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Tentakelblut (German Edition)

Tentakelblut (German Edition)

Titel: Tentakelblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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außen drohte keine Gefahr und bestand, im Grunde, keine Chance auf Befreiung. Und der Gefangene hatte diesen Zwinger noch verstärkt, sodass man ihn von außen ebenso wenig öffnen konnte wie von innen, und es war immer noch die Rede von einer Bombe.
    Das hielt Slap für einen Bluff.
    Er musterte die schimmernden Stäbe des Käfigs aufmerksam. Er durfte kein Aufsehen erregen, dennoch galt es herauszufinden, ob er diese Falle zu überwinden in der Lage sein würde. Möglicherweise saß darin ein Verbündeter. Tatsächlich war sogar mit Sicherheit davon auszugehen.
    Anzusehen war es dem Gefangenen nicht. Wie Slap hatte er sich die Standardform eines virtuellen Tentakels gegeben. Er unterschied sich rein »visuell« in nichts von den Schaulustigen, die den Käfig betrachteten, sich leise über seine Effizienz und Effektivität unterhielten und darüber, dass sein zentraler Mangel die Tatsache sei, dass der Insasse, sobald man das Gefängnis öffnen würde, sogleich verschwinden könne und man ihn daher vorerst schlicht vor Ort lassen müsse. Ganz abgesehen davon, dass niemand das verdammte Ding aufbekomme.
    Slap sah sich um. Auch bei den herumstehenden Tentakeln konnte man nicht sicher sein, ob sich darunter einer der berüchtigten Jäger befand oder nicht. Der Käfig stand auf einer Art Platz vor einem großen Gebäude, das die Datenbanken beinhaltete und damit nicht mehr als die architektonisch einfallsreiche Manifestation eines Datenzugangspunktes war. Eingebettet war das Gebäude wie immer in eine schöne Parklandschaft.
    Der Platz war gut besucht. Tentakel lustwandelten umher und betrachteten den Käfig als eine weitere Attraktion, bei der man einen Moment innehielt, kluge oder weniger kluge Spekulationen äußerte, um dann den Weg fortzusetzen. Slap fand es interessant, dass der sich nur schwach bewegende Insasse weder angesprochen noch beschimpft wurde. Er selbst redete auch nicht, obgleich sein Begleiter der Ansicht war, dass Kommunikation durchaus möglich war. Es interessierte schlicht niemanden, was dieses Wesen zu sagen hatte. Es war keine Bedrohung, sondern nur noch eine Art lebendes Artefakt, das ein mildes Interesse zu wecken in der Lage war. Es würde darin verbleiben, bis der Originalkörper des Gefangenen seinen Geist aufgab und damit die Verbindung ins Virtuum auf biologischem Wege beendete.
    Das konnte einige Zeit dauern. Den Tentakeln war es egal.
    Slap aber nicht.
    »Woher der Gefangene wohl kommt?«, überlegte sein neuer Freund laut.
    »Er hat gar nichts gesagt?«
    »Gar nichts.«
    »Und man weiß sonst auch nichts? Keine Daten, die auf seine Herkunft schließen lassen könnten?«
    »Keine. Zumindest hat man uns nichts davon erzählt. Vielleicht weiß jemand etwas.«
    Slap schaute dem Gefangenen in den optischen Organkranz, der seine Augen darstellte. Es war sehr schwer zu ermessen, ob der Blick erwidert wurde, da die Pupillen starr waren und normalerweise nur eine größere Kopfbewegung zeigte, ob ein Tentakel die Blickrichtung wechselte. Tentakel hatten theoretisch eine 360-Grad-Sicht, praktisch jedoch nutzten sie nur zwei bis drei ihrer Augen mit höchster Aufmerksamkeit, während der Rest mehr den diffusen Rand ihres Blickfeldes ausmachte. Slap war dafür durchaus dankbar, denn in seinem Tentakelavatar musste er sich mit den körperlichen Besonderheiten der Aliens auseinandersetzen und er war sich ziemlich sicher, dass eine permanente 360-Grad-Sicht ihn schnell in den Wahnsinn getrieben hätte.
    Jedenfalls bewegte der Gefangene seinen Kopf nicht. Er saß regungslos da und wirkte wie aus Stein gemeißelt.
    »Es wird langweilig, ihn allzu lange anzustarren«, sagte Slap. »So erfahren wir nichts.«
    »Andere kümmern sich um dieses Problem. Er wird irgendwann verschwinden – oder für immer hier gefangen sein, wenn sein Echtkörper durch medizinische Maßnahmen am Leben erhalten wird. Oder er wird irgendwann wahnsinnig und bettelt um sein Ende.«
    »Das könnte störend wirken.«
    »Vielleicht haben wir bis dahin eine Möglichkeit, den Käfig auch zur Exterminierung zu nutzen«, erklärte sein Gefährte und machte eine Tentakelbewegung, die Slap als Ausdruck von Verachtung oder Gleichgültigkeit interpretierte.
    Sie blieben noch eine Weile stehen, bis sich Slaps neuer Freund mit dringenderen Aufgaben verabschiedete. Slap begann daraufhin, auch um nicht durch besonderes Interesse an dem Zwinger allzu sehr aufzufallen, durch die Parklandschaft zu wandern. Er behielt unterdessen den Käfig im

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