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Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Titel: Teufeliaden: Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Kupferklinke und rüttelte, doch sie gab nicht nach.
    Zähneknirschend zerrte er noch einmal an dem glänzenden Kupfer und sah erst jetzt zu seiner Verzweiflung eine winzige Aufschrift: »Außen herum, durch Eingang 6«.
    Unterhoser verschwand hinter dem Glas in einer dunklen Nische.
    »Wo ist Eingang 6? Wo ist Eingang 6?« rief Korotkow schwach jemandem zu. Die Passanten prallten zurück. Eine kleine Seitentür tat sich auf, und heraus trat ein altes Männlein in Lüsterjacke, mit blauer Brille und einer langen Liste in der Hand. Er musterte Korotkow über die Brille hinweg, lächelte, mümmelte.
    »Was ist denn? Was kommt ihr denn dauernd an?« nuschelte er. »Bei Gott, das hat doch keinen Zweck. Hört auf mich alten Mann, laßt mich in Ruhe. Ich hab Sie sowieso schon gestrichen. Hihi.«
    »Von wo gestrichen?« fragte Korotkow starr.
    »Hi. Das können Sie sich denken, aus der Liste. Mit Bleistift  – zack, und fertig, hihi.« Das Männlein lachte genüßlich.
    »Er-erlauben Sie … Woher kennen Sie mich überhaupt?«
    »Hi, Sie sind ein Spaßvogel, Wassili Pawlowitsch.«
    »Warfolomej Petrowitsch heiß ich«, sagte Korotkow und faßte sich an die glitschig kalte Stirn.
    Für einen Moment schwand das Lächeln aus dem Gesicht des schrecklichen Männleins. Es vertiefte sich in die Liste und ließ den dürren Finger mit der langen Kralle von Zeile zu Zeile gleiten.
    »Warum verwirren Sie mich? Da steht’s doch – Kolobkow, W. P.«
    »Ich heiß Korotkow«, schrie Korotkow ungeduldig.
    »Sag ich ja: Kolobkow«, erwiderte der Alte beleidigt. »Und da steht auch Unterhoser. Beide wurden gleichzeitig versetzt, und an die Stelle von Unterhoser tritt Tschekuschin.«
    »Was?« schrie Korotkow außer sich vor Freude. »Unterhoser ist gefeuert?«
    »Jawohl bitte. Er hat nur einen Tag geleitet, dann ist er geflogen.«
    »Mein Gott!« frohlockte Korotkow. »Ich bin gerettet! Gerettet!« Ganz außer sich preßte er dem Alten die krallige Knochenhand. Der lächelte. Für einen Moment erlosch Korotkows Freude. Etwas Seltsames, Bösartiges blinkte in den blauen Augenlöchern des Alten. Gruselig war auch das Lächeln, das blaugraues Zahnfleisch freilegte. Aber Korotkow vertrieb das ungute Gefühl und verfiel in Hast.
    »Dann muß ich jetzt wohl zum Streichmat laufen?«
    »Unbedingt«, bestätigte der Alte. »Hier steht ja auch – zum Streichmat. Aber geben Sie mir erst Ihr Büchlein, ich muß mit Bleistift eine kleine Eintragung machen.«
    Korotkow griff in die Tasche, erbleichte, griff in die andere, erbleichte noch mehr, klopfte sich gegen die Hosentaschen, dann stürzte er mit gedämpftem Geheul zurück die Treppe hinauf, zu Boden schauend. Leute anrennend, lief er verzweifelt bis ganz nach oben, wollte die Schöne mit den Steinen befragen und sah, daß sie sich in einen mißgestalten Rotzbengel verwandelt hatte.
    »Mein Bester!« rief er und stürzte auf ihn zu. »Meine Brieftasche, gelb …«
    »Stimmt nicht«, antwortete der Bengel böse. »Ich hab sie nicht genommen, die lügen ja.«
    »Nicht doch, mein Bester, das mein ich nicht … Nicht du, die Papiere.«
    Der Bengel guckte stirnrunzelnd und heulte plötzlich im Baß los.
    »Ach, du lieber Gott!« schrie Korotkow verzweifelt und sauste treppab zu dem Männlein.
    Als er jedoch unten ankam, war der Alte nicht mehr da. Er war verschwunden. Korotkow stürzte zu einer kleinen Tür und riß an der Klinke. Sie war verschlossen. Im Halbdunkel roch es leicht nach Schwefel. Die Gedanken in Korotkows Schädel vollführten einen Wirbeltanz, und ein neuer sprang heraus. »Straßenbahn«. Plötzlich erinnerte er sich ganz deutlich, wie ihn auf dem Perron zwei junge Burschen eingequetscht hatten, der eine schmächtig, mit einem wie angeklebten schwarzen Schnurrbärtchen.
    »Ach, es ist ein Jammer, wirklich ein Jammer«, murmelte Korotkow. »Schlimmer geht’s schon gar nicht.«
    Er rannte auf die Straße, lief bis zu ihrem Ende, bog in eine Seitengasse und stand vor dem Eingang eines kleinen Gebäudes von häßlicher Architektur. Ein graugekleideter Mann, schieläugig und finster, sah an Korotkow vorbei.
    »Wo willste hin?« fragte er.
    »Genosse, ich bin Korotkow, We Pe, dem eben die Papiere gestohlen wurden, bis auf das letzte. Da kann ich doch eingesperrt werden …«
    »Allerdings«, bestätigte der Mann auf der Vortreppe.
    »Dann lassen Sie mich bitte rein.«
    »Korotkow soll selber kommen.«
    »Aber, Genosse, ich bin Korotkow.«
    »Zeig deinen Ausweis.«
    »Den haben sie

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