Teufel - Thriller
Kommissar hielt ihn fest.
»Vergiss den Keller, Burgi, und komm zurück. Ohne Taschenlampen und einer gut bestückten Werkzeugkiste brauchen wir es gar nicht weiter versuchen.« Während er auf Burghardt wartete, schaute Berner an sich herunter und bereute es sofort. Dicke Spinnweben, Staub, der schwarze Moder und der weiße Pilz gaben sich auf seiner Kleidung ein Stelldichein. »Ich bin reif für die Geisterbahn«, murmelte Berner erschöpft.
»Ich finde es wirklich nett von dir, dass du mir helfen willst«, sagte Burghardt dankbar, als er endlich neben dem Kommissar stand. »Ich glaube, alleine würde ich das nicht schaffen.«
Berner nickte, grimmig lächelnd. »Mach dir nur keine Illusionen. Zu zweit werden wir hier auch mit fliegenden Fahnen untergehen, aber wir werden wenigstens gute Gesellschaft dabei haben.«
Zwei Stunden später saßen Berner und Burghardt bei einem der drei Heurigen des kleinen Ortes an der tschechischen Grenze und Burghardt erzählte mit glänzenden Augen, wie er zu dem alten Weinbauernhaus gekommen war. Nach einer ausgiebigen Dusche im sauberen Fremdenzimmer, das Berner vorsichtshalber vorerst für eine Woche gebucht hatte, einem halben Liter Rotwein und einer riesigen Jausenplatte fühlte er sich ausreichend gestärkt, um die Geschichte seines Kollegen über sich ergehen zu lassen.
»Ich wollte immer schon einen Weinkeller haben«, meinte sein Freund nach einem langen Blick über die Weinreben, die fast bis in den Garten des Heurigenlokals zu wachsen schienen. »Andererseits bin ich ja noch im Dienst und kann an den Wochenenden nicht zu weit von Wien wegfahren. Also kamen Gegenden wie die Steiermark oder das südliche Burgenland nicht in Betracht.«
Berner nickte, leerte das Rotweinglas mit einem langen Zug und zündete sich eine Zigarette an. Die Sonne stand bereits schräg, und die Rebstöcke warfen lange, bläuliche Schatten. Der Wind war wieder eingeschlafen, und als der Wirt ungefragt eine weitere Karaffe Rotwein auf den Tisch stellte, dachte sich Berner, dass die Gegend vielleicht doch nicht so übel war.
Nur das Haus in der Weinberggasse war eine Katastrophe.
»Das nördliche Weinviertel ist ja kaum eine Stunde von Wien entfernt, und ich konnte mir das alte Presshaus und den Keller mit meinem Beamtengehalt auch leisten«, fuhr Burghardt fort, während er Berner und sich nachschenkte. »Ich weiß, dass es nicht gerade in einem guten Zustand ist, aber dafür soll der Weinkeller sehr schön und lang sein.«
»Warum fallen mir immer Streichholz und Benzinkanister ein, wenn ich an dein Haus denke?«, fragte Berner ironisch, und Burghardt musste lachen. Sie waren lange Jahre Kollegen im Kommissariat Innere Stadt in Wien gewesen, hatten den Frust und die Erfolge geteilt, die schlaflosen Nächte und die Rüffel der Vorgesetzten. Bis zu seiner Pensionierung vor nunmehr fast zwei Jahren hatte Kommissar Berner bei der Mordkommission gearbeitet. Seine Frau hatte immer behauptet, er habe dafür gelebt. Dann war sie in ein neues Leben gezogen, nach Deutschland, und hatte die Scheidung eingereicht. Seltsam, dass Burghardt und er erst danach Freunde geworden waren.
Burghardt schaute über den Rand seines Glases und beobachtete Berner, der umständlich eine Zigarette aus einer blauen Nil-Packung klopfte. Die sorgfältig gescheitelten Haare, die der Kommissar noch vor zwei Jahren gepflegt hatte, waren einer lockeren Mähne gewichen, die nach einem Friseurbesuch verlangte. Der Bernhardiner, wie seine Kollegen ihn nannten, war zwar nach außen hin grobschlächtig und oft griesgrämig, aber er hatte ein goldenes Herz. Und er liebte seinen Beruf. Deswegen hatte er ihn aufgegeben.
Kommissar Burghardt hatte Berner nie um dessen heikle Fälle beneidet, um die schlaflosen Stunden, die Schlachten mit dem Staatsanwalt und mit dem Polizeipräsidenten. Aber er beneidete ihn nun um seinen Ruhestand, obwohl seit zwei Jahren von Ruhe eher keine Rede war. Erst das Abenteuer um den kaiserlichen Code von Friedrich III., dann die Jagd nach den vier Dokumenten Metternichs. Berner war in den Unruhestand gegangen.
Burghardt selbst blieben noch fünfzehn Jahre bei der Kriminalpolizei und er musste sich jeden Tag über Berners jungen und überheblichen Nachfolger ärgern, der von der Polizeischule direkt an dem Schreibtisch vor ihm gelandet war. Der und der neue Leiter der Spurensicherung waren ein Herz und eine Seele, während Burghardt eher an einen anderen, tiefer gelegenen Körperteil dachte, wenn er einen
Weitere Kostenlose Bücher