Teufel - Thriller
suchten sich Plätze an der anderen Seite des kleinen Tisches. Maurer junior zündete zwei Kerzen an, deren Flammen einen Hauch von Gemütlichkeit im Keller verbreiteten.
»Ende 1944 war selbst uns in diesem kleinen Nest klar, dass der Krieg verloren war. Es kamen jeden Tag Todesnachrichten mit der Feldpost. Fast jede Familie im Ort hatte einen Vater, Sohn oder Onkel zu beklagen, der auf dem Schlachtfeld geblieben war. Gefallen für Führer und Vaterland.« Maurer schnaubte verächtlich. »Unsere anfängliche Begeisterung war schnell verflogen. Als Freiwillige für den Volkssturm oder das letzte Aufgebot gesucht wurden, hüteten wir uns vorzutreten. Noch dazu, als eines Tages im Februar 1945 plötzlich Adolf Markhoff in der Tür stand, in seiner schneidigen SS-Uniform, die er gar nicht schnell genug ausziehen konnte. Er war auf verschlungenen Wegen nach Hause gekommen, nachdem er desertiert und der Feldgendarmerie durch die Finger geschlüpft war. Die knüpften damals jeden an einer Laterne auf, den sie ohne Befehl hinter den Linien antrafen.« Maurer sah Burghardt an. »Markhoff hatte eine Schwester und eine alte Mutter, die damals in Ihrem Presshaus lebten, mehr schlecht als recht. Die Weinberggasse war eine Arme-Leute-Straße. Tagelöhner, Pensionisten oder Arbeitslose wohnten da, die Häuser waren klein und meist schäbig, abgewohnt und halb verfallen. Viele, die da zu Hause waren, hatten nicht einmal genug zu essen.«
Der Alte wandte sich an seinen Sohn. »Bring uns einen Liter Wein, das wird eine längere Geschichte…« Dann seufzte er und fuhr fort.
»Niemand wollte etwas mit Markhoff zu tun haben, er war ja bei der SS gewesen. Also verpackte er alle Erinnerungen an den Krieg in diesen Koffer und versteckte ihn auf dem Dachboden. An den langen Abenden erzählte er uns von seinen Erlebnissen. Es war grauenhaft. Ich konnte nächtelang nicht schlafen, Reiter und Wurzinger ging es ebenso. Wir brachten Markhoff immer wieder etwas zu essen, weil er und seine Familie hungerten.« Maurer verstummte und nahm einen Schluck Wein aus dem Glas, das sein Sohn vor ihn hingestellt hatte.
»Markhoff war ein begeisterter Nazi der ersten Stunde, und das ließen ihn nun alle spüren. Dann kam der April 1945. Die Russen rückten immer näher, man konnte schon den Kanonendonner hören. Von deutschen Soldaten war weit und breit nichts mehr zu sehen, die hatten sich bereits abgesetzt. Wir bereiteten uns seelisch auf die Ankunft der Hunnen vor, wie die Propaganda die Russen immer nannte. Da tauchten plötzlich zwei deutsche Soldaten auf, die mit einem BMW-Motorrad durch den Ort fuhren und eine Reifenpanne hatten, ausgerechnet vor dem Haus von Adolf Markhoff. Der Schlauch im Vorderreifen war geplatzt, und Markhoff half ihnen bei der Reparatur. Und da geschah es. Er sah das Geld.«
Berner runzelte die Stirn. »Welches Geld?«
Maurer zuckte mit den Schultern. »Ich habe keine Ahnung, woher die beiden Deutschen so viel Geld hatten, aber Markhoff erzählte uns, es sei ein Vermögen gewesen. Genug, um zu verschwinden und ein Leben in Saus und Braus zu führen. Wie auch immer, der Schlauch war rasch geflickt, keine halbe Stunde später stiegen die beiden wieder auf und fuhren die Weinberggasse hinauf Richtung Westen.« Der Alte stockte. »Markhoff hatte seine Pistole geholt, die da.« Er wies auf die Luger mit dem langen Lauf. »Er wartete, bis sie den Hügel erreicht hatten, und schoss sie von der Maschine.«
»Warum hat er so lange gewartet?«, warf Burghardt ein. »Er hätte sie doch gleich an Ort und Stelle erschießen können.«
Maurer schüttelte den Kopf. »Er wusste genau, was er tat. An der Kuppe des Hügels war ein Eiskeller, den seine Familie für einen symbolischen Betrag gepachtet hatte. Solche Keller wurden im Winter mit Eisblöcken gefüllt, die im Frühjahr und Sommer verkauft wurden, als es noch keine Kühlschränke gab. Das Motorrad und die beiden Toten lagen genau davor, und Markhoff brauchte ja dringend einen sicheren Platz, um sie zu verstecken. Die Russen standen wenige Kilometer entfernt, und die Kampftruppen kannten kein Pardon, wenn sie auch nur den Anflug eines Zweifels hatten. Die schossen sofort und fragten nachher.«
»Er versteckte also das Geld, die Toten und das Motorrad in dem Keller?«, brummte Berner und wog die Luger in der Hand. »Was geschah dann?«
»Markhoff kehrte in sein Haus zurück und wartete wie wir alle auf die Ankunft der Russen. Es wäre besser gewesen, er hätte gleich Fersengeld
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