Terra Anchronos (German Edition)
stinkende Zeug in der Faulkammer auch Seegraswurzeln?“
„Ja! Lass’ mich jetzt bitte wieder raus. Was sol das?“
„Ich habe eine Idee“, antwortete Arne und legte geheimnisvoll den Zeigefinger an seinen Mund, nachdem er die Kiste wieder geöffnet hatte.
Als Martha und Arne zum Abendessen ins Haus gingen, standen im Flur schon die gepackten Koffer.
Wortlos gingen die Kinder weiter.
„Nach dem Abendbrot heißt es Abschied nehmen“, sagte die Mutter bei Tisch und sah beide Kinder an. Sie streckte den Arm aus und streichelte Martha, die ganz elend aussah, mitfühlend über die Wange.
„Es sind nur vier Wochen, Kind. Dann sind wir zurück und du kannst dein Zimmer wieder beziehen.
Schöner wäre es allerdings, wenn Paul Brodersen bis dahin etwas von deinen Eltern gehört hätte.“
Martha warf Arne einen heimlichen Blick zu. Hoffentlich vergaß er nicht wieder al e Vorsicht und verplapperte sich. Vorsorglich stieß sie dem Jungen unter dem Tisch leicht mit dem Fuß gegen das Bein. Doch Arne dachte überhaupt nicht daran, etwas zu sagen. Scheinbar zufrieden biss er in sein Brot und kaute genüsslich.
„Dir fällt es sicher auch schwer, Martha allein zu lassen“, wandte die Mutter sich an ihren Sohn. „Auch wenn du es dir nicht anmerken lässt. Na ja“, sagte sie seufzend und lächelte dabei. „Hast halt eine harte Schale, aber einen weichen Kern.“
„Hat er von mir“, sagte der Kapitän und erhob sich.
„Es wird Zeit. Paul Brodersen wartet sicher schon.“
Es war ein rührender Abschied. Martha schlang ihre Arme um Arnes Hals und weinte bittere Tränen.
Sie mochte den Jungen einfach nicht loslassen, bis der Kapitän die beiden schließlich mit sanfter Gewalt trennte. Martha winkte noch lange aus dem geöffneten Autofenster.
Kaum war das Fahrzeug außer Sicht, flitzte Arne über den Hof und auf den Dachboden. Schnell hatte er die alte Truhe aus der Ecke und auf den Treppenabsatz gezogen. Arne keuchte und stöhnte, während er die Kiste Stufe für Stufe die Treppe hinabgleiten ließ. Es polterte laut und vernehmlich, das war nicht zu vermeiden. Doch endlich war das schwere Stück unten und Arne konnte es durch die Scheune und über den Hof zum Haus ziehen. Völlig außer Atem setzte er sich auf die Truhe und verschnaufte ein wenig. Fast gleichzeitig öffnete die Mutter die Tür und der Kapitän kam mit dem Wagen auf den Hof gerollt.
„Was ist das denn?“, rief Arnes Mutter entsetzt, als sie die Truhe sah.
Neugierig kam der Kapitän näher. „Das kann ich dir sagen: Es ist die alte Seekiste meines Großvaters.
Was die schon alles gesehen hat, das möchte ich gerne wissen.“
„Und ich möchte gerne wissen, was dieses Ungetüm hier vor meiner Haustür zu suchen hat.“
„Das ist meine Seekiste. Die werde ich mit auf die Reise nehmen“, sagte Arne selbstbewusst.
„Kommt gar nicht in Frage!“ Die Mutter scheuchte Arne von seinem Sitz und öffnete den Deckel.
„Riech mal! So ein Muff. In diesen Mief kann man doch keine Sachen legen.“
„Sei doch nicht so“, sagte der Kapitän und nahm seine Frau liebevoll in den Arm. „Die Kiste ist einer Seereise durchaus würdig. Standesgemäß sogar, würde ich sagen.“
„Bitte, Mama.“ Arne schaute seine Mutter mit unwiderstehlichem Augenaufschlag an.
„Ihr macht ja doch, was ihr wollt.“ Der Groll schien aber bereits verflogen.
Wenig später war der Inhalt des Koffers, der für Arne bestimmt gewesen war, in die große Seekiste gewandert. Sie war nur bis zur Hälfte gefüllt.
Überglücklich ging der Junge ohne ein einziges Widerwort zu Bett. Das tat er jedoch nicht, wie die Eltern glaubten, um zu schlafen. Hellwach und ständig auf die Uhr blickend, saß er im Bett und wartete. Endlich, als Arne durch die angelehnte Tür hörte, wie Vater und Mutter sich eine gute Nacht wünschten, glitt er aus dem Bett. Mit äußerster Vorsicht schlich der Junge aus dem Haus, blickte sich beim Überqueren des Hofes mehrmals um, ob nicht doch ein Licht angehen würde. Geduckt pirschte er im Schutz des Zauns auf die Straße zum Dorf. Erst in einiger Entfernung zum Haus nahm Arne die Beine in die Hand und rannte in Richtung des Dorfes.
Atemlos blieb er vor der Polizeistation, Paul Brodersens Wohnhaus, stehen. Er nahm einen Stein und warf ihn gegen eine Fensterscheibe im oberen Stockwerk. Arne wusste nicht, in welchem Zimmer Martha schlief. Dass es jedoch nicht das Zimmer war, dessen Scheibe er soeben mit dem Stein getroffen hatte, stel te er zu
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