Terminal 3 - Folge 5: Die Methode Bronsky. Thriller (German Edition)
Dukakis leise ächzen zu lassen. »Der Spezialist hat versucht seinen Auftrag unter allen Umständen zu erledigen. Aber was hast du stattdessen getan?«
Dukakis schluckt. Seine Stimme ist ganz rau. »Ich bin mit ins Haus gegangen.«
»Warum?« Bronsky stellt sich direkt hinter Dukakis.
»Weil ich hoffte, dort etwas Wertvolles zu finden.«
Bronsky schnauft. »Einer meiner engsten Mitarbeiter degradiert sich selbst zu einem Dieb und gefährdet damit unsere Geschäfte. Ist das nicht unmanierlich, Sharon?«
»Ja«, sage ich, weil es darauf nur diese einsilbige Antwort geben darf.
»Es wird nicht wieder vorkommen«, winselt Dukakis. Im Schritt des Pyjamas entdecke ich einen großen Fleck. Dukakis hat sich eingenässt. Ich empfinde trotz der Anzüglichkeiten und Beleidigungen, mit denen mich Dukakis stets drangsaliert hat, keinerlei Genugtuung, ihn jetzt so zu erleben.
»Es wird auf gar keinen Fall mehr vorkommen«, stellt Bronsky fest. Aus seiner linken Jackentasche holt er eine schwarze Metallhülse hervor, schraubt sie auf und entnimmt ihr eine Zigarre. Er schnippt mit den Fingern. Bob eilt herbei und gibt seinem Boss Feuer. Nahezu lautlos nimmt Bob wieder seine Position hinter meinem Rücken ein.
Bronsky pafft und schaut dem Rauch nach, der in grauen Kringeln zur Decke aufsteigt.
Dukakis ist ganz still.
»Ich hätte über diese Fehlleistung hinwegsehen können«, beginnt Bronsky. Ich bemerke, dass er mich anspricht und gebe mir Mühe, interessiert auszusehen.
»Ich habe Dukakis gefragt, ob ich ihn direkt bestrafen oder ob lieber jemand aus seiner doch sehr umfangreichen Sippe büßen soll.«
Dukakis winselt wieder, und Bronsky fährt fort: »Ich frage: Soll es ein Neffe sein? Dukakis sagt ja. Ich frage: ein Neffe und eine Cousine? Er stimmt ohne zu zögern zu.«
Bronsky beobachtet den Rauch und schließt dann kurz die Augen. Er spricht weiter, ohne sie zu öffnen. »Eine solche Einstellung ist unmoralisch und vor allen Dingen falsch. Wie soll ich einer Person vertrauen, wenn sie bereitwillig das Leben beliebig vieler Blutsverwandter opfert, um das eigene zu retten?«
Die Methode Bronsky. Dukakis hat sie offensichtlich nicht verstanden.
Dukakis versucht etwas zu sagen, bringt aber nur einen feucht klingenden Laut zustande.
Bronsky öffnet die Augen, greift in die rechte Jackentasche und hält plötzlich eine kleine, kurzläufige Pistole in der Hand.
Er schießt Dukakis in den Hinterkopf. Aus der Distanz von einem halben Meter. Ich stoße einen hellen Schrei aus und presse mir sofort die Hand auf den Mund.
Dukakis kippt nach vorn und schlägt mit dem Gesicht auf den schwarzen Fliesen auf. Blut spritzt im Rhythmus seines Herzschlags aus dem Einschussloch. Hektisch, dann langsamer, schließlich verebbt die Fontäne zu einem Sickern.
Mir wird schlecht. Ich beiße mir fest auf die Lippen. Der Schmerz macht meinen Kopf wieder etwas klarer. Ich darf auf keinen Fall ohnmächtig werden.
»Du bist anders«, sagt Bronsky zu mir und macht einen Bogen um den Toten, um sich nicht die Lederslipper in der größer werdenden Blutlache zu beschmutzen. »Aber du bist bisweilen unachtsam.«
Jetzt geschieht es. Er hat mich nicht nur hierherbringen lassen, um mir eine Hinrichtung zu demonstrieren.
»Ein Kunde hat nicht das Gewünschte erhalten. Besser gesagt, er hat überhaupt nichts erhalten.«
Ich will etwas erwidern, aber er legt mir zwei Finger auf die Lippen.
»Der Kunde äußerte den Verdacht, dass die Lieferung möglicherweise vertauscht wurde. Da wäre ein Mann in einer lächerlichen roten Jacke gewesen. Kannst du mir verraten, um wen es sich da handelt?«
»Bob!« Er winkt den Mann herbei.
Bob stellt sich vor mich. Seine Hand wandert zu meiner Kehle. Er umfasst sie zunächst sanft, dann fester und schließlich drückt er zu.
Bob zerrt mich durch den Raum. Meine Schuhe schleifen über den Boden. Er hält mein Gesicht vor einen Wandspiegel. Ich muss zusehen, wie ich verzweifelt nach Luft ringe, die Augen hervorquellen und alles in einem aufziehenden Nebel verschwindet, den mir mein nach Atem gierender Verstand vorgaukelt. Und ich erkenne Bronsky neben ihm. In dessen Augen blitzt der Wahnsinn.
Dann ist es vorbei. Bob entlässt mich aus seinem Griff. Ich sacke zu Boden, huste und keuche, bis ich mich fast übergeben muss.
»Wasser«, höre ich Bronskys Stimme wie aus weiter Ferne. Bob hält mir ein Glas hin, und ich trinke, obwohl mir jeder Schluck Schmerzen bereitet.
»Ich mache so etwas nicht gern«,
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