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Tessa

Tessa

Titel: Tessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Karlsson
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Wein ein, steckt sich die Zigarette zwischen die Lippen und geht mit den Gläsern ins Schlafzimmer. Nick schaut sie erwartungsvoll mit seinen großen braunen Augen an, und da fallen ihr auch die Spiegeleier wieder ein. Sie reicht ihm sein Glas und dreht sich schnell um. Wieder zurück in die Küche. Hat sie eigentlich schon ihre Medikamente genommen? Wahrscheinlich nicht, also die auch noch nehmen. Aus dem Küchenschrank holt sie die goldene Keksdose, in der sie ihre Tabletten aufbewahrt. Die Schutzfolie knistert beim Herauslösen der kleinen Pillen. Sie trinkt einen Schluck Wein und spült die Tabletten damit runter.
    Die Spiegeleier brutzeln in der Pfanne, sie fühlt sich allein, aber okay. Wenn er jetzt nicht redet, dann muss sie was sagen, man kann sich ja nicht anschweigen. Sie wird den gestrigen Abend nicht ansprechen. Sie hört Geräusche aus dem Schlafzimmer. Also hat er den Fernseher angemacht. Gut, dann muss sie sich nicht krampfhaft ein Thema ausdenken. Mit dem Teller in der Hand geht sie wieder ins Schlafzimmer. Nick lächelt sie an. Sie legt sich zu ihm, versucht sich nicht zu nah, aber auch nicht zu weit weg von ihm zu legen. Der richtige Abstand, dann kann er sich entscheiden. Der Film, der läuft, langweilt Tessa, und sie raucht eine Zigarette nach der anderen. Sie kann sich nicht entspannen, würde sich gerne näher an ihn rankuscheln, aber sie hat Angst, dass er sie zurückstößt. Vielleicht könnte sie ein Bein auf seins legen. Am Telefon hatte er gesagt, ihm gehe es nicht gut, das muss sie akzeptieren. Er hat aber auch nicht gefragt, wie es ihr geht. Wahrscheinlich ist es ihm egal. Sie holt tief Luft, halt, nein, sie darf nicht genervt laut seufzen. Also leise wieder ausatmen. Das klingt noch auffälliger, doch glücklicherweise fängt sein Handy an zu klingeln. Sie nutzt den Moment des Wühlens in der Hosentasche, um schnell den letzten Atemzug auszupusten und wieder in den normalen Rhythmus zu gelangen. Ein, aus.
    Er geht ran. Nicks Stimme ist freundlich, er verabredet sich und legt wieder auf. Sie sieht ihn an. Hat er sich gerade verabredet? Er wendet sich ihr zu, sieht sie an und sagt: »Jens ist zurück. Sorry, ich dachte, wir beide könnten einen schönen Abend zusammen verbringen, aber ich habe Jens eine Weile nicht gesehen. Soll ich ­danach wieder zu dir kommen?« Er nimmt ihre Hand, die er nun wie selbstverständlich in seiner hält.
    Sie sieht ihn verwirrt an. Ein Stich im Herzen. Warum will er nicht bei ihr bleiben? Sie will jetzt nicht alleine sein. Er ist doch gerade erst gekommen. Sie versucht einen normalen Gesichtsausdruck hinzubekommen, versucht nicht verletzt auszusehen und antwortet gleichgültig: »Klar. Verstehe ich. Nimm doch den zweiten Schlüssel mit, falls ich schon schlafe.«
    Er lächelt sie an. Schweigend zieht er sich wieder die Schuhe an und greift nach der Jacke. Beim Rausgehen bleibt er noch kurz stehen, sieht zu ihr und sagt: »Ich bleibe nur kurz, vielleicht ein, zwei Stunden, dann bin ich wieder da.« Er dreht sich um, sie schließt die Augen und hört die Wohnungstür ins Schloss fallen.
    Verunsichert setzt sich Tessa im Bett auf, greift nach ihrem Weinglas, trinkt den letzten Schluck und geht in die Küche. Aus dem Kühlschrank nimmt sie die Wein­flasche, gießt sich randvoll nach, betrachtet kurz die leere Flasche, bevor sie sie ordentlich zu den anderen auf dem Boden an die Wand reiht. Sie setzt sich an den Küchentisch. Draußen dämmert es bereits, doch sie macht das Licht nicht an. Bleibt im Dunkeln, trinkt und raucht. Überlegt. Wenn jetzt ihre Freundin angerufen hätte, wäre es nicht selbstverständlich gewesen, dass sie Nick gefragt hätte, ob er vielleicht auch Lust habe mitzukommen? Sie glaubt schon. Langsam zieht sie sich eine Haarsträhne vors Gesicht, hält Ausschau nach gebrochenen Spitzen. Das fühlt sich nicht gut an. Warum ist er überhaupt zu ihr gekommen, wenn er doch wieder abhaut? Vielleicht trifft er sich mit der Frau? Schnell trinkt sie den Wein aus, um den hässlichen Gedanken zu verjagen. Er sagt, es gebe keine andere Frau. Der Alkohol wirkt besser, wenn man die Medikamente vorher nimmt. In ihrem Kopf wird es langsam leichter. Vielleicht sollte sie auch ausgehen. Auf dem Beipackzettel steht: Nicht zusammen mit Alkohol einnehmen. Das weiß sie, kann sie aber nicht davon abhalten, es trotzdem zu tun. Sie starrt auf ihr leeres Glas, wird unruhig. Soll sie Charlotte anrufen? Die ist nie abgeneigt, einen Drink zu nehmen. Hat sie nicht

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