Terra Madre
Länder, auf das ganze Netz der Nichtregierungsorganisationen und auf die großen Bewegungen, die im Bereich der Ökologie, der sozialen Gerechtigkeit und der freiwilligen beziehungsweise ehrenamtlichen Arbeit an vorderster Front tätig sind.
So gesehen verkörpert Terra Madre (das in den nächsten Jahren weiter wachsen und seinen politischen Einfluss konsolidieren muss) die Zukunft: Es ist ein Netzwerk, das all jenen offensteht, die seine Ideale teilen. Produktion, Verarbeitung, Vertrieb und Konsum der Lebensmittel werden hier auf eine neue Art interpretiert. Terra Madre achtet die weit in die Vergangenheit zurückreichenden Wurzeln und die Geschichte der Völker, richtet aber den Blick auch nach vorn, ohne Angst und im Bewusstsein der schwierigen Lage, in der wir uns befinden.
Wie die Idee des Netzwerks Terra Madre entstand
Die Verblüffung in den Gesichtern meiner engsten Mitarbeiter gegen Ende des Jahres 2003 war groß, als ich eines Morgens zu ihnen sagte: »Wir müssen ein großes Treffen organisieren und dazu Kleinbauern und einfache Landarbeiter aus allen Teilen der Welt einladen. Zehntausend sollen nach Turin kommen. Wir müssen nur die Mittel für ihre Reise auftreiben, den Rest, die Inhalte, werden vor allem die Geladenen selbst bestimmen. Ich will, dass alle vertreten sind, von den Europäern und Nordamerikanern bis hin zu jenen, die in den hintersten Dörfern Afrikas oder Südamerikas leben und ihre Felder noch nie verlassen haben. Was zählt, ist allein das, was sie verbindet: ihre Arbeit zur Erhaltung der Biodiversität in Harmonie mit der Erde und zur Erzeugung wertvoller Lebensmittel.«
Die Reaktionen waren sehr unterschiedlich und spiegelten die verschiedenen Persönlichkeiten meiner Mitarbeiter wider. Alle erschraken ob der großen Zahl von Menschen, die ich nach Turin holen wollte. Gleichzeitig stellten sie sich die ungeheure Arbeit vor, die sie erwartete. Der Apparat setzte sich aber rasch in Bewegung. Einige meiner Mitarbeiter kümmerten sich um die Finanzierung, andere beschäftigten sich mit der Struktur eines solchen Treffens. Den passenden Namen hatten wir sofort: Terra Madre, zu Ehren der Pachamama , der Mutter Erde, wie sie die südamerikanischen Indios nennen. Sie wird – im wahrsten Sinne des Wortes – von Millionen Bauern auf der Welt verehrt.
Die Idee war mir gekommen, weil Slow Food seit einigen Jahren einen Preis für den Schutz der Biodiversität vergab. Er wurde zwischen 2000 und 2003 an einfache Bauern, Fischer oder handwerklich arbeitende Lebensmittelerzeuger verliehen, die mit ihrer täglichen Arbeit auch ein Quäntchen Artenvielfalt gerettet hatten: eine alte Rasse, eine autochthone Varietät, ein traditionelles Verfahren, dank dem aus einem Stück Natur ein Lebensmittel wird. Es gab ein knappes Dutzend Preisträger pro Veranstaltung. Eine Jury traf dafür aus Hunderten von Berichten, die jedes Jahr von fast 700 Journalisten aus rund 80 Ländern geliefert worden waren, eine Auswahl. Diese Journalisten bildeten das wahre Rückgrat des Preises, ein feinmaschiges Netzwerk, das fähig und einfühlsam genug war, den Geschichten der Landbewohner nachzuspüren und deren Stellenwert einzuschätzen. Wir lernten unglaubliche Menschen kennen, traten mit ihnen in Kontakt und besuchten sie auf unseren Auslandsreisen.
Das Reglement des Preises sah vor, dass sich dieses Journalistennetz alle vier Jahre anlässlich der Preisverleihung vollzählig versammelte, was jedes Mal einen organisatorischen und logistischen Kraftakt erforderte. Die erste Verleihung in Anwesenheit der Journalisten fand im Jahr 2000 in Bologna statt, es folgten Porto 2001, Turin 2002 und Neapel 2003, wo jeweils nur die Preisträger anwesend waren. Es ging nun darum, diese große Zusammenkunft erneut auf die Beine zu stellen.
Mit den immensen Mitteln, die ich hätte auftreiben müssen, um einige hundert Journalisten aus aller Welt zu versammeln, konnte ich doch, so sagte ich mir, genauso gut Tausende von Bauern einladen, die wahren Helden dieser fantastischen Geschichten. Ich wollte, dass sie sich treffen, ich wollte ihnen die Gelegenheit zum Reisen und zur Betrachtung anderer Wirklichkeiten geben. Sie sollten stolz auf ihre täglich geleistete, schwierige, aber kenntnisreiche Arbeit sein. Aus diesem Gedankengang heraus war der Vorschlag entstanden, den ich meinen Mitarbeitern gemacht hatte. Dass wir nur die Mittel für die Reisen auftreiben und die Logistik planen mussten, gab der Idee Auftrieb. Bei der Lösung
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