Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tentakelwacht

Tentakelwacht

Titel: Tentakelwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
Vom Netzwerk:
Informationen an die Hand geben, die für Sie von Bedeutung sein könnten, wenn die Tentakel landen. Sie können diese Informationen ignorieren oder sie nutzen, wenn es so weit ist. Sie können Sie sogar den Behörden oder Ihren Vorgesetzten mitteilen, wenn Sie meinen, damit etwas Sinnvolles zu tun – tatsächlich wird dies aller Voraussicht nach keine Auswirkungen haben. Unsere Informationen sind praktischer Natur, sie sind eine Art Lebensversicherung – aber sie werden das grundsätzliche Problem, wie Sie Ihr Leben und Ihren Beitrag zum Widerstand nach der Invasion zu organisieren gedenken, nicht lösen.«
    Roby fand, dass der Mann einen guten Beitrag zur allgemeinen Verwirrung geleistet hatte. Immerhin sorgte er auf diese Weise dafür, dass überall weiterhin gespannte Aufmerksamkeit herrschte.
    »Ich führe Sie zurück in die Zeit nach der ersten Invasion, jene gut 25 Jahre währende Phase, die heute in den Geschichtslektionen als die Zeit des Zerfalls oder des Chaos bezeichnet wurde, in die dann die Militärintervention des neu organisierten Oberkommandos auf dem Mars wieder Ordnung und Ruhe gebracht hat. Das ist natürlich nur eine Sichtweise. Sie ist insofern korrekt, als die Militärdiktatur der Sphäre heute den einzig gültigen Ordnungsrahmen darstellt und auch leidlich funktioniert. Sie ist insofern falsch, als diese 25 Jahre nicht nur eine Phase der Barbarei und des staatlichen Chaos waren, sondern auch eine Zeit, in der Dinge aufgebaut und vorbereitet wurden.«
    Der gute Reverend machte eine Pause und atmete laut ein. Dann winkte er der Frau.
    »Bella, wenn du so gut wärst?«
    Es wurde dunkel im Raum, als elektrische Rollläden sich über die Fenster senkten. Ein in der rückwärtigen Wand verborgener Projektor wurde aktiviert und Roby stellte mit Entsetzen fest, dass er eine weitere Mindfucking-Präsentation zu Gesicht bekommen würde, von der die Ersteller annahmen, dass sie einen komplexen Sachverhalt adäquat darstellen würde. Nach Robys Erfahrung sorgten sie aber nur dafür, einen komplexen Sachverhalt dermaßen zu vereinfachen, dass am Ende niemand mehr wusste, warum man sich darüber überhaupt noch unterhielt.
    Er unterdrückte ein Seufzen und zwang sich zur Aufmerksamkeit.
    Das war auch gut so.
    Er bekam einiges zu sehen.
        
     

17
     
    Die Raumstation schwebte direkt über dem großen, roten Auge des Jupiter in einem geostationären Orbit, etwa 200 Kilometer von den äußersten Schichten der Atmosphäre entfernt. Diese relative Nähe führte dazu, dass der gigantische Ball des Gasgiganten sehr schnell alle optischen Sichtfelder ausfüllte und man bald nichts mehr sah als die Schlieren der wütenden Atmosphäre und den drohenden Blick des unermesslich großen Wirbelsturms. Slap wusste, es gab Phasen, in denen sich der rote Fleck auflöste, weil die atmosphärischen Bedingungen sich änderten, aber dann, nach einer gewissen Pause, baute sich der Wirbelsturm wieder auf, um wieder über Jahrzehnte mehr oder weniger ungestört vor sich hin zu rotieren.
    Slap wusste dies so genau, weil es etwas mit dem Grund dafür zu tun hatte, warum er hier war. Er saß auf dem Notsitz des Kurierschiffes und starrte auf den Jupiter, beeindruckt, ja eingeschüchtert von dessen gigantischen Ausmaßen und dieser bemerkenswerten Ausstrahlung von Macht, den Menschen gegenüber gleichgültiger, ja abfälliger Autorität.
    Er übersah die Station beinahe, die sich langsam ins Blickfeld schob. Sie war groß, ein beeindruckendes technisches Kunstwerk, eine Spindel mit mehreren Ausbuchtungen und Ablegern, die träge um die Zentralachse rotierten. Die Station, die offiziell gar nicht existierte, war die Achse hoch gut anderthalb Kilometer lang und beherbergte, wie Slap den gehackten Datenquellen entnommen hatte, gut 600 Mitarbeiter der Wissenschaftsabteilung der Flotte, kontrolliert – nein, beschützt – von weiteren 150 Geheimdienstmitarbeitern und Marinesoldaten. Eine Welt für sich. Klein und aufgrund der reichhaltigen Wasserstoffvorkommen direkt vor ihrer Nase fast völlig autark, mit hydroponischen Anlagen und einer automatischen Nahrungsmittelfabrik, die irgendwelches synthetisches, aber nahrhaftes Zeug herstellte. Die größte Gefahr für diese Station lag in einem Angriff der Tentakel, und auch darauf hatte sie sich vorbereitet. Sie starrte vor Waffen, war umgeben von mehreren Hüllen von Kampfsatelliten und Raketenbatterien. Sie war nicht unüberwindlich – nichts war unüberwindlich –, aber sie war

Weitere Kostenlose Bücher