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Terra Prima

Terra Prima

Titel: Terra Prima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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zuvor gehört oder gelesen. Jedenfalls konnte er sich nicht daran erinnern …

 
    6.
     
     … der Schädel ist natürlich geschlossen, aber ich blende eine Aufnahme aus dem »Sechsten Tag« darüber. Sie zeigt das Hirn der bedauernswerten Frau nach der letzten Operation und bevor man es in diese schöne blaue Schale einschloß: Die feuchte, graue Masse mit ihren Furchen und vielfachen Windungen brauche ich einem wie dir nicht erklären. Doch beachte die schwarze Schmetterlingsstruktur. Ihr dicker, wurmartiger Leib bildete die Mitte zwischen beiden Hirnhälften, die Brücke. Die beiden Flügel erstrecken sich in je eine Hirnhälfte und zerfasern im Inneren ihres Gewebes zu zahllosen Nervenbahnen. Vom Kopf und vom Schwanz des Mittelkörpers siehst du ein Bündel Leitungen nach unten in der künstlichen Wirbelsäule verschwinden.
    Diese Struktur wird dir weniger vertraut sein, habe ich recht? Dabei handelt es sich lediglich um den Nachbau einer Gewebestruktur, die in jedem organischen Gehirn zu finden ist, selbst in dem von Insekten. Ich nehme an, Insekten gibt es draußen noch? Gleichgültig. Weiter: Entwicklungsgeschichtlich ein primitiver Teil des Gehirns, aber ohne ihn wäre gar keine menschliche Entwicklungsgeschichte möglich gewesen, und jetzt soll er wieder Entwicklung vorantreiben, diesmal aber gezielt und unmenschlich, wenn ich das einfach mal so sagen darf.
    Dieses alte Hirn – man nennt es auch das limbische System – ist der Sitz der Gefühle, der Instinkte, der Empfindungen und Triebe. Ahnst du, worauf die Geschichte der armen Frau hinausläuft? Ohne diese Gehirnstruktur keine Lust, kein Triumphgefühl, keine Angst, keinen Haß, kein Glücksgefühl. Mit anderen Worten: Ohne sie keine eigenständige Motivation. Ohne sie wäre ein Mensch kein Mensch, kapiert, mein Herr?
    SIE haben dieses System nachgebaut. SIE haben seine Matrix aus meinen entsprechenden Zellen gebildet – hast du verstanden? Aus MEINEN Zellen! – SIE haben es mit biochemischen Verbindungen aus MEINEM Stoffwechsel gefüllt. Versteh mich richtig: SIE bedienen sich schon lange meiner Stoffwechselprodukte, IHRE neue Generation ist geradezu abhängig von meinen Stoffwechselprodukten. Aber nun – hör gut zu! – mit diesem Pilotprojekt schaffen SIE SICH die Möglichkeit, selbst zu fühlen, unabhängig von mir. Verstehst du? Und diese künstliche Hirnstruktur wird sich sogar selbst reproduzieren!
    Du verstehst kaum die Hälfte, habe ich recht?
    Mit diesem Pilotmodell schaffen sie einen Hybriden, eine Kreatur halb Mensch, halb Maschine …!
    Vergiß es. Der Rest wird dich nicht überraschen. Ich raffe und wechsele die Perspektive. Zwei Wochen später im selben Tank aufgenommen. Du bist nicht auf meine Kommentare angewiesen. Wie Muskelstränge und Nervenleitungen aussehen, weißt du selbst. Natürlich stammt die Matrix für die Gewebedecke aus dem Molekularscanner. Daß dieser Prototyp nicht auf Blut angewiesen ist – genausowenig, wie sein Vorgängermodell übrigens –, ergibt sich aus allem, was ich dir bisher gezeigt habe. Sieh nur: Schon erkennst du ihre Züge wieder. Sieh nur: Wie schön sie noch immer ist, wie täuschend ähnlich SIE selbst Schönheit kopieren.
    Verfluchte Stümper!
    Nenne SIE niemals Künstler! Kopisten sind SIE und weiter nichts! Kopisten, verfluchte Stümper und armselige Diebe! Unsere Körper haben sie gestohlen, unsere Gehirne, unsere Sprachen! Und jetzt schicken SIE sich an, unsere Gefühle zu stehlen …!
    Ich vergesse mich, verzeih mir, das passiert mir zuweilen. Und wenn SIE nicht die biochemischen Niederschläge solcher Wutausbrüche stehlen und kopieren würden, hätte ich nicht einmal etwas dagegen.
    Doch genug, endgültig genug jetzt. Ich schließe Punkt eins mit folgender Szene. Wir raffen, wir wechseln die Perspektive, drei Monate später. Im Cockpit eines Sparklancers, du siehst es selbst.
    Du siehst es übrigens durch das optische Sensorium einer Kampfmaschine in der zweiten Sitzreihe. Die arme Frau sitzt im Sessel des Kopiloten. Schade, daß sie ihr das goldblonde Langhaar nicht gelassen haben. Dieser praktische, aber unschöne weißblonde Kurzhaarpelz paßt nicht zu ihr. Was meinst du? Der Blonde neben ihr nennt SICH Unitas Gabrylon. Hüte dich vor IHM – nach dem P.O.L. ist ER der Schlimmste von IHNEN!
    Erspare mir viele Worte. All diese Bilder machen mich müde und wund. Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr. Aber eines nach dem anderen. Der Sparklancer ist gelandet, die Frau steigt aus,

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