Tentakel-Trilogie 3: Tentakelsturm
unkalkulierbar, so aber haben wir immer noch eine gute Chance.«
Rautenbach nickte. »Wir beeilen uns, so gut wir können.«
Sein Gesicht verschwand.
»Benachrichtigen Sie Cramer«, befahl Haark. »Sobald die Khan runterfährt, bleiben wir in Formation.«
»Bleiben in Formation, mon Capitaine«, bestätigte Wong und flüsterte in ihr Kehlkopfmikro.
Die drei Kreuzer verlangsamten ihre Beschleunigung. Sofort korrigierten die georteten Tentakelschiffe ihre Anflugvektoren. An der grundsätzlichen taktischen Situation änderte sich nichts.
»Erreichen Reichweite Max in zwei Minuten«, meldete der Spezialist, der an der Armierungskonsole saß. Das bedeutete, dass die Station von dort an zumindest theoretisch von den neuen Raketen erreicht werden konnte. Das war vor allem deswegen theoretisch, weil sie dann keinerlei automatische Ausweichmanöver gegen Abwehrraketen der Tentakel fliegen konnten, da die Stützmasse gerade so ausreichen würde, um das Ziel zu erreichen. Es machte keinen Sinn, wertvolle Sprengköpfe auf diese Art und Weise zu riskieren und wahrscheinlich zu verschwenden.
Sie mussten eindeutig näher ran.
Haark nickte und nahm die Meldung zur Kenntnis. Jeder hier brannte darauf, die Salven abzufeuern und so schnell wie möglich aus der Kampfzone zu verschwinden, die kleine Hoffnung zu nähren, dieses Unternehmen lebend zu beenden. Auch Haark konnte sich davon keinesfalls frei machen. Es gehörte aber derzeit ganz sicher nicht zu seinen Prioritäten.
»Multiple Abschüsse, multiple Sektoren!«
Haarks Aufmerksamkeit widmete sich der Ortungsanzeige. Die Tentakel hatten keinerlei Skrupel, ihr sicherlich reichhaltiges Waffenarsenal auch für einen Glückstreffer zu entleeren. Automatische Waffenstationen hatten mit dem Abschuss der Fernwaffen begonnen. Es waren erst nur wenige, aber Haark konnte mit ansehen, wie die Ortung die Zahlen beinahe jede Sekunde nach oben korrigierte.
»Kampfcomputer plottet Alternativkurs!«
Basierend auf den Erfahrungen, die man mit Tentakelraketen gemacht hatte, schlug der Kampfcomputer alternative Angriffskurse vor, mit denen man Teile des Schwarms, die auf die Kreuzer zuschnellten, vermeiden konnte. Vor Haarks Augen flimmerten die zentralen Daten, die zueinander in Relation gesetzt werden mussten: wahrscheinliche Trefferzahl versus Flugdauer versus idealer Anflugvektor auf das endgültige Ziel. Das ideale Verhältnis dieser drei Faktoren mochte auf den ersten Blick auch wie der ideale Anflugkurs aussehen, dennoch war Haark eher versucht, Geschwindigkeit den Vorrang zu geben. Die Verringerung ihrer Triebwerksleistung durch die notwendigen Reparaturen auf der Khan machte die Kalkulation nicht einfacher.
»Wir nehmen Kursalternative 7«, wies er schließlich an und wusste, dass die Berechnungen sofort an die anderen Kreuzer übermittelt wurden. Die Tatsache, dass sich keiner der anderen Kommandanten sofort bei ihm beschwerte, war ein Indiz für die Tatsache, dass sie auch nicht mit einer besseren Idee aufwarten konnten. Haark war für diese kleine Bestätigung dankbar, denn die Nervosität, die er fühlte, steigerte sich eher noch, als dass sie abnahm. Es stand zu viel auf dem Spiel, als dass er die innere Ruhe finden konnte, nach der er sich sehnte. Dennoch musste er nach außen hin, für die anderen Besatzungsmitglieder, ein Abbild völliger Selbstbeherrschung und kühler Überlegenheit abgeben, denn ob er es nun mochte oder nicht: In Kampfsituationen oder kritischen Lagen jeder Art war der kommandierende Offizier der »Fels in der Brandung«. Konnte er nicht wie ein Anker für die Ängste und unausgesprochenen Sorgen seiner Leute sein, an dem sie sich mental festklammern konnten, hätte dies gravierend negative Konsequenzen für die Moral der Mannschaft.
Um seine eigene Moral musste er sich eben selbst kümmern.
Die Belisarius schüttelte sich etwas, als eine Salve von Anti-Raketen-Raketen die Mündungen der Werfer verließ. Kein Mensch konnte die Abschusssequenzen so exakt kalkulieren wie der Computer. In gewisser Hinsicht war Haark während des Kampfes nicht mehr als ein Passagier an Bord seines eigenen Schiffes. Das Einzige, was er wirklich entschied, war die große Strategie. Das Schiff kämpfte für sich selbst, folgte nur generellen Leitlinien und das war auch besser so. Mikromanagement war in diesem Falle eine sichere Methode, um auf alberne Art und Weise Selbstmord zu begehen.
Die Kursänderung zeigte nicht viel Wirkung, das hatte Haark aber auch nicht erwartet.
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