Terminal 3 - Folge 4: Weiche Ziele. Thriller (German Edition)
versuche seinem Blick standzuhalten.
»Marc, das mit Ihrer Mutter tut mir leid. Brauchen Sie eine Auszeit?«
»Nein. Ich würde einfach nur gern arbeiten.«
Mein Chef stößt ein Brummen aus. Ich kann es nicht deuten.
»Wo haben Sie so zu kämpfen gelernt?«, fragt er dann.
»Ich betreibe asiatische Kampfkunst«, erwidere ich leise. »Burmesische.«
»Burmesische?«, wiederholt Mr Fanlay. »Aha …«
»Es wird Zeit.« Rachel reicht dem Chef die Unterlagen für die Besprechung. Sie weiß, dass er Wert darauf legt, bei der Flughafenleitung überpünktlich zu sein.
Mr Fanlay blickt auf die Uhr an der Wand. »Führen Sie den Nachwuchs gleich ein wenig herum, Marc. Das wird Sie auf andere Gedanken bringen.«
Er geht. Ich habe ihn enttäuscht. Dabei ist es mir so wichtig, zu seinem Team zu gehören.
Der Beruf ist wie ein Anker in meinem Leben.
»Ups!«, macht Rachel, als Mr Fanlay den Raum verlassen hat. »Jetzt habe ich doch tatsächlich die Aufnahmen von der kleinen Auseinandersetzung mit den Glatzköpfen gelöscht.«
Sie zwinkert mir zu. Die Zigarette wippt dabei in ihrem Mundwinkel.
Zwei Männer und zwei Frauen. Sie sind alle zwischen zwanzig und dreißig. Den Zettel mit ihren Namen habe ich in der Jackentasche. Die Schwarzhaarige, sie heißt Dolores, ist sehr nett und stellt schlaue Fragen bei dem Rundgang. Ihre Kollegin ist hingegen etwas schüchtern.
Ich versuche möglichst locker zu sein. Obwohl das noch nie meine Stärke war.
Mit meiner Keycard haben wir Zutritt zu den sicherheitsrelevanten Bereichen des Terminals. Ich zeige ihnen das endlose, vom Terminal abgekapselte Labyrinth der Fließbänder im Gepäckfördersystem. Die Kontrollen auf Waffen und Sprengstoff. Eben den ganzen Laden.
Einer der beiden Männer, ein etwas schlaksiger Bursche mit blonden Stoppeln, wundert sich, dass ich keine Waffe trage.
»Das hängt immer von der Situation ab«, erwidere ich. »Bei euch hielt ich eine Pistole für nicht erforderlich.«
Dolores lacht. Der Blonde stimmt mit ein.
»Außerdem sind wir in verbaler Deeskalation geschult.«
Und ich denke: Dabei hättest du eben beinahe einen umgebracht.
Desmond Asher
Ein ergiebiger Tag liegt hinter mir.
Ich habe ihn mit Frühsport begonnen und beende ihn mit einem Film.
Dabei ist die Handlung nicht so wichtig.
Meine Auswahlkriterien sind Waffen und deren Opfer. Ich unterscheide da nicht zwischen gut und böse. Das ist ohnehin unmöglich.
Die Menschen sind unzulänglich. Es ist eine Beleidigung, dass sie sich der Degeneration hingeben.
Anstelle nach Vollkommenheit zu streben.
Deshalb ist es auch nutzlos, Gefühle an sie zu verschwenden.
Keine Liebe, noch nicht einmal Mitleid.
Deshalb muss ich auch nichts bereuen. Im Gegenteil. Ich sorge für Erlösung.
Kaum vorstellbar, was aus Bobby Lahmarsch geworden wäre, wenn ich ihn gelassen hätte.
Manche Menschen unterliegen halt dem Irrtum, sich und ihren Nachwuchs ungestraft über die Welt verteilen zu dürfen.
Mein Vater ging zur Jagd. Er hatte ein Dutzend Gewehre. Wenn ich mir mal eines davon auslieh, während er auf der Arbeit war, fiel das gar nicht auf.
Ich zog mit Matschbirne häufig durch die Wälder. Einmal, Bobby warf Steinchen in einen Bach, zielte ich mit dem Gewehr auf seinen Hinterkopf. Ich stellte mir vor, wie ich ihn aus nächster Nähe erschießen würde.
Ein irres Gefühl!
Aber ich war ja nicht blöd. Ich habe nur laut peng gemacht. Bobby drehte sich um und lachte dämlich.
Er hielt das für einen Witz.
Da habe ich ihm gezeigt, dass er hier der Witz war. Ich schubste ihn in den Bach. Der war zwar nur einen halben Meter tief. Doch ich hielt Bobbys Kopf so lange unter Wasser, bis er mit dem Zappeln aufhörte. Dann habe ich ihn treiben lassen. Er verhedderte sich fünfzig Meter weiter im Ufergestrüpp, und ich ging nach Hause.
Niemand ist auf mich gekommen. Ich habe gesagt, dass wir uns heute gar nicht getroffen hatten.
Heute weiß ich, warum alles so einfach war.
Weil ich auserkoren bin.
Denn es gibt eine höhere Macht.
Und ich bin ihr Werkzeug.
Für diese Bestimmung bin ich sehr dankbar.
Mit einem Mal werden die Schreie und Schüsse aus dem Fernseher leiser.
Ich schließe die Augen.
Sie sprechen zu mir. Sie, die höhere Macht. Sie sind namenlos. Haben mich heute den ganzen Tag begleitet. Ich bin nie allein.
Sie loben mich.
Auf dem Bildschirm wird ein Mann mitten ins Gesicht getroffen.
Der Kerl ist ein Weichziel. So nennt man beim Militär nicht gepanzerte Ziele. Also auch
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