Teufel - Thriller
schmeicheln?«, erkundigte sich Buchegger.
»Das ist Luxoria, eine der sieben Todsünden.« Mayröcker machte seine Rolle als Fremdenführer offenbar immer mehr Spaß. »Sie ist das Symbol für ein Leben in Reichtum und Wollust. Sie bemüht sich mit ihren Reizen, den keuschen Menschen auf ihren Pfad zu locken, der dann in ewiger Verdammnis endet.« Er zeigte nach oben. »Hier direkt neben Kranich und Wolf können Sie den Teufel sehen, wie er Mann und Frau an den Haaren gepackt hält.«
»Es gibt also einen roten Faden, der sich durch diese steinerne Erzählung zieht«, dachte Georg laut nach. »Den Kampf zwischen Gut und Böse, hell und dunkel, Gott und dem Teufel.«
Barbara bekreuzigte sich unvermittelt. Eine Wolke schob sich vor die Sonne, und es wurde mit einem Mal kühler.
Der Pfarrer war ganz versunken in die Betrachtung des Pandämoniums. »Diese Apsis ist eine einzige Warnung an die Menschen«, murmelte er, und Sina musste sich anstrengen, um ihn zu verstehen. »Eine Warnung vor dem Teufel, der seit Anbeginn der Zeit im Dunkel lauert und versucht, in die Kirche und in die Herzen einzudringen.«
»Der Kampf mit dem Löwen«, murmelte Sina, »Brief des Petrus.«
Die Nonne sah ihn erschrocken an, bevor sie den Kopf senkte und flüsternd zitierte: »Seid nüchtern und wacht! Denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge.«
»Amen«, antwortete Mayröcker, und sein Lachen jagte der jungen Frau eine Gänsehaut über den Rücken.
Unterretzbach, Weinviertel/Österreich
D er Weinkeller der Maurers war überraschend groß. Es roch nach abgestandener Luft und Schimmel, Weinstein und Feuchtigkeit.
Nachdem die fünf Männer den schmalen, dunklen Gang von der Falltür entlang in die Tiefe geeilt waren, hatten sie bald eine hohe, gemauerte Röhre erreicht, die rechtwinkelig fast genau in der NordSüd-Achse verlief. Mächtige, schwarze Fässer standen rechts und links eines betonierten Mittelpfades aufgebockt. Alle zehn Meter spendeten nackte Glühbirnen ein spärliches Licht und zeichneten Kreise auf den Beton.
In einer kleinen Nische hielten dicke Spinnennetze rostige Kerzenleuchter an einem schiefen Tisch fest.
»Es ist ein kleines Labyrinth, in dem man sich leicht verlaufen kann«, flüsterte Maurer junior. »Wir haben die Keller der Nachbarn nach und nach aufgekauft. Die betreiben keinen Weinbau mehr und haben die alten Röhren nicht mehr benötigt.« Er hielt kurz inne und lauschte, aber von ihren Verfolgern war nichts zu hören. »Es gibt zwei Ausgänge«, fuhr er dann etwas lauter fort, »einen in Richtung Haupt-platz und einen im Norden in Richtung tschechische Grenze.«
»Grenze klingt gut«, gab Paul leise zurück, »wir müssen es unauffällig bis zum Wagen schaffen, damit wir nicht den Killern da oben in die Hände laufen. Die sind nicht zum Spaß mit gezogenen Pistolen in Ihren Hof eingedrungen.«
»Ich glaube, im Moment sind wir hier am sichersten«, meinte Berner und warf einen Blick auf die großen Fässer, von denen einige über zwei Meter hoch waren. »Die Falltüre ist für Nichteingeweihte kaum zu entdecken. Sind die Kellertüren verschlossen?«
»Nicht nur das, sie sind auch aus Holzbohlen gebaut, die fast allen Angriffen widerstehen«, antwortete der Weinbauer.
Der Kommissar sah sich zufrieden um. »Sind die alle voll?«, fragte er und hob die Hand, um an das nächststehende Fass zu klopfen.
Der alte Maurer fiel ihm in den Arm. »Das bringt Unglück, so sagt man«, krächzte er und stieß seinen Stock wie zur Bestätigung auf den Betonboden.
»Aberglaube«, murmelte sein Sohn abfällig. »Ja, die meisten sind voll. Die Geschäfte gehen nicht besonders gut im Moment, und ich will nicht zu einem lächerlichen Literpreis an die Großhändler verkaufen, die wie Geier ihre Runden drehen. Lieber den Wein länger liegen lassen.«
»Papperlapapp«, widersprach ihm sein Vater, »nur ein leerer Keller ist ein guter Keller.« Er sah sich suchend nach Burghardt um, der weiter in die lange Röhre hineingeschlendert war und sich interessiert umsah. »Was machen Sie da?«, rief er ihm zu.
»Er träumt von seinem eigenen Keller und vollen Fässern drin«, gab Berner lächelnd zurück. »Ich frage mich, was die Männer da oben gesucht haben. Oder wen… Haben Sie eine Ahnung?«, wandte er sich an den Alten, der Burghardt nicht aus den Augen ließ. Seine Hände öffneten und schlossen sich wieder unruhig um den Griff des Spazierstocks.
Berner
Weitere Kostenlose Bücher