Terrorist
wieder? Mit jedem Bruch, so kommt es ihr im Rückblick vor, ist sie mit neuer Aufgeschlossenheit und Energie zu ihrem Singleleben zurückgekehrt, als stünde sie nach ein paar Tagen fern der Staffelei einer leeren, straffen, grundierten Leinwand gegenüber. Der unterbrochene Kreis, der sie selbst ist – mit der Lücke, die sie in der Hoffnung offen hält, ein bestimmter Mann werde anrufen, jemand werde an die Tür klopfen, von außen eindringen und eine Verwandlung bewirken –, würde sich wieder schließen. Dieser Jack Levy, so gescheit er auch ist, manchmal sogar sensibel, ist ein schwerer Fall. Schuldgefühle und jüdische Schwermut ziehen ihn hinunter und, wenn sie es zulässt, sie auch. Sie braucht jemanden, der mehr ihres Alters ist und nicht verheiratet. Diese verheirateten Männer sind immer viel verheirateter, als sie am Anfang zugeben. Sie versuchen sogar, sie zu heiraten, ohne zuerst die offizielle Ehefrau aufzugeben.
«Wie geht es Ahmed?», fragt er mit aufgesetzter Väterlichkeit.
Ständig fragt er sie nach Ahmed, obwohl sie, wenn’s nach ihr geht, vom Bemuttern wegkommen und sich zu etwas hinbewegen möchte, worin sie besser ist. «Ich hatte in letzter Zeit Nachtschicht», sagt sie, «und er macht an vielen Tagen bis in die Dunkelheit seine Lieferfahrten, also sehen wir uns kaum. Er ist im Gesicht voller geworden und insgesamt muskulöser von der ganzen Schlepperei – dieser Charlie, den er so liebt, rührt keinen Finger, wenn ich mich nicht täusche. Diese Libanesen holen aus ihren Mitarbeitern wirklich alles raus. Die Schwarzen, die sie einstellen, laufen ihnen ständig davon, hat Ahmed mal erwähnt. Vor kurzem scheinen sie ihn befördert zu haben – zumindest kommt er später heim, und wenn ich ihn mal sehe, benimmt er sich, als sei er in Gedanken ganz woanders.»
«Woanders?», fragt Jack, der selbst in Gedanken woanders ist – sicher bei der dicken Beth. Jetzt mal ganz nüchtern, Terry: Zwar würden ihr Jacks Schmeicheleien im Bett – wenn sie es bis dorthin schaffen – ziemlich fehlen, aber nachweinen würde sie ihm bestimmt nicht. Vielleicht braucht sie einen anderen Künstler, selbst wenn er so wie Leo ist, ihr letzter: Leo-ohne-Löwenherz, völlig in sich verrannt, ein Tröpfler und Schrubber, der mit sechzig Jahren Verspätung Pollock nachempfindet und rasch zurückknufft und zurückhaut, wenn er von Alkohol oder Meth enthemmt ist, der sie aber wenigstens zum Lachen gebrachte und nicht versucht hat, ihr irgendeine Schuld anzuhängen und stillschweigend zu unterstellen, er hätte eine bessere Mutter für Ahmed abgeben können als sie. Oder vielleicht sollte sie mit einem von den Assistenzärzten ausgehen, mit dem kleinen neuen etwa, der immer so niedlich blinzelt und stottert und in der Ausbildung zum Neurochirurgen ist; bloß ist sie, nüchtern gesehen, für einen Assistenzarzt zu alt, und außerdem hängen sie die Schwestern, die sie bumsen, immer schnell wieder ab und machen sich an die Proktologentoehter ran. Trotzdem, wenn sie an das Spektrum von Männern denkt, die da draußen warten, sogar auf eine ihres Alters, sogar im nördlichen New Jersey, dann wird sie hartherzig gegenüber diesem kläglichen, langweilig wohlmeinenden, schal riechenden Mann.
«Als hätte er irgendwas zu verheimlichen», sagt sie zur Erklärung. «Vielleicht hat er ja ein Mädchen gefunden. Ich will’s hoffen. Er ist doch längst überfällig, nicht?»
Jack sagt: «Die jungen Leute heutzutage müssen sich um mehr Dinge Sorgen machen als wir. Genauer gesagt, als ich – ich sollte nicht so tun, als wären wir gleichaltrig.»
«Ruhig weiter so. Bedien dich.»
«Das liegt nicht nur an Aids und so weiter; es gibt da einen gewissen Hunger nach, wie soll man’s nennen, nach dem Absoluten, da alles so relativ ist und die ökonomischen Kräfte ihnen sofortige Befriedigungen und Kreditkartenschulden aufdrängen. Diesen Hunger gibt es nicht nur bei den Christen im rechten Lager – siehe Ashcroft und seine morgendliche Erweckungsrunde unten in Washington. Du nimmst ihn auch an Ahmed wahr. Und an den Black Muslims. Die Leute wollen zu simplen Unterscheidungen zurück – schwarz und weiß, richtig und falsch –, nur sind die Dinge eben nicht so simpel.»
«Also ist mein Sohn ein Simpel.»
«In einer Hinsicht. Aber der größte Teil der Menschheit ist so. Weil es sonst zu schwer zu ertragen ist, Mensch zu sein. Im Gegensatz zu den anderen Tieren wissen wir zu viel. Sie, die anderen Tiere, wissen gerade
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