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Tessa

Tessa

Titel: Tessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Karlsson
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sogar um Mitternacht Geburtstag? Zumindest feiert sie morgen ihre Party. Sie greift zum Telefon und ruft Charlotte an. Freizeichen.
    Sie verabreden sich für eine halbe Stunde später, und Tessa zieht sich noch einmal um. Ein schlichtes eng anliegendes Shirt mit einem dunklen Rock, kurz, aber mit hochgezogener Taille, damit wirken die Beine länger. Sie geht zum Spiegel und betrachtet sich. Ihre Haare sitzen nicht. Sie kramt in der Kommode nach einer Schere und schneidet sich schnell die Spitzen ihrer langen braunen Haare ab. Zufrieden starrt sie ihr Spiegelbild an. Mit ihren Schuhen schiebt sie die Haarspitzen an die Wand. Sie sieht gut aus an diesem Abend, der Wein zeichnet ihr weiche Konturen. Scheiß Nick, der hat das gar nicht ­bemerkt.
    Eine halbe Stunde später sitzt sie auf ihrem Fahrrad und fährt die Straße hoch in den Prenzlauer Berg. Der Weg ist mühsam. Vielleicht nicht so viele Zigaretten rauchen. Weiter, einen Drink, was Hartes, das passt zur Stimmung. Sie erkennt Charlotte schon von Weitem an ihrem hellblonden, lockigen, eigentlich sehr krausen Haar, das widerspenstig in alle Richtungen absteht und aus der Ferne aussieht, als trage sie einen Helm. Der wohl einzige Teil an Charlottes Körper, den sie nicht unter Kontrolle hat.
    »Okay, was nun?«, fragt Charlotte, nachdem sie sich mit Küsschen begrüßt haben, und strahlt sie herausfordernd an, dabei blitzen ihre weißen, geraden Zahn­reihen im Schein der Straßenlaterne. Vielleicht in die Bar, die Nick erwähnt hat. Mal sehen, was da so passiert. Vielleicht trifft sie ihn dort sogar mit seinem angeblichen Freund. Und zufällig kommt sie dann auch? Egal. Charlotte ist dabei, das ist unauffällig, kann ja ihre Idee gewesen sein, also dorthin. Das gewählte Outfit ist zu kurz, provokant, genau richtig. Richtig für ihre Stimmung.
    Sie fühlt sich gut, sexy, das Outfit funktioniert. Die Menge hält den Atem an. Nick ist nicht darunter. Und eigentlich ist der Laden leer. Sie ist erleichtert. Sie würde es nicht ertragen, ihn mit irgendeiner dämlichen, vielleicht sogar hässlichen und doch hoffentlich nicht hübschen anderen Frau erwischt zu haben. Tessa und Charlotte setzen sich in die hinterste Ecke, die ist frei, schlechte Plätze anscheinend, doch das ändert sich, sobald sie da sind. Es wird voller und lauter. Die beiden entscheiden sich für Wodka, der ist eiskalt und wirkt schneller. Tessa geht zur Bar, bestellt zwei doppelte Wodka und verlangt mehr Inhalt. Der Barmann winkt ab, die seien voll genug. »Nein«, erwidert sie in Streitlust, »voll ist das Glas erst, wenn es bis zum Rand gefüllt ist.« Er sieht sie mit einem amüsierten Lächeln an, doch macht keine Anstalten, mehr einzuschenken. Sie schnappt sich die Gläser, will zurück zu Charlotte, dreht sich noch einmal um und zwinkert ihm zu.
    Sie trinken einen Wodka nach dem anderen, und bald haben sie den Barmann so weit, die nun randvoll gefüllten Gläser in ihre Ecke zu tragen. Vorsichtig, denn jeder Schritt bedeutet Überschwappen. Das sieht lustig aus, und sie lachen. Langsam fühlt sie sich besser. Bei Charlotte muss sie nicht überlegen, was sie sagen soll. Warum nur fühlt sie sich so unsicher in Nicks Gegenwart, sobald er schweigt? Früher fand sie seine ruhige Art anziehend. Doch wahrscheinlich steckt bloß Desinteresse dahinter. Und trotzdem erzählt sie Charlotte nichts von dem Streit mit Nick. Nicht jetzt. Lieber noch was trinken. Sie ist betrun­ken, aber leider noch nicht betrunken genug.
    Charlotte steht wankend auf. »Ich gehe, ich kann nicht mehr.«
    »Warte!«, ruft Tessa etwas zu laut, sie greift nach Charlottes Hand. »Es ist doch nicht einmal Mitternacht. Komm, einer geht noch.« Sie springt auf, packt Charlottes Hand und zieht sie mit zur Bar. Dort lässt sie die Hand los, um sich vorzudrängeln.
    Lachend ruft sie: »Hey, Barmann, noch zwei Wodka, aber kein Geld verlangen! Wir haben nämlich keins mehr.«
    Sie denkt nicht mehr, fühlt nur noch ein überragendes Gefühl. Der Barmann lacht.
    »Für dich auch einen, lass uns anstoßen. Charlotte hat gleich Geburtstag«, fügt sie hicksend hinzu. Wie dumm, jetzt Schluckauf, das lässt sie unseriös wirken. Sie dreht sich nach Charlotte um, aber die ist verschwunden, hat den Moment genutzt, um sich heimlich davonzumachen. Zurück zur Bar drehen, das geht noch, sie muss sich anstrengen, um nicht zur Seite zu fallen. Der Wodka wirkt.
    »Wo ist denn deine hübsche Freundin?«, fragt der Barmann.
    Sie zuckt mit den Schultern,

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