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Terra Mater

Terra Mater

Titel: Terra Mater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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Stück massives Metall in winzige Partikel.
    Jek hatte so viele Geschichten über die kontaminierte Zone gehört, dass er glaubte, jeden Moment feuerspeienden Ungeheuern mit schuppigen Leibern, Hörnern und langen Stoßzähnen zu begegnen. Es gab sogar Anjorianer, die glaubten, hinter der Mauer würden die nuklearen Hexen und die Söhne der spaltbaren Atome einen ewigen Hexensabbat feiern. Doch nur die Corvuren führten mit ihren Leuchtschnäbeln am Himmel ein infernalisches Ballett auf.
    Er hatte keine Ahnung, welche Richtung er einschlagen musste, um nach Glatin-Bat zu gelangen, und warf einen scheuen Blick zu den Quarantänern hinüber. Vielleicht hat einer von ihnen Mitleid und gibt mir Auskunft, dachte der kleine Junge und näherte sich ihnen vorsichtig.
    »Weiß jemand von euch, wie ich nach Glatin-Bat kommen könnte?«, fragte er mit hoher, kindlicher Stimme.
    Sofort wandten viele die Köpfe und starrten ihn drohend an. Im Dämmerlicht des frühen Morgens wirkten ihre hässlichen Gesichter noch grotesker. Der Wind blähte ihre zerlumpte Kleidung auf. Und einige hatten vor ihrer Flucht nicht einmal Zeit gehabt, sich anzuziehen. Jetzt begriff Jek, warum sie es sorgfältig vermieden, ihre hässlichen Körper vor den Blicken der Anjorianer zu enthüllen. Er war schockiert und versuchte, seinen Ekel vor dem Gesehenen zu verbergen.
    »Warum bist du so blass?«, fragte plötzlich ein Mann mit rauer Stimme.
    »Begreifen Sie denn nicht, dass er sich vor uns ekelt«, sagte eine Frau, den Tränen nahe. »Für die Oberirdischen sind wir nicht einmal Tiere.«
    »Sie haben uns vergast! Und dann noch Flüssigbeton in
unsere unterirdischen Behausungen gegossen!«, klagte ein anderer Mann.
    »Und das haben sie nachts getan, die Feiglinge!«
    Angst und Entsetzen ergriffen Jek. Sein Mund wurde trocken, seine Kehle war wie zugeschnürt. Er brachte keinen Ton heraus, obwohl er ihnen sagen wollte, dass er nicht wie die anderen Oberirdischen sei, sondern den alten Artrakrak zum Freund gehabt habe, einen der ihren … Und wie in einem Albtraum sah er sie dann auf sich zukommen, Männer, Frauen, Kinder. Sie schüttelten drohend die Fäuste, bleckten die Zähne, stießen Beleidigungen aus, und ihre Augen sprühten Funken.
    Jek wich instinktiv ein paar Schritte zurück. Er stolperte über einen Stein und fiel auf den Rücken. Als er wieder aufstehen wollte, stürzten sich ein paar Quarantäner wie eine Horde wild gewordene Affen auf ihn. Sie schlugen und traten ihn. Jemand packte ihn bei den Haaren, andere Hände rissen ihm die Kleider vom Leib. Er wurde gebissen. Er spürte sein warmes Blut und die Frische des Morgentaus unter sich. Er glaubte, ersticken zu müssen und wand sich wie ein Wurm. Doch unzählige Hände hielten ihn fest umschlossen. Ekel überkam ihn.
    Völlig erschöpft gab er den Widerstand auf und fand sich damit ab, nun in dieser Einöde sterben zu müssen. Mein Abenteuer hat nur ein paar Stunden gedauert, dachte er. Ein alter Quarantäner hat diesen ziemlich verrückten Traum in mir geweckt, doch andere Quarantäner haben ihn ebenso schnell zerstört … Und P’a und M’a werde ich nie wiedersehen. Nie werden sie wissen, was aus ihrem einzigen Sohn geworden ist, weil die Corvuren nach meinem Tod mit ihren Leuchtschnäbeln nur ein Skelett von mir übrig lassen werden.

    Plötzlich erhob sich eine kraftvolle Stimme über den Tumult: »Die Wüstenratten! Da kommen sie!«, rief der Mann und deutete zum Horizont.
    Die Wut der Quarantäner erlosch ebenso schnell wie sie aufgeflammt war. Sie ließen den kleinen Oberirdischen los, standen auf und spähten in die weite, nebelverhangene Ödnis.
    Jek richtete sich auf; nackt aber lebendig. Mit von Tränen und Blut verschmierten Augen entdeckte er in der Ferne etwa zwanzig weiße Punkte, die schnell größer wurden.
     
    Der Trar der Luftflotte beugte sich über die Reling und deutete auf den kleinen Oberirdischen, der da ganz allein saß.
    »Und was sollen wir mit dem machen?«
    Jek begriff sofort, warum der Trar und seine Männer »Wüstenratten« genannt wurden, denn ihre lange, behaarte Nase ähnelte auf verblüffende Weise den Schnauzen dieser kleinen Nagetiere mit den hervorstehenden Zähnen. Ihre runden schwarzen Augen waren ständig in Bewegung, als wären sie von allen Seiten von Feinden umgeben. Sie trugen schwarze Uniformen aus Leder und bunte Turbane mit flatternden Enden; in ihren Gürteln steckten Faustfeuerwaffen mit kurzen Läufen und perlmuttfarbenen

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