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Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Titel: Teufeliaden: Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Korotkow das Blatt. In diesem Moment klingelte wütend das Telephon. Unterhoser ergriff den Hörer und brüllte hinein:
    »Ja! Soso. Ich komme sofort.«
    Er stürzte zum Garderobenschrank, riß die Schirmmütze herunter, bedeckte damit seine Glatze und verschwand durch die Tür mit den Abschiedsworten:
    »Erwarten Sie mich bei Unterhoser.«
    Alles trübte sich vor Korotkows Augen, als er das gestempelte Blatt Papier las:
    Der Vorzeiger dieses ist mein Assistent Gen. Wassili Pawlowitsch Kolobkow, was hiermit bestätigt wird. Unterhoser.
    »Ooch!« stöhnte Korotkow und ließ das Blatt und seine Mütze fallen. »Was soll das bloß bedeuten?«
    In diesem Moment quietschte die Tür, und Unterhoser kehrte mit Bart zurück.
    »Unterhoser schon weg?« fragte er dünn und freundlich.
    Das Licht ringsum erlosch.
    »Aaa!« brüllte Korotkow, der die Folter nicht mehr ertrug, und sprang ganz außer sich mit gefletschten Zähnen auf Unterhoser los. Auf dessen Gesicht malte sich derartiges Entsetzen, daß es sich gelb färbte. Rückwärts gegen die Tür drückend, öffnete er sie krachend, verlor den Halt und fiel rücklings in den Korridor, wo er sich hinhockte, doch sogleich wieder hochfuhr, davonstürzte und schrie:
    »Bote! Bote! Zu Hilfe!«
    »Warten Sie! Warten Sie! Ich bitte Sie, Genosse«, rief Korotkow, der wieder zu sich gekommen war, und rannte ihm hinterher.
    In der Kanzlei polterte es, die drei Falken sprangen wie auf Kommando vom Platz. Die träumerischen Augen der Frau an der Maschine sausten hoch.
    »Sie werden schießen! Sie werden schießen!« gellte hysterisch ihr Schrei.
    Unterhoser entsprang ins Vestibül und erreichte als erster das Podest mit der Orgel, hier zögerte er eine Sekunde, wohin er laufen solle, stürmte dann scharf um die Ecke hinter das Instrument und verschwand in einem Seitengang. Korotkow rannte ihm nach, glitt aus und würde sich wohl den Schädel am Geländer zerschlagen haben, wenn nicht ein riesengroßer schwarzer Hebel aus der gelben Seite geragt hätte. An diesem verfing sich Korotkows Mantel, der morsche Cheviot riß mit leisem Piepen, und Korotkow setzte sich weich auf den kalten Fußboden. Die Tür des Seitenganges fiel hinter Unterhoser ins Schloß.
    »O Gott …«, begann Korotkow und kam nicht zu Ende.
    In dem grandiosen Kasten mit den verstaubten Kupferpfeifen erscholl ein seltsamer Ton, als sei ein Wasserglas zersprungen, dann folgten ein staubiges dumpfes Gluckern, ein seltsames chromatisches Zirpen und ein Glockenschlag. Alsdann ertönte ein melodischer Dur-Akkord, ein aufmunternder, lebensvoller Strom brach los, und der ganze dreistöckige gelbe Kasten spielte plätschernd die lange brachgelegene Musik:
    Es rauschte, es brauste der Moskauer Brand …
    Im schwarzen Rechteck der Tür erschien plötzlich Pantelejmons bleiches Gesicht. Ein Moment, dann ging eine Metamorphose mit ihm vor. Die Äuglein erstrahlten in sieghaftem Glanz, er reckte sich, die rechte Hand peitschte den linken Arm, als werfe sie eine unsichtbare Serviette darüber, dann riß er sich von seinem Platz und glitt seitlich, schräg wie ein Beipferd, die Treppe herab, die Hände gerundet, als trüge er darauf ein Tablett mit Tassen.
    … und Rauch zog über den Fluß.
    Was hab ich da angerichtet? dachte Korotkow entsetzt.
    Nachdem die Maschine die ersten abgestandenen Wellen heruntergeleiert hatte, spielte sie gleichmäßig, und tausendköpfiges Löwengebrüll und -getön füllte die leeren Säle des Streichmat.
    Und droben auf der Kremlmauer stand …
    Durch Geheul und Gedröhn und Geläut drang ein Autohupen, und Unterhoser kam durch den Haupteingang wieder herein, ein rasierter, rachsüchtiger, schreckeinflößender Unterhoser. In unheildrohendem bläulichem Glanz schwebte er treppauf. Korotkow fühlte seine Haare sich bewegen, er sprang auf, sauste durch die Seitentür hinter der Orgel eine schiefe Treppe hinab, stürmte auf den geschotterten Hof und hinaus auf die Straße. Wie gehetzt flog er die Straße entlang und hörte hinter sich das Gebäude der Alpenrose dumpf erbrausen:
    … ein Mann – grauer Habitus …
    An der Ecke schwang ein Kutscher seine Peitsche, sein Klepper stürmte los.
    »O Gott, o Gott!« schluchzte Korotkow heftig. »Schon wieder er! Was soll denn das?«
    Der bärtige Unterhoser war neben der Droschke aus dem Pflaster gewachsen, war hineingesprungen und stieß den Kutscher in den Rücken, wobei er mit dünner Stimme sagte:
    »Schnell! Fahr zu, du Schuft!«
    Der Klepper

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