Testplanet Kratos
daß diese Tiere ausgewachsen an der breitesten Stelle einen Durchmesser von etwa drei Metern erreichen, daß sie eine Länge bis zu neunzig Metern erreichen können, daß sie sich sehr rasch bewegen können – glattweg fünfzig Stundenkilometer –, daß sie schätzungsweise ein Gewicht von etwa dreihundert Tonnen Erdnorm haben können und daß es sich bei ihnen nicht um die angenehmsten Zeitgenossen handelt. Ende der Durchsage.«
Alle sahen verblüfft auf Kurt.
»Kwango, was haben Sie sich da nur wieder für eine Scheiße ausgedacht?« brummte Lou Andreas.
Vorsichtiger drückte sich Liz James aus: »Ganz ausgeschlossen ist es wohl nicht. Aber es scheint mir doch ein reichlich großer Sprung ins Blaue zu sein.«
»Mr. Kwango hat seinen Spaß gehabt«, lächelte Chantana Le Gros. »Es war sehr lustig.«
»Es paßt …«, sagte Conrad dumpf. »Bei Gott, es paßt alles zusammen. Sicher, es hört sich phantastisch an, aber hat vielleicht jemand von Ihnen eine plausiblere Lösung anzubieten?«
Niemand hatte.
»Dann wollen wir nun an der Matratze horchen. Es war heute ein langer Tag. Morgen dann wollen wir herausfinden, ob Kurts zweiundzwanzig gelbe Beine und zwei Flügel wirklich einer chinesischen Fußballmannschaft gehören.«
Conrad schlief schlecht, er hatte Alpträume. Seltsamerweise drehten sie sich nicht um einen Hügel voller gigantischer Schlangen, sondern vielmehr um ein dem Untergang geweihtes Schiff, das in die Sonne stürzte.
Tief in der Nacht hatte Conrad andere Alpträume. Doch diese waren real. Denn sie spielten sich ab, nachdem Matthew auf dem Nav-Deck den Alarm ausgelöst hatte. Conrad wartete die verbale Erklärung am Interkom gar nicht erst ab. Er schüttelte den Schlaf aus seinem gesunden Auge und die anderen Alpträume aus seinem Kopf. Dann rannte er – kaum bekleidet – zum Nav-Deck.
Lieutenant Smith war sogar noch schneller gewesen. Auch sie hatte keine Zeit mehr gefunden, sich anzukleiden. Ihre Beinprothesen sahen unter dem kurzen Nachthemd wie gemeißelter Marmor aus.
Die Orgie war schon fast vorüber. Zwei der Scheinwerfer funktionierten nicht mehr. Das schreckliche Getöse und Stampfen, das durch die Lautsprecher hereinkam, raubte einem den Atem. Genauso wie die riesigen, undefinierbaren Gestalten, die auf den Zaun eindroschen und den Boden und selbst die Santa Maria zum Beben brachten.
Conrad erschreckte das so sehr, daß er den Blick nicht von den Schirmen wenden konnte. Matthew versorgte ihn auf seine von kalter Logik bestimmten Art mit einem Bericht über das, was bisher vorgefallen war. Sonderbarerweise konnte Conrads Geist seine Worte nicht richtig registrieren. Aber das spielte im Augenblick keine Rolle. Conrad konnte sich später noch einmal Wort für Wort alles anhören. Alles, was ihn jetzt interessierte, waren die Ereignisse auf den Monitoren.
Er entdeckte monströse, schlangenartige Schatten, die wütend den Zaun traktierten. Der Strahl eines Scheinwerfers erfaßte eines dieser Wesen, als es sich aufrichtete, und zeigte einen glitzernden und segmentierten Leib. Erneut das ohrenbetäubende Getöse, und dann existierte auch der dritte Scheinwerfer nicht mehr. Der letzte drehte sich wie wahnsinnig. Sein Strahl zeigte kurz einen Kopf, der einem das Blut in den Adern gefrieren ließ, abgetrennt durch die Drähte und Nylonseile des Verteidigungssystems.
Das Gesicht des Schädels – wenn man dabei überhaupt von Gesicht sprechen konnte – besaß einen Durchmesser von vollen zwei Metern. Das weit aufgesperrte Maul zeigte einen schwarzen Abgrund, groß genug, um vier Männer in Reihe gleichzeitig zu verschlingen. Die sieben Augen – insofern es sich um Augen handelte – lagen in regelmäßigen Intervallen in halbmondförmiger Linie über der dicken, häßlichen Oberlippe des grottenartigen Mauls. Die Augen reflektierten das Suchlicht des Scheinwerfers.
Ein neues ohrenbetäubendes Krachen, und damit war auch der letzte Scheinwerfer erloschen.
Lieutenant Smith würgte, sank auf ihren Kunsthüften zu Boden und übergab sich.
Mittlerweile hatte sich auch der Rest des Teams auf dem Nav-Deck versammelt. Kwango kniete sich neben Indira hin, strich ihr über den Rücken und hielt sie fest und sanft zugleich, während sie sich weiter erbrach.
Conrad wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Meine Damen und Herren«, sagte er so ruhig, wie ihm das möglich war, »wir haben nun unseren Gegner kennengelernt und sind damit einen großen Schritt weiter gekommen.«
Chantana Le
Weitere Kostenlose Bücher