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Tentakelwacht

Tentakelwacht

Titel: Tentakelwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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finden, aber da war nichts. Er betrachtete wieder die Vorderseite. Eigentlich hätte er den Fetzen jetzt einfach fortwerfen und sich wieder seinem Kaffee zuwenden können, doch spürte er, wie die Neugierde in ihm wuchs. Er steckte das Papier schließlich ein. Mit etwas Pech hatte er an dem Tag keinen Ausgang und die Sache war irrelevant. Dennoch wunderte ihn, dass die Frau ihn als Träger einer elektronischen Fußfessel so zielsicher ausgesucht hatte. Wenn es hier um eine illegale Aktivität ging – und das war so gut wie sicher –, dann würde die Fußfessel sich als großes Risiko herausstellen. Und wenn sie tatsächlich kein Risiko war, verfügten die Verfasser dieser Nachricht über die Mittel, die Signale der Fessel nicht nur zu stören – was sofort den Alarm auslösen würde –, sondern so zu manipulieren, dass sie keine Gefahr mehr waren. Und wenn das der Fall war … Robys Gedankengang war so weit gediehen, dass er seine intensive Neugierde förmlich mit Händen greifen konnte. In ihm reifte der Entschluss, dieser Einladung zu folgen, sollte er die Chance dazu erhalten,.
    Obgleich er sich danach weiter darum bemühte, den Nachmittag zu genießen, hatte ihn doch eine starke innere Unruhe erfasst. Der Kaffee schmeckte ihm nicht mehr. Er ertappte sich dabei, wie er immer wieder nach dem Papier in seiner Tasche tastete und seine Gedanken sich in Spekulationen verloren.
    Genervt von sich selbst erhob er sich schließlich, wanderte zurück zur Kaserne und betrat die Anlage. Was auch immer hinter dieser mysteriösen Einladung stecken mochte, diesen freien Nachmittag hatte sie ihm jedenfalls schon einmal gründlich verdorben.
        
     

15
     
    Slap hatte langsam die Schnauze voll von der Raumfahrt. Im Gegensatz zu dem Transportschiff, das ihn zum Mars geschafft hatte, war der Schnelle Kurier Kovaleinen ein kleines Schiff, ausgelegt auf Geschwindigkeit und ausgestattet mit vier Einzelkabinen für hochgestellte Militärs. Slap hatte eine davon ganz für sich allein, ein ungewohnter Luxus. Er führte auch dazu, dass er sich mangels Gesellschaft furchtbar zu langweilen begann. Außer ihm waren noch die beiden Piloten an Bord. Diese hatten offenbar die Anweisung erhalten, nicht allzu viel mit ihrem Passagier zu reden, jedenfalls waren sie bemerkenswert einsilbig, wenn er einen von ihnen in der engen Messe bei der Mahlzeit traf. Nach zwei Tagen hatte Slap es aufgegeben, eine Konversation zu beginnen, und ließ die Piloten in Ruhe. Nach zwei weiteren Tagen hatte er festgestellt, dass das Unterhaltungsprogramm, das im Datenkern des Kuriers gespeichert war, seit gut einem Jahrzehnt nicht mehr aktualisiert worden war. Als er merkte, dass sein Gehirn sich nach Betrachten einer außergewöhnlich schlechten Soap-Opera zu verflüssigen begann, schaltete er ab. Einen weiteren Tag verbrachte er damit, gegen die Decke zu starren und viel zu schlafen. Irgendwann kam es ihm so vor, als würde er Stimmen hören. Das war zu viel. Er hatte bis zum Jupiter noch einen über vier Wochen währenden Flug vor sich, trotz der hohen Beschleunigungswerte der Kovaleinen, und er nahm sich vor, alles in seinen Kräften Stehende zu tun, um nicht wahnsinnig zu werden.
    Er tat schließlich das, was er in solchen Situationen immer tat.
    Er holte sein altes Tablet hervor. Das Gerät war gute zwanzig Jahre alt, völlig abgestoßen und zerkratzt. Man hatte es ihm als Privatbesitz gelassen, als er vom Gefängnis in die Streitkräfte eingetreten worden war. Natürlich hatten die Experten der Armee das Tablet gründlich »gereinigt« und all die despektierliche Software gelöscht, die mit Slaps vormaliger Profession zusammenhing. Ihrer Ansicht nach war das Gerät jetzt bloß ein komplett veraltetes Stück Hardware mit einigen ebenso antiquierten Dienstprogrammen, die nicht einmal gescheite Schnittstellen für aktuelle Anwendungen besaßen.
    Völlig ungefährlich. Als er sein Gepäck bekommen hatte, um den Flug zum Jupiter anzutreten, durfte er auch die alte Gurke wieder in Empfang nehmen. Ein paar alberne Spiele stellten kein Sicherheitsrisiko dar.
    Slap gestattete sich ein wölfisches Grinsen.
    Er aktivierte das Tablet und summte dabei leise vor sich hin. Dass sich in den scheinbar harmlosen antiquierten Dienstprogrammen die zentralen Elemente der Hackersoftware verborgen hielten, sorgsam verwoben mit völlig harmlosem Code und nur zusammengefügt und dann aktiv, wenn Slap es befahl, hatten die sogenannten Experten des Militärs nicht

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