Terra Madre
ist ein Recht für alle. Sobald euch jemand rät, biologisch und in hoher Qualität zu produzieren, nur um damit die Märkte der Reichen zu erobern, schickt ihn weg! Wir müssen für alle biologisch und hochwertig produzieren, auch und gerade für arme Menschen.
All jenen, die uns nach der Realisierbarkeit des Ganzen fragen, entgegne ich, dass die von euch gelebte Wirklichkeit die einfachste und effizienteste Antwort ist. Die einfachste, weil das, was ihr macht, bereits vollkommen ist. Was ihr tut, haben bereits eure Väter getan. Fahrt fort, es zu tun. In gewisser Hinsicht habt ihr Glück: Ihr müsst nichts Neues erfinden. Eure Antwort ist aber auch die effizienteste, weil es hier um etwas unmittelbar Greifbares geht. Das, was ihr schafft, ist real: die Erde, die Lebensmittel, die lebendige Kreatur und die berührbaren, schmeckbaren Dinge, aus denen wir auch Genuss und Freude ziehen können. Das Wesentliche ist, dass ihr die Achtsamkeit und die Liebe für das Wirtschaften vor Ort besitzt. Ich wiederhole: Ihr müsst nichts anderes tun als das, was ihr bereits tut. Vielleicht verbessert ihr es noch, potenziert und integriert es, indem ihr euch untereinander zu einem Netzwerk zusammenschließt. Aber seid euch bewusst, dass eure Arbeit in gewisser Hinsicht bereits die Zukunft darstellt.
Auf der lokalen Ebene eurer Bündnisse wirkt sich eure Arbeit schon lange segensreich aus. Vor allem fördert ihr eine traditionelle Ernährung, die gesund, wohlschmeckend, vielfältig und nahrhaft ist und die dem Lauf der Jahreszeiten folgt.
Und weiter: Wenn die Lebensmittel nicht aus anderen Kontinenten eingeflogen werden müssen, sondern Teil eines Systems sind, das es erlaubt, sie in der Nähe ihres Herkunftsortes zu konsumieren, werden wir weniger Energie verbrauchen und weniger Kohlendioxid ausstoßen. Stellt euch vor, was vom ökologischen Gesichtspunkt her eingespart wird, wenn auf lange Transporte, Kühlung, im Müll endende Verpackung sowie zeit- und energieraubende Lagerung verzichtet werden kann. In der lokalen Wirtschaft lassen sich Energie und Ressourcen besser nutzen und Verschwendung vermeiden. Allein in Italien werden jeden Tag 4.000 Tonnen genießbare Lebensmittel weggeworfen. 4.000 Tonnen sind eine Schande: für die, die Hunger leiden, aber auch für die reichen Länder. Dagegen betreiben alle Bauern der Welt schon seit jeher Wiederverwertung und Recycling. Bauern werfen nichts weg. Der Ausschuss eines bestimmten Prozesses dient zur Produktion von zusätzlicher Energie, zur Herstellung von Werkzeug und handwerklichen Erzeugnissen oder kann, auch gastronomisch, recycelt werden. Mittels eines natürlichen Prozesses kann damit die Fruchtbarkeit der Böden verbessert werden. Wasser wird sparsam eingesetzt und respektiert. Es wird nicht vergeudet, denn es ist ein wertvolles Gut.
Dies alles ist möglich, wenn wir auf lokaler Ebene arbeiten. Heute herrscht auf der ganzen Welt eine Sehnsucht nach partizipatorischer, also teilnehmender Demokratie. Vor Ort können sich alle Personen aktiv einbringen, wichtige Aufgaben übernehmen, eine Rolle spielen. Außerdem wird die Biodiversität, die lebenswichtige Ressource bei dieser Art des Wirtschaftens, geschützt. Die verschiedenen Rassen und die autochthone Vielfalt sind der unersetzliche Motor der landwirtschaftlichen Ökonomien im Kleinen. Und schließlich kann auf lokaler Ebene das gesellschaftliche Zusammenleben verwirklicht werden. Hier sind die jungen Leute zum Aufbau eines neuen ländlichen Zusammenlebens, einer neuen Geselligkeit, aufgerufen. Ihr jungen Menschen: Bewahrt die Kraft der Erinnerung, aber verhelft gleichzeitig neuem sozialem Leben auf dem Lande zum Durchbruch, bringt Freude aufs Land. Dabei können euch auch die neuen Technologien helfen. Haltet mit den euch zur Verfügung stehenden filmischen Hilfsmitteln das Wissen eurer älteren Mitmenschen fest, die Weisheit der alten Bauern, weil wir sie bald verlieren werden.
Wir alle wissen, dass nur mit dieser Art von Ökonomie eine bessere Zukunft möglich ist. Das bedeutet nicht, sich zu verschließen oder in der Vergangenheit zu verharren. Ihr steht mit beiden Beinen fest auf der Erde, euer wacher Blick ist auf die anderen gerichtet. Er erfasst alles, was zur Verbesserung der Welt beitragen kann. Dies ist das Netzwerk, euer Netzwerk, unser Netzwerk. Es ist aus lokalen Lebensmittelbündnissen entstanden. Diese Aussage zeugt von größtmöglicher Offenheit. Viele blicken mit Überheblichkeit auf die lokale
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