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Terra Anchronos (German Edition)

Terra Anchronos (German Edition)

Titel: Terra Anchronos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andree Leu
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leise schließen, als er die schweren Schritte seines Vaters hinter sich hörte.
    „Wir werden heute zur Polizei gehen. Irgendwo muss das Kind ja hingehören.“
    „Nun lass sie doch erst einmal ausschlafen.“ Arnes Mutter drängte die beiden aus dem Türrahmen. Sie hatte einige Sachen des Jungen im Arm, die das Kind anprobieren sollte. „Außerdem werden wir erst ein Paar vernünftige Schuhe kaufen. Mit Holzpantinen lasse ich niemanden aus dem Haus.“
    Es war nun doch so laut auf dem Flur geworden, dass sich im Zimmer etwas rührte. Arne glaubte, Angst im Gesicht des Mädchens zu erkennen, dessen Namen er zu gern in Erfahrung gebracht hätte. Ganz in eine Ecke des Zimmers gedrängt, stand das Mädchen, das Bündel ihres Kleides mit gekreuzten Armen vor die Brust gedrückt, und starrte unverwandt auf den Spalt, der zwischen Rahmen und Tür offen stand. Ehe Arne die Gelegenheit zum Eintreten nutzen konnte, schob seine Mutter ihn zur Seite.
    „Das ist Frauensache. Männer haben hier nichts zu suchen. Geht und wartet in der Stube. Wir kommen, wenn wir fertig sind.“
    Mit diesen Worten schloss sie die Tür und ließ den Kapitän mit seinem Sohn allein zurück. Ratlos sahen die beiden sich an.
    Eine halbe Ewigkeit später, als Arne schon die dritte Tasse Kakao getrunken hatte, kam die Mutter endlich nach unten. Sie sah etwas entmutigt aus, hielt immer noch Arnes Sachen im Arm und setzte sich kopfschüttelnd auf einen Stuhl. Das Mädchen war ihr gefolgt, blieb aber im Türrahmen stehen. Ihr Blick führte sie scheinbar wieder in weite Ferne, denn Arne konnte auf das Mädchen zugehen, sich direkt vor es stellen, ohne dass eine Reaktion erfolgte. Eine unendliche Traurig keit sprach aus den Augen des Mädchens, die Arne fast körperlich spüren konnte. Mit einer langsamen Bewegung fuhr er mit der offenen Handfläche durch ihr Gesichtsfeld. Nicht einmal eine winzige Bewegung der Pupillen zeigte dem Jungen, dass sein Gegenüber überhaupt davon Kenntnis genommen hatte. Es war, als sei das Kind gar nicht anwesend.
    „Wer bist du? Hast du einen Namen?“
    Arne konnte nicht mehr an sich halten. Mit beiden Händen fasste er an die Schultern des Mädchens und rüttelte. Nicht einmal fest. Doch über die Reaktion war er zutiefst erschrocken. Mit einem lauten Schrei sprang sie zur Seite und befreite sich aus Arnes Griff.
    Betroffen schaute der Junge zu seinen Eltern. Diesen kurzen Moment suchte das Mädchen zu nutzen, duckte sich und wollte unter Arnes Armen hindurch zur Tür und nach draußen gelangen. Der Junge versperrte ihr den Weg. Er hat gut daran getan, denn auch wenn es ein wenig schmerzhaft gewesen sein mochte, dass dieses zarte Kind aus dem Gleichgewicht geworfen wurde und gegen die Kommode neben der Tür stieß, so muss man den Vorfall doch als den Beginn einer Freundschaft bezeichnen. Es gab nicht mehr als einen blauen Fleck an der Hüfte, ein paar erschrockene Trä nen und das zerbrochene Glas eines Bilderrahmens, der auf der Kommode gestanden hatte.
    Sofort war die Mutter aufgesprungen und zu dem Kind geeilt. Arne indes stand etwas verlegen abseits und drehte den zerbrochenen Bilderrahmen in den Händen. Das war nicht seine Absicht gewesen. Er wollte sich entschuldigen. Der Vater warf ihm einen auffordernden Blick zu und Arne kniete sich auf den Boden zur Mutter und dem Mädchen. Das Bild legte er auf die Dielen. Im selben Augenblick bemerkte er die Ähnlichkeit der Kleidungstücke. Seine Urgroß mutter hatte sich als junge Frau ablichten lassen. Das Foto war vom jahrelangen Tageslicht blass und vergilbt, doch das war nicht wichtig. Das Kleid, hochgeschlossen, vom Bauch an eng geknöpft und mit Ärmeln, die am Ansatz gebauscht waren, zeigte eine verblüffende Ähnlichkeit zur Kleidung des Mädchens. Arne hob die Fotografie auf und tastete gleichzeitig nach dem Kleid des jungen Mädchens. Zum ersten Mal sah er ein Lä cheln über das Gesicht des Kindes huschen. Sie nahm ihm das Bild aus den Händen und betrachtete es minutenlang. Der melancholische Ausdruck der Augen wich allmählich einem strahlenden Glanz „Komm“, sagte Arne leise. „Ich zeige dir mehr davon.“
    Er stand auf und war selbst verwundert, mit welcher Selbstverständlichkeit das Mädchen folgte. Er führte es, von den Eltern durch das Fenster der Stube beobachtet, über den Hof zur Scheune und die alte Holzstiege hinauf. Aus einem alten staubigen Regal kramte er ein Fotoalbum hervor, das die beiden eifrig durchblätterten. Von Minute zu Minute

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