Tessy und die Hörigkeit der Malerin - 1
sie auf, ging unter die Dusche und fuhr dann ihren Laptop hoch, um ihre Mails durchzusehen. Sie löschte Spam und überflog die Grüße und Mitleidsbekundungen von ehemaligen Kollegen und Kolleginnen – ernst gemeinte und scheinheilige hielten sich die Waage. Eine Nachricht war von ihrer Mutter, die an das im Frühsommer bevorstehende zehnjährige Jubiläum ihres Fitness- und Ernährungsstudios erinnerte und zu einem Fest in die Schlossstraße nach Steglitz einlud. Im Anhang hatte sie eine viele megabyteschwere Fotoserie mitgeschickt, darunter auch ihre so heiß geliebten Vorher-Nachher-Aufnahmen von einst übergewichtigen und nun sportlich schlank gestählten und selbstredend überglücklichen Frauen, die sich neben dem Kalorienzählen, Schlank-Kochen und der Bewegungshysterie offensichtlich zusätzlich einem Wettbewerb im Dauergrinsen verschrieben hatten.
Tessy stöhnte auf. Entweder sie lag mit vierzig Fieber oder zwei gebrochenen Beinen im Bett – oder sie hatte bei diesem Termin anzutreten. Ihre Mutter war eine perfekte Mischung aus Jane Fonda und Hillary Clinton und konnte faule Ausreden drei Meilen gegen den Wind riechen. Das einzig Gute an ihrem Studio war, dass Tessy dort Kerstin bei der Fünfjahresfeier kennen gelernt hatte. Ihre Freundin Kerstin ging nach wie vor eifrig in die völlig beknackten Hopse-Stunden, wie Tessy sie nannte, um etwas für ihre Fitness und gegen eine gewisse Fülligkeit zu tun. Tessys und Kerstins im Übrigen stets platonischen Freundschaft hatte das nie im Weg gestanden.
Eine Mail von Gertrud öffnete Tessy nach kurzem Zögern. Es war nicht der richtige Zeitpunkt, um herumzuturteln; andererseits konnte sie etwas Aufmunterung und Ablenkung durchaus gebrauchen.
„ Ich war in einem exklusiven Shop – Du erinnerst Dich hoffentlich, dass wir heute Nacht darüber sprachen“ , las sie die ersten Worte von Gertruds Mitteilung. „Das Spielzeug, das ich besorgt habe, wird Dir gefallen.“ Tessy zog eine Augenbraue hoch und fuhr sich mit der Zunge über die Unterlippe. „Apropos besorgen – mir wird schwindelig vor Aufregung, wenn ich nur daran denke, wie Du auf dem Küchentisch vor mir liegst, mit gespreizten Beinen, zwischen denen ich stehe. Ich knete Deine Nippel und versinke in Deinen Augen, Du windest Dich unter mir. Der Schweiß läuft Dir zwischen den Brüsten entlang. Du duftest wie die Königin der Sünde, und deine Augen werden groß, wenn ich mir den Dildo umschnalle. Er ist feuerrot, lang und dick, und ich schiebe ihn Dir rein. Du bist feucht wie Moos nach einem langen Sommerregen, und ich bewege ihn: erst sanft und behutsam vortastend, dann stoßend und pressend und schließlich immer heftiger, bis Dein tiefkehliges Stöhnen in lautes Schreien übergeht und Deine Fingernägel sich in meinen Hintern krallen. „Hör nicht auf“, stammelst Du. „Fick mich weiter“ Das tue ich. Ich stoße so heftig ich kann, bis du das erste Mal gekommen bist. Du beißt mich empört, als ich den Dildo herausziehe: Schwanz war dir schon immer wichtig. Viel Schwanz. Aber es geht auch anders. Ich knie mich zwischen deine Beine. Deine Knospe glänzt. Ich lasse sie in meinen Mund eintauchen, wo sie groß wird wie eine Himbeere und an meiner Zungenspitze vibriert … Lust auf mehr?“
Und ob. Aber nicht jetzt. Tessy ließ die Bilder auf sich wirken. Ihr war heiß, verdammt heiß. Sie wollte gerade eine ähnlich wollüstige Antwort schreiben, als ihr Handy den Eingang einer SMS signalisierte: Kerstin brauchte Tessys Unterstützung, die Kripo stand vor ihrer Tür.
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Tessy hätte es für eine gewagte Behauptung gehalten, dass Kerstin besser aussah als in den frühen Morgenstunden. Immerhin schien sie sich ein wenig gefasst zu haben, aber der Eindruck konnte auch täuschen: Cindy und Nick waren inzwischen zu Hause, und Kerstin gab sich große Mühe, ihren neun und sieben Jahre alten Kindern kein Bild des Jammers zu bieten. Als Tessy in dem kleinen Einfamilienhaus in Lichtenrade eintraf, duftete es nach frisch aufgebrühtem Kaffee. Zwei Beamte hatten im Wohnzimmer in der Essecke Platz genommen, einer davon war Dirk Hanter, dessen Bartschatten zwischenzeitlich hatte weichen müssen; neben ihm saß eine junge Kollegin – höchstens Ende Zwanzig und sehr attraktiv.
Tessys linke Augenbraue schnellte in die Höhe, als sie grüßend eintrat. Dirk fing Tessys Blick ein und nickte mit leisem Lächeln, während Kerstin Tassen und Kaffee bereitstellte.
„Bitte bedienen Sie sich“, sagte
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