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Tentakelblut (German Edition)

Tentakelblut (German Edition)

Titel: Tentakelblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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Auge. Er hatte große Bedenken, direkten Kontakt mit dem Insassen aufzunehmen, denn er ging davon aus, dass auch die Tentakelhäscher alles genau beobachteten und nur darauf warteten, dass jemand versuchte, den Gefangenen zu befreien. Es war zu befürchten, dass Slap dann auch sehr rasch in so einem Käfig sitzen würde, und er war sich keinesfalls sicher, dass er sich daraus würde befreien können.
    Nach einer Stunde des Lustwandelns hatte er zwei Tentakel ausgemacht, deren Verhalten er so interpretierte, dass sie Beobachter für die Autoritäten waren, vielleicht zwei der Jäger persönlich, die nur darauf warteten, erneut zugreifen zu können. Er würde diese beiden erwischen müssen, ehe er sich mit dem Gefangenen befasste, und er musste es so machen, dass niemand es merkte – und auf ihn zurückführte.
    Eine schwierige Aufgabe.
    Er setzte sich an einem schönen Springbrunnen – die Tentakel zeigten in ihrem Virtuum wirklich einen pervers vertrauten Geschmack für die Ästhetik öffentlicher Räume – und musterte die beiden Zielobjekte. Sie wanderten umher, sahen sich um, näherten sich dem Käfig aber nie zu weit. Slap sah, dass einer der beiden sich gerne in einer kleinen Baumgruppe verbarg, um von da aus den Gefangenen und seine Umgebung zu beobachten. Als der Tentakel wieder einmal dorthin verschwand, schloss Slap seine zahlreichen Augen und …
    Öffnete sie wieder.
    Er wartete.
    Niemand kam zum Vorschein.
    Das war auch korrekt so. Der Tentakelavatar dieses Aliens sollte ausgelöscht sein – und nicht nur er. Auch seine körperliche Entsprechung im dreidimensionalen Raum musste jetzt tot sein, wenn Slap alles richtig gemacht hatte. Er beobachtete, wie das zweite Zielobjekt etwas verwirrt dastand – es hatte offenbar mit dem Wiederauftauchen seines Kollegen gerechnet – und dann tat, was Slap sich erhofft hatte.
    Der zweite Tentakel ging nachsehen.
    Slap reckte sich der wärmenden Sonne entgegen. Die Illusion war perfekt und angenehm. Aus dem Tentakeltraum würde man in friedlicheren Zeiten mindestens ein Urlaubsparadies machen können. Allerdings würde das Ticket recht teuer werden – der Energieaufwand für den Zugang war erheblich, und wenn man sich in diesem Virtuum plötzlich darauf programmiert fühlte, seiner Ehefrau auf die Frage »Sehe ich im blauen Kleid eigentlich zu dick aus?« die Wahrheit sagen zu müssen … das könnte den Urlaubsgenuss dann doch erheblich einschränken. Die Lüge gehörte zu Freizeit und Wohlbefinden. Drei Wochen jemand anders sein – und nicht genau so, wie man wirklich war.
    Also keine gute Idee.
    Der zweite Tentakel erreichte die Baumgruppe, zögerte kurz und verschwand dann darin.
    Slap schloss die Augen. Tentakel hatten keine Stirn, die sie in Falten legen konnten, also tat Slap nichts weiter, als sein Gesicht in die Sonne zu recken, was nicht weiter auffällig war, da dies viele andere Tentakel ebenso taten. Er mochte nicht darüber nachdenken, wie menschlich sich die mörderischen Aliens zu verhalten in der Lage waren. Ein Wissenschaftler hatte ihn einmal davor gewarnt, die Tentakel zu »vermenschlichen« – er würde damit Trugschlüssen Tür und Tor öffnen, die sich eines Tages als fatal erweisen könnten.
    Slap öffnete seine Augen. Der zweite Tentakel sollte jetzt eigentlich erledigt sein.
    Er wartete noch einige Minuten, um zu sehen, ob jemand nachsehen kam, aber nichts passierte. Slap erhob sich und wanderte auf den Käfig zu, warf immer wieder Seitenblicke auf den Bereich, in dem er die beiden Beobachter erledigt hatte, dort tat sich jedoch rein gar nichts.
    Dann hatte er den Käfig erreicht. Er war der einzige Tentakel in Reichweite. Die anderen in der Gegend hatten ihre Neugierde bereits befriedigt.
    »Saubere Arbeit«, sagte der Gefangene.
    Slap beherrschte sich mustergültig. Damit … aber gut.
    »Danke.«
    »Du hast große Macht im Virtuum. Beeindruckend. Ich vermute, dass du gar kein Tentakel bist.«
    »Das stimmt.«
    »Beeindruckend, wie gesagt. Du musst nur vorsichtig sein. Macht führt zu Übermut. Das hätte auch mächtig ins Auge gehen können.«
    Slap ignorierte den wohlmeinenden Ratschlag. Der Gefangene machte einen leutseligen Eindruck, obgleich er ihn nur verstehen konnte, weil im Tentakeltraum alle Gedanken in das Idiom der Aliens verwandelt wurden. Es war keinesfalls so, dass alle Tentakel die gleiche Sprache sprachen, wie Slap zu seinem Erstaunen gelernt hatte. Jeder genetische Clan pflegte auch in der Kommunikation seine

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