Terra Madre
Türen. Es wird für euch und für sie eine Bereicherung sein.
Erlaubt mir daher, dass ich meine letzten Worte an die jungen Menschen richte. Ihr seid die Zukunft dieser Erde. Bewahrt die Erinnerungen der Bauern, die Erinnerungen der Alten, denn ohne Erinnerung gibt es keine Zukunft. Verbindet das traditionelle Wissen der Älteren mit der modernen Wissenschaft und gestaltet so eure Zukunft. Ich möchte dem jungen Mann, der vor mir gesprochen hat, sagen: Du, Sam [1] , kommst aus einem großen Land. Vielleicht wird uns dieses große Land, die Vereinigten Staaten von Amerika, in einigen Tagen neue Hoffnung geben, vielleicht verwirklicht sich ein Traum, den nur wenige für erfüllbar hielten [2] . Aber schau, Sam, diese Hoffnung hat nicht die Kraft deiner letzten Aussage. Denn du hast vor dieser Versammlung gesagt, dass eure Generation »das Menschengeschlecht mit der Erde aussöhnen wird«.
Wenn ihr euch das auf die Fahnen schreibt, werden wir euch bei dieser Revolution begleiten. Der Mensch braucht die Aussöhnung mit Mutter Erde, der Terra Madre, und ihr jungen Leute könnt das schaffen. Also, Sam, wenn du nach Hause zurückkehrst, nimm diesen Satz eines großen Mannes, eines großen Amerikaners mit und bringe ihn in deine Schule. Es ist ein Satz des Häuptlings der Dakota-Indianer Red Cloud: »Die Erde richtet einen Appell an die Menschheit, damit sie sie erlöse. Diese Erlösung liegt in unserem gesunden Menschenverstand, in unserer Redlichkeit. Die Erde wartet auf die, welche ihren Rhythmus erkennen und danach leben werden. Ich bin arm und nackt, aber ich bin der Häuptling der Nation. Wir sind arm, weil wir ehrlich sind. Wir suchen nicht nach Reichtümern, wir wollen unsere Kinder zu guten Menschen erziehen. Reichtümer können wir nicht mit uns in die andere Welt nehmen. Wir wollen Frieden und Liebe.« Mit dieser Botschaft eines großen Eingeborenen Amerikas lade ich euch ein, diese vier Tage Terra Madre mit Freude und Leidenschaft intensiv zu leben. Mögen sich euch diese Tage einprägen und in eurem Gedächtnis bleiben. Ich wünsche euch allen eine schöne Terra Madre.
[ 1 ] Sam Levin, ein junger Schüler und Initiator eines Schulgartens an seiner Schule in Massachusetts, der an der Eröffnungszeremonie vor Petrini sprach.
[ 2 ] Die Rede ist von Barack Obama, der am 4. November 2008, zwei Wochen, nachdem diese Rede gehalten wurde, zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde.
Terra Madre
Was ist Terra Madre?
Terra Madre erschien 2004 auf der politischen und wirtschaftlichen Weltbühne. Ursprünglich entstanden als großes Treffen von Teilnehmern aus aller Welt, entwickelte es sich rasch zu einem dauerhaften Netzwerk. Man könnte auch von einem Miteinander von Netzwerken sprechen, in denen Menschen aus verschiedenen Regionen der Erde sich Tag für Tag einsetzen für ein neues ökonomisches, landwirtschaftliches und kulturelles Modell, auch und gerade in Bezug auf Lebensmittel.
Terra Madre setzt auf sehr konkrete Weise in der Praxis um, was als »Glokalismus« bezeichnet wird, das heißt lokale Aktionen mit globaler Wirkung. Dieses Netzwerk entwickelt sich stetig und zeichnet sich aus durch eine eigene Politik, eigene Wertvorstellungen, gemeinsame lang- und mittelfristige Ziele.
Terra Madre ist viel mehr als nur ein simples (allerdings mit immensem organisatorischem Aufwand verbundenes) zweijährliches Treffen: Terra Madre ist das Weltnetzwerk der lokalen Lebensmittelbündnisse. Terra Madre lebt und handelt, es ist die Verkörperung der Ideen, von denen ich hier berichten werde, und hat deshalb auch diesem Buch seinen Titel gegeben. Auf den folgenden Seiten möchte ich zunächst die Eigenschaften von Terra Madre beschreiben, die Geschichte und die Aktivitäten, die man darin plant und durchführt. Wenn man weiß, was dieses große Netzwerk genau ist, werden die Ideen und die Philosophie, die dahinterstehen, plastischer und bekommen eine andere Tiefe. Sie sind fest in der realen Welt verankert und mit einer beträchtlichen Anzahl von Männern und Frauen verbunden, die an ein und demselben – wenn auch durch und durch heterogenen – gemeinsamen Projekt arbeiten.
Die Idee, dass ein neues System weltweiter governance notwendig ist, setzt sich allmählich durch. Man kann die Dinge nicht mehr nur den Regierungen der mächtigsten Staaten oder den einflussreichsten Wirtschaftsführern überlassen, sondern muss die Verantwortung ausweiten auf die politischen Vertretungen der bevölkerungsreichen
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