Teufel in High Heels
bläst?«
»Wir treffen uns in einer Stunde«, knurrte ich und stand auf. Das musste ich ihr lassen, sie hatte ihren Trumpf gut eingesetzt. Wir wussten beide, dass James in ebenjenem Augenblick höchstwahrscheinlich irgendein Indie-Rock-Groupie zulaberte, das sich ihm beim ersten Set an den Hals geworfen hatte. Seine Schwäche für Mädels dieser Sorte
war ein ausschlaggebender Faktor bei unserer Trennung gewesen.
»Du wirst es nicht bereuen, Claire«, sagte Bea aufgekratzt. »Und zieh dein rotes Kleid an, okay?«
Mein rotes Kleid? Sie legte auf, bevor ich einen Rückzieher machen konnte. Das roch mir verdächtig nach einem abgekarteten Spiel.
Um zwanzig nach acht betrat ich die übervölkerte Galerie, entdeckte Bea an der Bar und begab mich schnurstracks zu ihr. »Also gut, wo ist er?«, sagte ich mit einem müden Lächeln, küsste sie zur Begrüßung und stibitzte einem sich tapfer durch die Menge schlängelnden Kellner eine Miniquiche vom Tablett.
Harry kam lässig von hinten angeschlendert, eine streng verbotene Zigarre im Mund - damit kam auch nur er durch. Er legte Bea liebevoll eine Hand auf die Schulter und ließ bei meinem Anblick einen durchdringenden Pfiff hören. »Aufgepasst, ihr Männer von New York« - er hielt mir die Wange hin -, »Miss Truman ist wieder in Umlauf.«
Randbemerkung: Ich liebe Harry. Liebe, liebe, liebe ihn. Er ist einer der unaufdringlichsten, gescheitesten und witzigsten Menschen, die ich kenne - einer von denen, die allein schon durch ihre Anwesenheit gute Laune verbreiten. Außerdem ist er ein hervorragender Staatsanwalt, hat jede Menge wahre Geschichten auf Lager, gegen die die Sopranos einpacken können, und ist ein fester Bestandteil meines Lebens, seit Bea sich in unserem zweiten Jahr am College endlich zu einem Date mit ihm hatte breitschlagen lassen. Gott sei Dank ist ihr noch rechtzeitig ein Licht aufgegangen - wann erlebt man es schon, dass ein Junge in dem Alter sich dermaßen
abstrampelt. Und das ist es eigentlich - abgesehen von seinem beträchtlichen Charme -, was ich wirklich an Harry liebe: wie sehr er meine beste Freundin liebt. Bea ist für ihn die Krönung aller Frauen, eine Sichtweise, der ich von ganzem Herzen zustimme.
Und mit der wir, zugegeben, nicht allein dastehen. Bea ist schlichtweg fabelhaft. Von Natur aus schlank, trotz ihrer angeborenen Abneigung gegen »gesundes« Essen, die sie vor allem Gemüse zurückschrecken lässt (am liebsten ernährt sie sich von fetten Fritten und Backhähnchen, was man ihr beim besten Willen nicht ansieht). Der klassische, frische, gutaussehende Höhere-Töchter-Typ. Eine wellige flachsblonde Mähne, die jedem Shampoo-Model vor Neid die Tränen in die Augen treiben würde, und riesige meergrüne Augen. Selbst Charlize Theron kann da nicht mithalten - eine Tatsache, die allen außer Beatrice selbst bewusst ist.
Hinzu kommt ihre überaus glückliche Ehe mit einem Mann, der nach wie vor spontane Liebesbriefe verfasst, sich zwischen College und Jurastudium ein Jahr lang intensiv mit französischer Kochkunst befasst hat und Bea jeden, aber auch jeden Freitag Veilchen (ihre Lieblingsblumen) mitbringt. Dazu noch ihre florierende Karriere als Innenarchitektin - eine kreative Arbeit, die ihr liegt und die sie sich frei einteilen kann.
Jaja. Wenn ich Bea nicht so lieb hätte wie die Schwester, die ich nie hatte, müsste ich sie am Ende hassen.
Aber das tue ich nicht. Ich liebe sie, seit sie bei einem der Einstufungstests in Princeton ein paar Reihen vor mir saß. Zufällig hatten wir uns beide als Glücksbringer ein knallbuntes, grob geripptes Stoffband um unsere Pferdeschwänze geschlungen - eins dieser belanglosen Details, die man
wahrnimmt, wenn man während eines stumpfsinnigen, vier Stunden langen Tests in Logik, Algebra, Trigonometrie und Statistik den Blick durch den Raum schweifen lässt. Beim Hinausgehen wechselten wir ein paar Worte über unsere gemeinsamen modischen Verirrungen in Sachen Aberglauben - der lockere Beginn einer engen Freundschaft.
»Du wirst es mir noch danken, dass ich dich heute Abend aus deinem Loch gezerrt habe«, flüsterte Bea mir nun zu und packte mich fest am Ellbogen, um meine ungeteilte Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Ihre Knöchel wurden weiß. »Das rätst du nie im Leben, wer hier ist. Rate!«
Ich sah mich um, entdeckte aber niemanden, der sie zu Recht in solch helle Aufregung verfallen ließ.
»Pabst Blue Ribbon.« Jedes einzelne Wort kam langsam und mit feierlichem
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