Tenebra 2 - Dunkle Reise
zwitscherten Schwalben, die sich zum Flug nach Süden sammelten. Ein Baumfalke stand flatternd über uns in der Luft und sah mit großen Augen herab.
Wir öffneten ein letztes Gatter, überwanden eine Geländestufe und kamen hinaus auf die Hochmoore. Hier gab es keinen Feldbau, nur Schafweide, aber die Luft war süß vom Duft des Heidekrauts und wilden Thymians, und der Wind wehte kühl und feucht aus dem Westen. Vor uns lagen hundert Meilen Heide und Moorland, in denen wir uns verlieren konnten.
»Meinst du, dass wir den Orimentpass diesmal schaffen werden, bevor der Schnee kommt?«, fragte ich.
»Wir müssen ihn so oder so schaffen«, erwiderte Silvus. »Einen Winter draußen im Moorland würden wir niemals überleben. Aber ja, ich denke, es sollte uns gelingen. Wir haben mehr Zeit zur Verfügung als damals und reisen nicht mit einem Meister der Schwarzen Magie, der einen Schneesturm über uns bringt. Es sei denn, du bist einer.«
»Nun, ich weiß, dass du keiner bist. Jedes Mal, wenn jemand mit Magie arbeitet, machst du ein Gesicht, als käme dir ein besonders übler Gestank in die Nase.«
»Ja.« Er schien zerstreut.
»Wie steht es mit Proviant? Es sind zwei Wochen bis zum Pass. Vielleicht mehr.«
»Wir können Nahrung suchen. Es ist Herbst. Da gibt es Beeren und Nüsse. Fische in den Gewässern, Kaninchen, Vögel, Farnwurzeln. Wir werden durchkommen. Wenn alles andere versagt, kann ich mein Talent einsetzen und das Wild stillhalten, damit wir es mit einem Steinbrocken erschlagen können.«
»Ich kann mit Schlingen umgehen.«
»Die Vorteile, auf dem Land aufzuwachsen«, sagte er. Aus dem Munde eines anderen hätte es spöttisch geklungen. Ich grinste, ein wenig verlegen, und er lächelte zurück. Es war ein gutes Gefühl, fortzureiten, bis ich mich an alles erinnerte, was ich zurückließ.
Wir schonten die Pferde, ließen sie öfter im Schritt gehen. Sie würden uns noch lange dienen müssen, und das einzige gute Futter war der Hafer, den wir für sie gekauft hatten. Sie würden sich eine Weile mit Grünfutter begnügen müssen, obwohl das Gras hoch stand und bereits Samen trug. Der Nachmittag verging.
Gegen Sonnenuntergang erreichten wir eine bewaldete Senke, wo ein schmaler Wasserlauf unseren Weg kreuzte. In beiderseitigem Einvernehmen saßen wir ohne ein Wort ab, nahmen den Pferden die Sättel ab und pflockten sie an, dass sie weiden konnten, vergewisserten uns aber, dass sie abgekühlt waren, bevor wir sie saufen ließen. Wir taten unser Bestes, sie mit Grasbüscheln abzureiben, und sahen uns ihre Hufe an, alles ohne zu sprechen. Der Wasserlauf war zu träge und zu langsam für Forellen, lieferte aber zwei Hasel und ein halbes Dutzend Flusskrebse. Letztere setzten wir in eine Schale mit Wasser und nahmen eine Handvoll Hafer, damit sie sich selbst reinigten. Außerdem gab es Brombeeren und Farnwurzeln, die wir in der Asche eines Feuers rösteten.
»Ein Festmahl nach jedem Maßstab«, bemerkte Silvias, als er gegessen hatte. »Wenn es so weitergeht, werden wir am Ende der Reise fetter sein als bei unserem Aufbruch.«
»Mm. Ich hoffe, unser Vorsprung ist groß genug.« Wir waren einen vollen Tag und bis weit in die Nacht hinein geritten und konnten nicht viel weiter. Wir würden nur die Pferde und uns selbst erschöpfen.
»Ach, ich denke doch. Sie haben eine große Fläche abzudecken. Wenn sie zum nächsten Dorf vorausgeschickt haben, merken sie vielleicht, dass wir an der Straße abgebogen sind, aber sie können nicht wissen, wo, und es wird sie Tage kosten, allen Möglichkeiten nachzugehen. Georghe hat keine Armee zur Verfügung, weißt du. Trotzdem ist es am besten, die Ruhezeit zu nutzen und vor Tagesanbruch aufzubrechen. Jede Meile, die wir jetzt zurücklegen, verbessert unsere Aussichten. Außerdem bin ich müde.«
Er sammelte Farnwedel als Unterlage, rollte sich in seinen Umhang und schlief am Feuer ein, scheinbar völlig zufrieden. Ich saß und tauschte Blicke mit einer Eule, die auf einem Ast jenseits des Wasserlaufes saß, bevor es mir zu langweilig wurde und ich seinem Beispiel folgte. Die Nacht war still und schwarz, und die einzigen Geräusche kamen vom Knacken der ausglühenden Kiefernzweige im Feuer und dem Zischen der kleinen Flammen, die über das harzreiche grüne Holz huschten. Bald schlief auch ich.
Es war ein fürchterlicher Traum. Ein jäher Schmerz durchbohrte meine Seite, und über mir stand lächelnd Georghe Barras. »Ich wollte sichergehen, dass du für dies wach bist,
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