Terrorist
können. Der junge Mulloy – den anderen Namen kann sich Levy aus irgendeinem Grund nicht merken – sagt: «Sie liegt an einer Straße mit Geschäften, über einem Friseursalon und einem Laden, wo man sich Schecks auszahlen lassen kann. Beim ersten Mal ist sie nicht so leicht zu finden.»
«Und der Imam dieser schwer zu findenden Moschee hat Ihnen aufgetragen, zum berufsvorbereitenden Zweig zu wechseln.»
Wieder zögert der Junge; irgendetwas will er beschützen. Dann blickt er mit seinen großen schwarzen Augen, in denen man die Iris schwer von der Pupille unterscheiden kann, Levy kühn ins Gesicht und erklärt: «Er hat gesagt, auf dem Zweig, der aufs College vorbereitet, sei ich verderblichen Einflüssen ausgesetzt – schlechter Philosophie und schlechter Literatur. Die westliche Kultur ist gottlos.»
Jack Levy lehnt sich auf seinem quietschenden, altmodischen hölzernen Drehsessel zurück und seufzt: «Ach, wäre sie das nur.» Da er jedoch Ärger mit der Schulaufsicht und den Zeitungen befürchtet, sollten sie davon Wind bekommen, dass er das vor einem Schüler gesagt hat, rudert er zurück: «Das ist mir nur so rausgerutscht. Manche von den fundamentalistischen Christen bringen mich auf die Palme, weil sie Darwin dafür verantwortlich machen, dass Gott so nachlässig gearbeitet hat, als er die Welt erschuf.»
Der Junge hört jedoch nicht zu, sondern folgt seinem eigenen Gedankengang. «Und weil sie keinen Gott besitzt, ist sie auf Sex und Luxusgüter versessen. Schauen Sie sich doch nur das Fernsehen an, Mr. Levy. Immer setzen sie dort Sex ein, um Ihnen Sachen zu verkaufen, die Sie nicht brauchen. Schauen Sie sich den Geschichtsunterricht an der Schule an – der reine Kolonialismus. Schauen Sie sich an, wie die Christenheit die eingeborenen Amerikaner ausgerottet, dann Asien und Afrika unterdrückt hat und sich jetzt den Islam vornimmt, während in Washington die Juden alle Fäden in der Hand haben, weil sie sich in Palästina halten wollen.»
«Wow», macht Jack und fragt sich, ob dem Jungen klar ist, dass er mit einem Juden redet. «Da haben Sie ja wirklich eine satte Liste von Gründen, aus dem Schulzweig, der aufs College vorbereitet, auszuscheren.» Als Ahmed ob so viel Ungerechtigkeit die Augen aufreißt, fällt Jack auf, dass sie nicht schlicht schwatz sind, sondern dass jede braune Iris einen Hauch von Grün aufweist, eine Prise seines Mulloy-Erbes. Levy lässt sich von der Feder in der Rücklehne nach vorne wippen, sodass er sich nun vertraulich über den Schreibtisch beugt. «Hat der Imam jemals erwähnt», fragt er Ahmed, «dass sich ein schlauer Junge wie Sie in einer vielfältigen, toleranten Gesellschaft wie dieser mit einer Vielzahl von Ansichten auseinander setzen muss?»
«Nein, Sir», sagt Ahmed überraschend brüsk, und sein weicher Mund kräuselt sich trotzig. «Das hat Scheich Rashid nicht erwähnt. Er ist der Überzeugung, dass ein solcher relativistischer Ansatz die Religion trivialisiert, was hieße, dass sie nicht weiter wichtig ist. Sie glauben dies, ich glaube das, wir kommen alle miteinander aus – das ist der amerikanische Stil.»
«Richtig. Und der amerikanische Stil gefällt ihm nicht?»
«Er hasst ihn.»
Jack Levy, der noch immer vorgebeugt dasitzt, stützt die Ellbogen auf die Tischplatte und das Kinn nachdenklich auf die verschränkten Hände. «Und Sie, Mr. Mulloy? Hassen Sie ihn auch?»
Scheu senkt der Junge wieder den Blick. «Ich hasse natürlich nicht alle Amerikaner. Aber der amerikanische Stil ist der von Ungläubigen. Ihm steht ein entsetzliches Verhängnis bevor.»
Er sagt nicht: Amerika will mir meinen Gott wegnehmen. Er beschützt seinen Gott vor diesem müden, ungekämmten, ungläubigen alten Juden und schirmt zugleich seinen Verdacht ab, dass Scheich Rashid in seinen Lehren darum so zornig absolut ist, weil Gott insgeheim aus dem geflohen ist, was hinter seinen blassen jeminirischen Augen liegt, den gespenstisch graublauen Augen einer Heidin. In den vaterlosen Jahren an der Seite seiner unbekümmert glaubenslosen Mutter hat sich Ahmed daran gewöhnt, der einzige Hüter Gottes zu sein, der einzige, für den Gott ein unsichtbarer, aber fühlbarer Begleiter ist. Gott ist stets bei ihm. Wie es in der neunten Sure von ihm heißt: Außer ihm habt ihr weder Freund noch Helfer.
Gott ist eine zweite Person, ganz nah bei ihm, ein mit ihm überall, innen wie außen, verbundener siamesischer Zwilling, an den er sich in jedem Moment betend wenden kann. Gott ist
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