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Terry - Geschichten aus dem Leichenhaus

Terry - Geschichten aus dem Leichenhaus

Titel: Terry - Geschichten aus dem Leichenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Peters
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     „Der Falter“ von Deborah Haarmeier
     
    Ende
     
     
    Ende der Vorstellung
     
    Ralf Sucker musste grinsen, als er über seinen eingefallenen Gartenzaun sah und eine Ente beobachtete, die gerade von zwei männlichen Artgenossen vergewaltigt wurde. Er vermutete zumindest eine Vergewaltigung, obwohl er so etwas bei Tieren noch nie gesehen hatte. Was er mit Sicherheit wusste war, dass dies sein letztes Grinsen zumindest für lange Zeit war. Denn vor drei Wochen hatte ihm die Hausverwaltung „sie“ angekündigt.
    sie, das stand für eine neue Mieterin. sie stand für unberechenbare Situationen und sie stand für Unruhe.
    Ralf Sucker verfluchte den engen Wohnungsmarkt, der eine Frau veranlasst haben musste, außerhalb der Kleinstadt in seine Bruchbude zu ziehen, ein Haus für drei Familien, dessen Garten nie gepflegt wurde und in dessen Nähe ein Schrottplatz lag. Er liebte Müll und Schrott, vor allem ungepflegte Gärten, die für ihn lebendiger waren als sterile, langweilige Beete und Grünanlagen. Nun gut, die Ratten vom Schrottplatz konnten zur Plage werden. Aber andererseits hatte er mit ihnen und seinem Schrotgewehr viel Spaß an langweiligen Nachmittagen.
    sie würde es ihm bestimmt  verbieten, war vielleicht im Tierschutzbund, eine alte Jungfer, lesbisch, eine Hure oder alles zusammen. Er trat wütend gegen eine verbeulte Mülltonne und die Enten flogen lautstark zum Teich, um sich wieder über das Weibchen herzumachen.
    sie hätte schon längst mit der Spedition angekommen sein müssen; also unpünktlich war sie auch noch.
    Ob sie nun kommt oder nicht, dachte Sucker, ich kümmere mich gleich noch um die Altpapiersammlung. Danach nur noch ab zum Skatkloppen. Sie kann gucken wo sie bleibt.
    Hinterher wollte Ralf noch zu Charly, der ihm einen Mikrowellenherd – oder watt – versprochen hatte, der wahrscheinlich wieder von einem Laster – oder watt – gefallen war.
    Er lehnte sich gegen den quietschenden Gartenzaun und trank den Rest aus seiner Bierflasche. Hinter dem Gartenzaun ging die Sonne unter und er glaubte, das Kreischen Tausender von Ratten zu hören, die im Müll auf Abenteuerfahrt gingen.
    Manchmal kam ihm der Schrottplatz selber wie eine riesige Ratte vor, deren Krallen aus Blech, Flaschen und fauligen Matratzen langsam auf sein Haus zugekrochen kamen. Und an jedem Abend sah die Müll-Silhouette anders aus: gestern war sie eine Ratte, vorgestern ein Schiffswrack und heute ein eingeschlagener Totenkopf.
    „Guten Abend! Ich bin Bettina Kress“, sagte hinter ihm jemand.
    Sucker fuhr herum und verschluckte sich an seiner Flasche. Zum ersten Mal seit langer Zeit empfand er wieder das Gefühl des Schreckens. Er hatte sie nicht kommen hören, was er auf die neue, morbide Form seines geliebten Schrottplatzes zurückführte. Aber nicht nur der Klang einer seltenen Stimme ließ ihn taumeln, sondern auch das, was er im letzten Abendlicht sah: Blau und Schwarz.
    Die verhasste sie trug ein dunkelblaues Kostüm und blaue Kniestrümpfe, die eher zu einem Mädchen passten. Schwarze, lockige Haare fielen lose auf den Spitzenkragen ihrer Bluse. Jeder andere hätte auf Gesicht und Figur geachtet, doch Schwarz und Blau übten auf Ralf von jeher eine narkotisierende Wirkung aus. Diese Farben standen für ihn für höchste Tugend und höchste Unmoral zugleich.
    Schwarz- und Blaufrauen trugen immer Bücher unterm Arm, gingen tagsüber ins Lyzeum und abends in Autos auf Schrottplätzen. In den Wagen warteten Lover, die nach einer Stunde Schwierigkeiten hatten, den Zündschlüssel herumdrehen zu können.
    Sucker hatte solchen Frauen natürlich nicht persönlich gekannt, wusste aber von der Wirkung der Farben auf seine Knie, über deren Ursprung er nie nachgedacht hatte.
    Es gab Zeiten, in denen ihm klar wurde, dass sein Gefühlsleben nur von Schrottplätzen und Schwarz-Blaufrauen inspiriert werden konnte.
    Von Ralfs selbstverfasster Hausordnung für sie blieb so gut wie nichts übrig. Er stammelte nur ein paar unsinnige Sätze, die er später auf das Einstürzen seiner inneren Barrieren zurückführte. Bettina verabschiedete sich mit den Worten: „Ich hoffe sehr, Ihnen nicht zur Last zu fallen“. Nicht aus Unterwürfigkeit, sondern aus überlegener Stärke. Als sie wegfuhr, und das Narkotikum ihrer leisen, warmen aber sicheren Stimme – wie Watte, in Alkohol getaucht – durch seine Ohren drang, ging die Sonne vollends

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