Terroir
vier Grundgeschmacksarten süß, sauer, bitter und salzig gibt es in Zukunft vielleicht nun auch bei uns umami, was wörtlich aus dem Japanischen übersetzt „größte Köstlichkeit“ heißt und geschmacklich in die Richtung von „warm, gehaltvoll, muttermilchig“ geht. Überreife Tomaten sind besonders umami, noch mehr ein guter Parmesankäse. Die profanen Chemiker, die ewigen Nörgler und Miesmacher, haben natürlich wieder mal nichts Besseres zu sagen als: „Das schmeckt nach Geschmackverstärker in der Tütensuppe, das ist ja nix anderes als Natriumglutamat, gerade wie beim Chinesen um die Ecke.“
Na und, warum sollen sich Salz und Zucker chemisch definieren lassen, nicht aber umami? Jedenfalls kann es sinnvoll sein, mit umami zu argumentieren. Zum Beispiel bei der Beschreibung der Kombination von geräuchertem Lachs mit einem deutlich von seinem Ausbau in Barriquefässern geprägten Chardonnay. Nach den klassischen Regeln müsste – so lernen wir es im Geschmacksseminar von Sigrun Essenpreis – die Salzigkeit des geräucherten Lachses die bitteren Anteile im Wein völlig unterdrücken. Tatsächlich passiert das Gegenteil. Der Wein wird im Mund noch bitterer, ja geradezu metallisch erfahren. Die Erklärung hierfür ist: Rauchlachs besitzt als fermentiertes und geräuchertes Produkt sehr viel Umami. Die Regel, die hier deutlich wird, lautet: Umami verstärkt Bitteres.
Und wann reden wir über die sechste Grundgeschmacksart? Vielleicht schon bald. Ein Forscherteam der Universität von Dijon hat jedenfalls auf der Zunge Geschmacksrezeptoren entdeckt, die denGeschmack von Fett erkennen und die Produktion von bestimmten Verdauungssäften anregen.
Wie es in der asiatischen Kultur immer darum geht, sich von Polaritäten zu lösen und für einen Ausgleich zwischen Yin und Yang zu sorgen, ist es die Kunst bei der Vinifikation eines guten Weins, die vier – oder fünf oder noch mehr – Basiskomponenten eines Weins in eine sinnvolle Harmonie zu bringen. Nur dann ist Raum für die Einzigartigkeit des Bodens, nur dann können die wirklich spannenden Terroir-Aromen wahrgenommen werden.
Bleiben wir in diesem Zusammenhang erst einmal bei der Vier, beim Zusammenspiel von süß, sauer, bitter und salzig. Salzig spielt in Weinbeschreibungen kaum eine Rolle. Das liegt darin begründet, dass wir bei dem Wort den Geschmack von Kochsalz assoziieren. Wenn wir uns aber an den Chemieunterricht der Obertertia erinnern und das Salz im Wein als Ionen-Konzentration von Natrium, Kalium, Kalzium & Co. beschreiben, landen wir im geschmacklichen Spannungsfeld zwischen dünnen, fein-eleganten und fetten, breiten Weinen. Vor allem das Kalium scheint an diesem Geschmackseindruck ganz wesentlich beteiligt. Auf fetten, sehr kaliumhaltigen Ackerböden reifen dicke, plumpe Weine. Fast alle Spitzenweine der Welt, die sich über Eleganz und eine feine, dezente Aromatik definieren, reifen auf kargen, kaliumarmen Böden. Die Rezeptoren der vier Grundgeschmacksarten liegen auf der Zunge, die Rezeptoren für die Aromen liegen in der Nase. Da sie mit der Mundhöhle verbunden ist, können wir beim Degustieren Geschmack und Geruch nur schwer trennen. Das heißt, wenn wir einen Wein als salzig schmeckend beschreiben, kann es durchaus sein, dass er eigentlich salzig riecht. Es gibt ja durchaus Weine, die an eine kühle, salzige Meeresbrise erinnern und Assoziationen von Austern, Meer und Salz hervorrufen. Am bekanntesten dafür sind Sherrys. Aber auch bei Spitzenweinen aus der Steiermark, von der Loire und vor allem von den Schieferböden an Mosel und Rhein finden sich spannende maritime Anklänge. Warum auch nicht, sind sie doch auf ehemaligem Meeresboden gewachsen. Salzigkeit ist letztlich Mineralität. Bei vielen Weinen ist sie in der Jugend von Fruchtaromen überlagert und bricht geschmacklich erst nach einigen Jahren der Reife hervor. Insbesondere, wenn die Säure des Weins sehr hoch ist, kann es hier dann ein Zuviel des Guten geben. Elegante Harmonie wandelt sich in Aggression. Wobei Harmonie natürlich ein sehr subjektiv gefärbter Begriff ist. Vor fünfzig Jahren konnten sehr mineralische Weine noch als harmonisch bezeichnen werden. Heute würde man das Wort nur noch gebrauchen, wenn die Mineralität in ein wenig süßem Schmelz eingebettet ist.
Bitter ist eine Geschmackskomponente, die viele Ursachen haben kann, primär natürlich die vielen verschiedenen Gerbstoffe, die während der Vinifikation aus den Beerenhäuten extrahiert werden.
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