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Terrorist

Terrorist

Titel: Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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nicht zu respektieren.»
    Scheich Rashid ist eine solche Komplikation zuwider; die reine Ergebenheit seines Schülers erhält dadurch einen Makel. «Wie du wünschst», sagt er steif.
    In Druckbuchstaben schreibt Ahmed auf ein Blatt Notizpapier JORYLEEN GRANT , so wie er den Namen vor kaum ein paar Monaten mit Kugelschreiber auf dem Schnitt eines dicken Schulbuchs hat geschrieben sehen. Damals bestand nahezu Gleichheit zwischen ihnen; jetzt ist er auf dem Weg nach jannah und sie nach jahannan, zum Grund der Hölle. Sie ist die einzige Braut, an der er sich auf Erden laben wird. Beim Schreiben fällt Ahmed auf, dass das Zittern von den Händen seines Lehrers auf seine eigenen übergegangen ist. Seine Seele fühlt sich wie eine aus einer anderen Jahreszeit übrig gebliebene Eliege, die im Winter in einem warmen Zimmer gefangen ist und unaufhörlich gegen die Scheibe eines Fensters brummt, auf welches prall die Sonne der Freiheit draußen scheint, in der sie rasch stürbe.
     
    Am nächsten Tag, einem Mittwoch, wacht er früh auf, wie von einem lauten Ruf, der rasch verhallt ist. Es ist noch nicht sechs Uhr. Im Dunkel der Küche begegnet er seiner Mutter, die am Saint Francis Hospital nun wieder in der Frühschicht arbeitet. Sie ist züchtig angezogen – ein beigefarbenes Straßenkleid, eine blaue, übergehängte Wolljacke; die weißen Nikes, in denen sie auf harten Krankenhausböden viele Kilometer am Tag zurücklegt, polstern ihre Schritte ab. Dankbar nimmt Ahmed wahr, dass ihre Stimmung der letzten Zeit – ihre Reizbarkeit und Unruhe, ausgelöst von einer jener obskuren Enttäuschungen, unter deren atmosphärischem Nachhall er seit seiner frühen Kindheit gelitten hat – sich aufzuhellen beginnt. Sie trägt kein Make-up; die Haut unter den Augen ist bleich, und ihre Augen selbst sind von ihrem Tauchgang in die Gewässer des Schlafs gerötet. Sie begrüßt ihn überrascht: «Na, du Frühaufsteher!»
    «Mutter –»
    «Was, Schatz? Bitte mach’s kurz, in vierzig Minuten beginnt mein Dienst.«
    «Ich wollte dir dafür danken, dass du mich die ganzen Jahre über ertragen hast.»
    «Na, das ist vielleicht eine seltsame Bemerkung! Eine Mutter erträgt ihr Kind doch nicht; das Kind ist ihr Lebenszweck.»
    «Ohne mich wärst du freier gewesen, für deine Kunst oder für sonst etwas.»
    «Ach, ich komme als Künstlerin genauso weit, wie ich begabt bin. Wenn du nicht gewesen wärst und ich nicht für dich hätte sorgen müssen, dann wäre ich vielleicht in Selbstmitleid und schlechten Gewohnheiten versackt. Und du warst ja auch so ein braver Junge – richtige Probleme hast du mir nie gemacht, wenn ich’s mit dem vergleiche, was ich im Krankenhaus so ständig höre, und zwar nicht nur von den anderen Schwesternhelferinnen, sondern von den Ärzten, trotz der tollen Ausbildung und den schönen Häusern, die sie haben. Sie geben ihren Kindern alles, und trotzdem werden aus ihnen Satansbraten – destruktive Wesen, sich selbst und andern gegenüber. Ich weiß nicht, inwieweit ich das deinem Mohammedanismus zugute halten soll; du warst ja schon als Baby so vertrauensvoll und leicht zu haben. Was ich dir auch vorgeschlagen habe, immer fandst du, das sei eine gute Idee. Es hat mir sogar Sorge gemacht, du schienst mir so leicht lenkbar zu sein; ich hab befürchtet, du würdest dich von den falschen Leuten beeinflussen lassen, wenn du älter würdest. Aber sieh an, was aus dir geworden ist! Ein Mann, der sich in der Welt zu bewegen versteht, der gutes Geld verdient, genau wie du’s vorausgesagt hast, und der auch noch gut aussieht. Du hast die schöne schmale Figur deines Vaters, auch seine Augen und den attraktiven Mund, aber nichts von seiner Feigheit, von seinem ständigen Suchen nach der bequemen Abkürzung,»
    Ahmed sagt ihr nichts von dem abgekürzten Weg ins Paradies, den er bald einschlagen wird. Stattdessen erklärt er ihr: «Wir nennen es nicht Mohammedanismus, Mutter. Das klingt, als würden wir Mohammed anbeten. Er hat nie behauptet, Gott zu sein; er war nur Gottes Prophet. Das Einzige, was er je als Wunder hingestellt hat, war der Koran.»
    «Ja, mag sein, Schatz – im römischen Katholizismus wimmelt es auch von diesen pedantischen Begriffen für die Unterschiede zwischen Dingen, die keiner sehen kann. So was erfinden sich die Menschen aus lauter Hysterie, und dann wird’s als Wort Gottes weitergereicht. ChristophorusMedaillen, und nur ja die Hostie nicht mit den Zähnen berühren, und die Messe auf Latein, und

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