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Tesarenland (German Edition)

Tesarenland (German Edition)

Titel: Tesarenland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Savannah Davis
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Warum sollten sie sich all diese Mühe machen, wenn wir ihnen so unwichtig sind? Könnte es wirklich möglich sein, dass wir frei sind? Ich wage kaum, zu hoffen. Luca war auch noch ein Kind. Trotzdem haben sie ihn gefangen und in unsere Kolonie gebracht. Aus Kindern werden Erwachsene, und Erwachsene könnten eine, wenn auch kleine, Bedrohung werden. Oder fürchten sie uns wirklich so wenig?
    »Warum haben sie dich nicht getötet? An dir müssen sie irgendein Interesse gehabt haben. Damals, als du nach Kolonie D gekommen bist?«
    Luca schaut verwundert zu mir auf. »Wie kommst du darauf ?«
    Ich blase vorsichtig in meine Schokolade, nippe daran und schaue kurz zu Kayla, sie ist noch immer beschäftigt. »Ich meine nur. Sie fackeln sonst nicht lange, wenn es darum geht, Menschen abzuschlachten. Warum haben sie sich die Mühe gemacht, dich nach Kolonie D zu bringen? Der andere Weg wäre schneller gewesen .«
    Luca ritzt mit der Spitze seines Messers Striche in den Steinboden. Er atmet ein paar Mal tief durch dann räuspert er sich. »Das habe ich mich au ch schon oft gefragt. Eine Zeit lang habe ich mir sogar gewünscht, dass sie es getan hätten. Wahrscheinlich haben sie gehofft, mich gegen meine Familie einsetzen zu können. Und als niemand kam, um mich zu befreien, haben sie mich einfach vergessen.« Luca lacht. Es ist kein fröhliches Lachen, sondern ein verbittertes.
    »Sie haben dich gefoltert «, sage ich tonlos. Die Bilder blitzen wieder vor mit auf. Dicke Striemen, die Lucas Rücken bedeckt haben. Verkrustetes, getrocknetes Blut an seinem ganzen Körper.
    Das war keine Frage, trotzdem nickt Luca. »Ja, haben sie. Sie haben mich zusehen lassen, als sie meinen Vater Stück für Stück zerlegt haben«, sagt er, kickt eine leere Büchse weg und steckt das Messer zurück in seinen Stiefel. I n seinen Augen kann ich die Wut sehen. Hass und Abscheu steht ihm ins Gesicht geschrieben. Er muss Unfassbares erlitten haben.
    »Das tut mir leid«, sage ich und komme mir reichlich dumm dabei vor. Es tut mir leid, kann nicht gutmachen, was ihm angetan wurde.
    Ich mag mir nicht vorstellen, wie es für ihn gewesen sein muss, seinen Vater sterben zu sehen. Im Gegensatz zu ihm kann ich hoffen, dass Mutter noch lebt, zumindest kann ich es mir einreden. Das macht es leichter. Aber für ihn ist es Tatsache. Es ist unverrückbar, sein Vater ist tot. Mein Vater ist im Krankenbett gestorben. Aber seinem wurden Dinge angetan, die Luca niemals vergessen wird. Dinge, die ihn Nacht für Nacht einholen. Schläft er deswegen so wenig? Weil ihn sonst die Albträume ereilen? Vielleicht ist Mutter schon lange tot, aber ich weiß es nicht. So betrachtet ist Unwissenheit ein Geschenk.
    Kayla ist eingeschlafen. Ich gehe zu ihr rüber, decke sie zu und beschließe dann, dass ich noch nicht müde genug bin, um schon wieder zu schlafen. »Wird Kayla wieder gesund ?«, frage ich Luca hoffnungsvoll. Ich setze mich wieder neben ihn und starre in das Feuer.
    »Kann ich nicht sagen, aber es sieht fast so aus .«
    Neben mir liegen Kaylas Bilder. Ich hebe sie auf und muss schmunzeln. Sie hat unsere Hütte in Kolonie D gemalt und die Entenfamilie vom See. »Hat es wehgetan?«
    »Was?«
    »Die Peitsche.«
    Luca reicht mir eine Tasse mit Kräutertee und gießt sich selbst auch eine auf.
    »Ja.« Er pustet in seine Tasse und lächelt mich über den Rand hinweg an. »Die ersten Hiebe sind schlimm, aber dann merkst du es kaum noch. Bis du wieder aufwachst, dann ist es, als würde dein ganzer Körper eine einzige Wunde Masse sein. Jede Bewegung, selbst das Atmen ist die Hölle.«
    Ich vermeide, Luca anzuschauen. Wir sitzen hier unten, nah beieinander. Alles ist Still, die Flammen werfen flackernde Schatten an die Wände. Der Raum fühlt sich plötzlich noch enger an. Mein Puls geht viel zu schnell, und meine Handinnenflächen sind feucht. »Wie ist es, da draußen aufgewachsen zu sein, in Freiheit?«, frage ich und wende das Gesicht ab, damit er die Röte nicht sehen kann.
    Luca zieht die Augenbrauen hoch. »Willst du das wirklich wissen ?« Er klingt belustigt und erstaunt zugleich.
    »In der Kolonie lebt man ruhiger«, sagt er. Er reibt sich mit einem Finger über den geraden Nasenrücken. Sein Blick wird starr und rückt in weite Ferne. »Wir leben unter der Erde in Bunkern. Bunker stammen aus den Menschenkriegen. Ich weiß nicht, ob alle Rebellen so leben, aber ich denke, viele tun das. Sie sind relativ sicher. Die Tesare kommen nicht herein und ihre Waffen

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