Testobjekt Roter Adler
schwerwiegender Faktor besteht darin, daß die AFC ihre patentierten Verpackungsstoffe an Zehntausende von anderen Firmen der Genuß- und Lebensmittelbranche liefert«, erklärte Torpentouf. »Noch halten unsere Wissenschaftler beispielsweise Seifenpulverpakete für harmlos, denn dieser Inhalt wird schließlich nicht gegessen. Wer garantiert aber dafür, daß nicht schon die Berührung mit dem Seifenpulver den Marionettentod bringt? Muß der Inhalt einer Selbstvernichtungspackung unbedingt verspeist werden? Oder genügt es vollauf, eine offene Plastiktüte aus AFC-Material in die Hand zu nehmen? Wenn das der Fall ist, dürfte es auf dieser Welt keinen Menschen mehr geben, der nicht bereits psychisch zum Befehlsempfang präpariert wurde. Okay, HC-9, ruhen Sie sich erst einmal aus. Der Empfang war nicht besonders schön.«
Wir schritten auf einen abseits wartenden Wagen zu.
»Wieviel Menschen außer Clara Poterlee haben wir bereits fassen können?« erkundigte ich mich.
Reling blieb stehen und holte tief Luft.
»Keinen. Wir suchen verzweifelt. Wir haben unseren einzigen Beweis selbst zerstört. Ich könnte wahnsinnig werden, zumal an den Testergebnissen nichts zu rütteln ist. Wir haben die fünf Dosen sichergestellt und die darin eingelagerten Fäulniskulturen gründlich untersucht. Die Bakterien sind für Menschen harmlos! Eindeutig! Kein Zweifel! Harmlos, Konnat! Eine Abart davon findet man im Magen-Darmtrakt eines jeden Menschen. Wir haben keinen Ansatzpunkt, bis auf vage Ideen. Die aber haben Sie sicherlich auch.«
Er musterte mich spöttisch. Ich nickte.
»Ja, sogar eine ins Bild passende. Wann sind die neuen Selbstvernichtungskunststoffe der AFC auf den Weltmarkt gekommen? War das vor dem Eintreffen der marsianischen Nachschubgüter oder erst danach? Haben Sie daran schon gedacht?«
Er verhielt abrupt im Schritt. Torpentouf starrte mich entsetzt an. Reling stand vor mir wie versteinert.
»Marsnachschub?« wiederholte er schließlich gedehnt. Seine Augen verengten sich. »Zum Teufel, Mrs. Poterlee fiel erst vor wenigen Tagen, genau am 21. Mai 2010, so sehr auf, daß sie von einem umsichtigen Landpolizisten zum Psychiater geschickt wurde, der sofort das FBI informierte. Wir erhielten die Nachricht routinemäßig über die Washingtoner Zentrale. Die Wahrheit mit allen Konsequenzen entdeckten wir erst vorgestern, am 26. Mai. Es dauerte einige Zeit, bis sich die psychiatrische Klinik wegen der unerhörten Vorfälle direkt an uns wandte. Konnat – wieso bringen Sie die Angelegenheit mit dem Marsnachschub in Verbindung? Ich wollte Sie und Utan eigentlich auf die Reise schicken. Vor allem in die Labors der AFC, um zu versuchen, andere, bereits hochgradig suggestiv beeinflußte Menschen zu finden. Das können nur Telepathen. Wieso kommen Sie auf den Nachschub von ALPHA VI?«
Er umklammerte meinen Oberarm und versuchte, die Antwort in meinen Augen zu lesen.
»Wieso?« wiederholte er eindringlich.
»Weil ich an den achten Mann aus der Intelligenzmeute von Professor Dr. Jerome A. Bulmers denke. Sieben Wissenschaftler hatte er erwiesenermaßen mit marsianischen Lehrmaschinen aufgestockt und entlassen. Er selbst blieb im Atlantis-Stützpunkt zurück, den unser INKA leider atomar sprengte. Bulmers starb zweitausend Meter unter dem Meeresspiegel. Wir konnten ihn nicht mitnehmen. Das war Anfang Mai. Ich habe von Bulmers auf dem Psi-Wege in letzter Sekunde erfahren, daß nicht nur sieben Intelligenz-Aufgestockte nach oben geschickt wurden, sondern noch ein achter Mann. Er war überhaupt der erste, bei dem die Aufstockung gelang. Mein Bericht liegt vor.
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