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Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Titel: Teufeliaden: Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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die da? Professor Persikow und seine Kinder sind in der Kleinen Bronnaja erstochen worden!« schrie es rings in der Menge.
    »Ich habe doch gar keine Kinder, verdammtes Pack«, schrie Persikow und geriet plötzlich in den Brennpunkt eines schwarzen Apparats, der ihn im Profil, mit aufgerissenem Mund und wütenden Augen, anvisierte.
    »Krch … tut … krch … tut«, lärmte das Taxi und bohrte sich ins Gewühl.
    Der Dickwanst saß auch schon in dem Vehikel und wärmte dem Professor die Hüfte.

Fünftes Kapitel
Die Geschichte mit den Hühnern
    In einem Kreisstädtchen, dem ehemaligen Troizk und heutigen Steklowsk, Gouvernement Kostroma, Kreis Steklowsk, trat eine in ihr Tuch gewickelte Frau in grauem Kleid mit aufgenähten Kattunblumen auf die winzige Vortreppe ihres Häuschens in der ehemaligen Dom- und heutigen Personalstraße und brach in Schluchzen aus. Die Frau, Witwe des ehemaligen Domoberpopen Drosdow vom ehemaligen Dom, schluchzte so laut, daß sich alsbald in dem Häuschen gegenüber ein Frauenkopf im Flauschtuch aus dem Fensterchen schob und rief: »Was ist, Stepanowna, schon wieder eins?«
    »Das siebzehnte!« antwortete die ehemalige Drosdowa jämmerlich schluchzend.
    »Oje-oje-oje«, wimmerte die Frau kopfschüttelnd, »was ist das bloß? Wahrlich, der Herr zürnt! Wirklich krepiert?«
    »Sieh dir’s doch bloß an, Matrjona, sieh dir’s an«, murmelte die Popenwitwe laut schniefend. »Komm und sieh dir’s an.«
    Die schiefe graue Pforte klappte, bloße Weiberfüße patschten über die staubigen Straßenhuckel, und die tränennasse Popenwitwe führte Matrjona auf ihren Hühnerhof.
    Es sei erwähnt, daß die Witwe des Oberpopen Vater Sawwati Drosdow, welcher im Jahre sechsundzwanzig an antireligiösen Unannehmlichkeiten verschieden war, nach seinem Tode nicht die Hände in den Schoß gelegt, sondern eine großartige Hühnerzucht gegründet hatte. Kaum war es soweit, daß die Geschäfte der Witwe flott florierten, da brummte man ihr derart hohe Steuern auf, daß die Hühnerzucht ums Haar eingegangen wäre, würden nicht gute Menschen der Witwe anempfohlen haben, bei den örtlichen Behörden eine Erklärung einzureichen, wonach sie, die Witwe, eine werktätige Hühnerzuchtgenossenschaft ins Leben rufe. Zu dieser Genossenschaft gehörten die Drosdowa selbst, ihr treues Dienstmädchen Matrjoschka und ihre harthörige Nichte. Daraufhin wurde sie von der Steuer befreit, und die Zucht blühte so sehr auf, daß im Jahre achtundzwanzig auf ihrem von Stallhäuschen umstandenen staubigen Hof bis zu zweihundertfünfzig Hühner herumspazierten, unter denen sogar Cochinchinas waren. Die Eier der Witwe wurden jeden Sonntag auf dem Steklowsker Markt feilgeboten, es gab sie in Tambow, und manchmal erschienen sie gar in den Schaufenstern des ehemaligen Geschäfts »Käse und Butter von Tschitschkin in Moskau«.
    Und nun war es an diesem Tag schon das siebzehnte Brahmaputra, ihr Lieblingshuhn, das auf dem Hof herumlief und sich erbrach.
    »Är … rr … url … url … ka-ka-ka«, spektakelte es und rollte die traurigen Augen zur Sonne hoch, als sähe es sie zum letztenmal. Vor seinem Schnabel tanzte hockend das Genossenschaftsmitglied Matrjoschka mit einem Schälchen Wasser.
    »Puttchen, liebes … put, put, put … trink Wasserchen«, flehte Matrjoschka und haschte mit dem Schälchen dem Schnabel hinterher, allein, das Huhn wünschte nicht zu trinken. Es riß den Schnabel weit auf, den Kopf in die Höhe, dann brach es Blut.
    »Ach herrje!« rief die Nachbarin und schlug sich auf die Hüften. »Was ist denn das? Richtig Blut. Ich will hier an dieser Stelle festwachsen, wenn ich je gesehen hab, daß ein Huhn es auch mit dem Magen hat wie ein Mensch.«
    Dies waren die letzten Worte, die das arme Huhn hörte. Es fiel plötzlich zur Seite, pickte hilflos mit dem Schnabel in den Staub und verdrehte die Augen. Dann wälzte es sich auf den Rücken, streckte beide Beine hoch und blieb steif liegen. Matrjoschka, das Wasser verschüttend, heulte im Baß, die Popenwitwe und Genossenschaftsvorsitzende desgleichen. Die Besucherin beugte sich zu ihr ans Ohr und raunte: »Stepanowna, ich will Erde essen, wenn deine Hühner nicht verhext sind. Wo hätte man so was je gesehen? Solche Hühnerkrankheiten gibt’s doch gar nicht! Irgendwer hat deine Hühner verwunschen.«
    »Feinde und Neider!« rief die Popenwitwe gen Himmel. »Die wollen mich wohl ins Grab bringen?«
    Auf ihre Worte folgte ein lautes Krähen, dann kam, seitlich

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