Testplanet Kratos
Gros lachte schrill auf. »Es kommt mir eher vor wie ein großer Schritt zurück. Warum haben wir hier nicht unsere Zelte abgebrochen, als wir noch nicht in der Tinte saßen, und den Planeten Kratos für unkolonisierbar erklärt?«
»Weil wir kaum mehr als Kanonenfutter sind«, antwortete Conrad mit plötzlicher Verbissenheit. »Weil es unsere Aufgabe ist, uns an diesem Planeten zu messen. Weil wir uns nicht in die Hose machen dürfen, wenn nachts jemand unfreundlich an unsere Tür klopft. Weil es gut eine Milliarde Solar gekostet hat, uns hierher zu befördern. Chinesische, indische und südamerikanische Kinder verhungern in diesem Augenblick, weil eine Milliarde Solar ausgegeben werden mußte, um uns nach Kratos zu bringen. Will von Ihnen etwa jemand, daß diese Kinder umsonst gestorben sind? Ich ganz gewiß nicht … Wir alle hier sind gesellschaftlicher Ausschuß, auf die eine oder die andere Art. Daher ist es absolut egal, ob wir überleben oder nicht. Abgesehen natürlich davon, daß sechzehn Lichtjahre zurück Leute sitzen, die nun geduldig auf Resultate warten. Wir werden ihnen Resultate liefern – zumindest die unter uns, die dieses Unternehmen überleben. Einverstanden?«
»Einverstanden, Commander.« Lou Andreas hatte geantwortet. »Nun denn, ich bin der Ansicht, wir sollten uns jetzt auf das Training mit den Exoskeletten konzentrieren.«
»Zwei Dumme, ein Gedanke«, sagte Conrad.
14.
Conrad ging beim ersten Tageslicht nach draußen und nahm Andreas und Batista mit. Sie trugen schwere, gepanzerte Jacken und hatten sich mit Lasergewehren bewaffnet. Neben einigem anderen suchten sie vor allem nach dem Roboter John, der sich zum Zeitpunkt des nächtlichen Überfalls auf Patrouille befunden hatte und ebenfalls ein Lasergewehr trug.
Nach dem Alarm hatte niemand an Bord mehr ein Auge zumachen können. Batista hatte sich die meiste Zeit mit der Scharfeinstellung eines halben Dutzends seiner Lieblingsspielzeuge beschäftigt – kalten Nitrobomben. Es handelte sich dabei um vakuumisolierte Stahlkugeln, die festes Nitroglyzerin enthielten. Diese Art von Bombe war Batistas eigene Erfindung. Man mußte nur den elektronischen Zeitzünder einstellen und die Bombe werfen – nach einem bestimmten Zeitintervall erhielt das Nitroglyzerin einen plötzlichen Hitzestoß … Wumm!
Aber Batistas Spezialwaffen wurden nicht benötigt. Die Angreifer waren wieder abgezogen. Sie hatten nur ihre Spuren der Zerstörung, ein Todesopfer und einen buchstäblich plattgewalzten Roboter zurückgelassen.
Johns duraluminverkleidetes Kontrollzentrum war eingedrückt, als handelte es sich dabei um Silberpapier. Seine Stahlglieder waren verbogen und verzerrt. Alles, was von ihm übriggeblieben war, befand sich in einer gut zwei Meter tiefen Furche.
»Wo um alles in der Welt ist sein Laser-Gewehr?« sagte Conrad. Sie konnten es nicht finden.
»Diese Biester spielen mit harten Bandagen«, bemerkte Andreas. »Sie können unsere schöne Ausrüstung wirklich mühelos zu Klump hauen.«
Batista strich über eine seiner Nitro-Bomben. »Ich wünschte nur, eines von ihnen würde in diesem Augenblick sein häßliches Gesicht zeigen. Möchte doch zu gerne erleben, wie es auf einen halben Liter Nitroglyzerin reagiert.«
»Einen Schädel haben wir doch«, entgegnete der Commander und zeigte auf das furchterregende Gebilde, das im Durcheinander des zerstörten Drahtzauns hing. »Ich frage mich nur, wo der restliche Körper abgeblieben ist? Haben seine Kollegen ihn fortgezogen – oder ihn gar gefressen? Jammerschade, daß die Scheinwerfer so rasch ausgeschaltet worden sind … Naja, wir können froh sein, daß wir noch kein Frühstück zu uns genommen haben. Meine Herren, wollen wir uns diesen Schädel doch einmal aus der Nähe ansehen.«
Aus der Nähe betrachtet, war der Schädel mehr als scheußlich. Ein widerwärtiges Gebilde, so abstoßend, daß keiner der drei es in Worte fassen konnte.
Das Maul, eingefroren im Griff des Todes, besaß dicke, graue Lippen, die aussahen, als bestünden sie aus Latexschaum. Sie waren in regelmäßigen Abständen mit Pusteln besetzt – oder handelte es sich dabei um Saugnäpfe? Solche, mit denen die Beute, sobald sie zu fliehen versuchte, unwiderruflich festgehalten wurde? Die Lippen waren mehr als dreißig Zentimeter dick und schienen in einem breiten und widerwärtigen Grinsen festgefroren zu sein. Nirgends waren in dem Maul Zähne zu entdecken. Offensichtlich mußte das Tier seine Nahrung nicht
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