodierender Qual und versuchte zu wimmern, aber es kam nichts heraus. Dann schlug er mit der Faust zu, und in der schrecklichen Pause zwischen dem Schock des Schmerzes und dem überwältigenden Brechreiz konnte ich einen Augenblick lang das weiße, entsetzte Gesicht Ariennes sehen. Dann traf mich die vierte Welle, hob mich auf und warf mich würgend und speiend ans Ufer, und der Himmel war rot und schwarz und die Sterne waren alle ausgegangen.
    Ich wachte widerwillig auf. Der Widerwille nützte jedoch nichts. Die Verschwommenheit vor meinen Augen nahm langsam Gestalt an und wurde zu dem Gesicht von Georghe Barras, und als dies geschah, nahm auch der Schmerz Gestalt an. Ich versuchte mich auf die Teile meiner selbst zu konzentrieren, die nicht schmerzten. Es dauerte eine Weile, bis ich einen fand. Jemand hielt mich aufrecht. Es besteht ein Unterschied zwischen einer Tracht Prügel und einer gründlichen, wissenschaftlichen Abreibung. Dies war Letzteres. Ich sah Barras aus meinem guten Auge an – das andere ließ sich nicht richtig öffnen – und befühlte mit der Zunge meine Zähne. Alle da, nur einer ein bisschen locker. Aber ich musste zum Atmen den Mund öffnen, weil meine Nase ganz geschwollen und schief war, und ich musste den Mund weit öffnen, weil meine Lippen die Größe von Nackenrollen hatten. Georghe tätschelte mir die Wange und ich unterdrückte einen Aufschrei.
    »Er wird es machen«, sagte Georghe. »Einstweilen nicht mehr, sonst müssen wir ihn tragen. Setzt ihn auf ein Pferd.«
    Ein Pferd? Er musste verrückt sein. Ich würde Schwierigkeiten haben, ins Bett zu steigen. Aber Hände packten mich bei den Armen und zogen mich hoch. Ich konnte kaum etwas sehen. Jemand ergriff einen Fuß, steckte ihn in einen Steigbügel und stieß mich mit einem Schwung in den Sattel. Jemand anders stand auf der rechten Seite des Pferdes, sonst wäre ich gleich wieder über Bord gegangen und dort auf dem Kopf gelandet. Schließlich banden sie mich auf dem Pferd fest, die Füße mit den Steigbügeln unter dem Bauch, die Handgelenke an den Sattelknopf. Jemand führte das Pferd. Die nächsten paar Stunden kann ich nicht beschreiben. Die Bewusstlosigkeit, die sich von Zeit zu Zeit einstellte, brachte keinerlei Erleichterung.
     

KAPITEL VII
    Allmählich wurde mir klar, dass es Nachmittag war – und schon seit einiger Zeit gewesen war. Wahrscheinlich für immer. So lange hatte dies schon gedauert. Die Sonne stand tief und in meinem Rücken. »Also los, Will. Runter vom Pferd.«
    Wenigstens diesem Befehl war leicht zu gehorchen. Sobald sie mich losgebunden hatten, fiel ich vom Pferd. Barras trat mir entgegenkommend in die kurzen Rippen. »Wir haben eine komfortable Kutsche für dich besorgt.« Er hob die Stimme. »Hinein mit ihm.«
    Sie hoben mich an Händen und Füßen auf, gaben mir Schwung und warfen mich hinein. Es war ein Bauernkarren, und etwas von dem Heu, das er gefahren hatte, lag noch darin.
    Das und die Landung auf einem etwas weicheren Gegenstand, in dem ich später Silvus wiedererkannte, verringerte den Schmerz vom Unerträglichen zum bloß Qualvollen. Besser noch, ich konnte den Luxus auskosten, im Liegen ohnmächtig zu werden.
    Einige Zeit später war es dunkel. Jemand wischte mir das Gesicht mit etwas Weichem, Kühlem und Feuchtem. Sie weinte.
    Noch später erwies sich ein schwankendes Licht als eine hängende Laterne, und ich konnte den Geruch wiedererkennen, den ich seit einer Weile wahrgenommen hatte. Wollfett und Kreosot. Ich war wieder an Bord der Barke, im ausgebauten Laderaum. In einer Hängematte, nach der Krümmung meines Rückens zu urteilen. Ich hoffte, es sei bloß einer der schlimmen Träume, die mich in letzter Zeit geplagt hatten, aber dieses Glück blieb mir versagt. Alle kleinen Prüfsteine der Wirklichkeit waren an Ort und

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