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Tenebra 2 - Dunkle Reise

Tenebra 2 - Dunkle Reise

Titel: Tenebra 2 - Dunkle Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Luckett
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kann. Trotzdem wurde die Markierung durch den Regen, den wir hatten, teilweise ausgewaschen, und sogar der Nordmann blieb zurück, als wir dem Bachlauf folgten. Dann hatte Grames ein wenig Glück – eine Trockenperiode, die anfing, als wir den Bach verließen. Sie dauerte beinahe drei Tage, bis jetzt, und die ganze Strecke über markierte er unsere Fährte. Und der Nordmann konnte wieder aufholen, übersah nicht die entscheidende Richtungsänderung und verlor keine Zeit mit der Verfolgung unserer präparierten falschen Fährte. Nein, wenn ich es recht bedenke, hatte Grames zweierlei Glück. Das zweite ist, dass ich den Verstand verliere, den ich zu besitzen pflegte.«
    »Willkommen in der großen Gemeinde. Warum fragte ich nicht, warum…«
    »Ich fragte nicht, warum er den Wasserschlauch mitführte.«
    »Warum hättest du ihn danach fragen sollen? Ich nahm es bloß für ein Zeichen, dass er in solchen Dingen dumm und unerfahren ist. De Castros Gesetz, Will: Erscheine stets dümmer, als du bist. Obwohl das in meinem Fall schwierig gewesen wäre.« Arienne kam zurück, und eines der Pferde, die sie führte, trug die Schaufel im Gepäck. Wir begruben Grames mit allem Respekt, den wir jemandem schuldeten, der uns hereingelegt, sehr wahrscheinlich sogar zerstört hatte und auf der anderen Seite vergnügt lachend auf uns wartete.
     

KAPITEL XII
    »Das war das Dunkel«, sagte Arienne. Ich widersprach ihr nicht. Wir hatten auf der Straße die größtmögliche Marschleistung vollbracht, aber es wurde wieder Abend, und wenn wir die Straße nicht im Dunkeln verlieren wollten, mussten wir bald Halt machen.
    »Ich fühlte es zum ersten Mal«, fuhr sie mit Bitterkeit fort. »Den Kitzel der Macht. Erregend, berauschend, prickelnd vor Stärke. Es war wundervoll, wie ein Traum wundervoll ist, aber gerade an dem Punkt, da er in den Alptraum umschlägt. Als ob die Welt ein Spielzeug wäre, ein Ding, das zu meinem Vergnügen gemacht ist. Ein Feuer, das Funkenschauer versprüht, und jeder Funke ist ein lebendiger Geist, und alle unterstehen meinem Befehl. Alles, was ich vorher getan hatte, war nichts, verglichen damit.« Sie schauderte. »Ich möchte das nie wieder fühlen, und doch… und doch will ich es. Ich werde mein Leben lang den Wunsch verspüren.« Ihre Stimme war tonlos geworden. Sie war müde, aber das war nicht der Grund. Sie war angewidert von sich selbst und von mir. Wir gingen zusammen, aber ohne uns zu berühren.
    Die Nacht senkte sich herab, trostlos wie das Grab eines Bettlers. »Was haben wir getan?«, fragte sie mich in ihrer Angst, und ich hatte keine Antwort. Ich wagte sie kaum anzusehen. Auch ich war von Will Parkin angewidert. Und ich hatte den Ausdruck in Silvus Gesicht gesehen. Das machte es einhellig.
    Und ich schämte mich. Inwieweit unterschieden sich die Anforderungen, die ich an sie gestellt hatte, von Grames'? Wütend und voll Vergeltungsdrang, sekundenlang völlig außer mir, hatte ich von ihr verlangt, dass sie ihr Talent gebrauche, um die Natur für meine – schädlichen – Zwecke zu verbiegen. Es war nichts anderes als das, was Grames von ihr gewollt hatte, und was das Wesen des Dunkels ist. »Nichts weiter als ein Kürzel für menschliche Schlechtigkeit«, hatte Silvus einmal gesagt.
    Menschliche Schlechtigkeit? Ha! Hier bedurfte es einer genaueren Formulierung. Diese Schlechtigkeit war meine und niemandes sonst. Weshalb unterschied ich mich dann von Grames? Oder von Nathan, was das betraf?
    Es war so einfach gewesen, so natürlich. Ich hatte Grames' Tod gewünscht, und nun war er tot. Es nützte nichts zu sagen, er habe den Tod verdient gehabt. Gewiss hatte er es in einer Weise. Oder vielleicht nicht? Mehr als diese armen Kerle, die wir aus dem Hinterhalt niedermachten? Wenigstens waren sie bewaffnet gewesen und hatten eine Chance gehabt. Wir hatten unser eigenes Leben riskiert, um sie zu überwältigen. Den Beruf eines Kriegers zu ergreifen, ist das Gleiche wie die Unterzeichnung des eigenen Todesurteils. Mit aufgeschobener Vollstreckung, hofft man, aber die Gnadenfrist wird früher oder später ablaufen.
    Ich schnaubte. Na und? Man konnte das Gleiche über das Leben selbst sagen. Jede Geburtsurkunde ist langfristig ein Todesurteil, und niemand hat es wirklich verdient.
    Aber dieser Tod, dass Grames in dieser Weise umgekommen ist, dies war unnötig gewesen. Ich hätte ihn gehen lassen können. Was für einen Unterschied machte es für uns, wenn er triumphierend davonlief, um sich Barras

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